16.01.2013 Cordula Vielhauer

Wo ist zu Hause, Mama? Neues aus West und Ost auf der imm 2013

Die Neuinterpretation traditioneller Handwerkstechniken durch junge Designer ist ein aktuelles Thema in der Designwelt, das auch auf der diesjährigen imm cologne 2013 präsent ist. Im Folgenden zeigen wir unter anderem Beispiele aus Spanien und Japan. Außerdem: Ein Besuch in der Installation "Das Haus" auf der imm. Aus der Vielzahl der Themen und Neuheiten des ersten Design-Highlights des Jahres in Köln haben wir noch zwei weitere Schwerpunkte sondiert: die Auszeichnung „A&W-Designer des Jahres 2013“ für die Brüder Ronan und Erwan Bouroullec, die wir im Kölnischen Kunstverein trafen sowie „Alte und neue Klassiker“.
Neues aus dem Westen

Während die vielen italienischen Hersteller, die auf der imm wie bereits im letzten Jahr äußerst stark vertreten sind, meist lediglich Variationen ihrer Produkte zeigen und sich die Neuheiten – wer sollte es ihnen verdenken? – für den Salone in Mailand aufheben, gibt es bei Ligne Roset wieder jede Menge Neues zu sehen, unter anderem den Trend zu surrealistisch anmutenden Interieurs: Ihn kann man zum Beispiel in überdimensionierten Polstern, verspielten Rückenlehnen oder ähnlich absichtlich aus der Proportion gefallenen Elementen ausmachen, die gleichzeitig auf filigranen Beinchen zu schweben scheinen, während schwarze Farbe die scheinbare Zerbrechlichkeit der Konstruktion noch unterstreicht. Fiktiv ist auch der konzeptionelle Hintergrund des neuen Sofas Nils von Didier Gomez für den französischen Hersteller: Das mit weichen Gänsedaunen gepolsterte – und daher trotz der kubischen Form überhaupt nicht streng wirkende – Sitzmöbel ist von Selma Lagerlöfs mit den Wildgänsen reisendem Kinderbuchhelden Nils Holgersson inspiriert.

B&B Italia: Canasta (P. Urquiola) mit neuem Geflecht

B&B Italia: Grande Papilio (N. Fukasawa) mit neuem Geflecht

Ligne Roset: Ficelle von Osko + Deichmann

„Leda Chair“ von Salvador Dalí aus der Dalí-Kollektion von BD (2008)

Porro: Gentle (2012)

Ligne Roset: Nils von Didier Gomez

Eine interessante Kombination aus traditionellem Handwerk und neuem Design kommt aus Spanien: Die in Valencia ansässige Firma Expormim stellt traditionell Rattangeflechte für den Innen- und Außenraum her, eine Technik, die sie nun mit Hilfe junger Designer weiter entwickeln will. Ein schönes Produkt, das dieses alte Handwerk auf moderne Art interpretiert, ist der Hänge-Sessel Nautica (Entwurf: Mut Design).
Der spanische Teppich-Hersteller Nanimarquina, dem mit dem von den Bouroullecs entworfenen geometrischen Teppich Lossanges erst vor ein paar Jahren internationale Aufmerksamkeit zuteil wurde, zeigt die Kollektion Chillida. Die den Kunstwerken des spanischen Künstlers Eduardo Chillida nachempfundenen Teppiche überzeugen vor allem dort, wo die Knüpftechnik dessen schöne Reliefs neu interpretiert.

Sessel "Nautica" von Expormim

Sessel "Nautica" mit Standfuß von Expormim

Teppich "Chillida" von Nanimarquina

Andreu World: "Tao Me" von Lievore Altherr Molina

Tokyo, mon Amour

Freunde puristischer Gestaltung dürfen gespannt sein auf die Weiterentwicklung des 2009 gegründeten japanischen Labels Karimoku New Standard. Es ist im Rahmen der imm zwar lediglich in der Designpost am Stand des niederländischen Herstellers Gelderland präsent, interessant ist hier aber gerade die Zusammenarbeit zwischen einem der Präzision japanischer Handwerkskunst verpflichteten Unternehmen und internationalen Designern wie Scholten & Baijings oder Sylvain Willentz. Und auf der Messe selbst zeigt der ebenfalls in Japan ansässige Hersteller Conde House seine mit dem Interior Innovation Award ausgezeichnete Kollektion Splinter des Japaners Nendo: Neben den eleganten Stühlen und Tischchen aus hellem Massivholz ist vor allem das freistehende, wie ein räumliches Geflecht wirkende Regal eine echte Augenweide.

Karimoku New Standard

Wo ist Zuhause, Mama? Nach unserem Rundgang an den Herstellerständen wenden wir uns in Halle 3 jener Vision zeitgenössischen Wohnens zu, die die Messe selbst seit vergangenem Jahr durch international bekannte Designer in Szene setzen lässt. Das Haus heißt die Präsentation, mit dessen Konzept die Messe an ihr früheres Projekt Ideal House anknüpft. In dem 2013 von Luca Nichetto eingerichteten Modellhaus (nach Doshi Levin 2012) erwartet uns eine bunte Wohnlandschaft, in der man die einzelnen Bereiche jedoch schwer identifizieren kann. Stefan Diez (2006) und Zaha Hadid (2007) setzten für das Ideal House seinerzeit auf starke räumliche Konzepte; Das Haus scheint noch auf der Suche zu sein nach einem konzeptionellen Zuhause. (Cordula Vielhauer)
Noch mehr Design?
In unserem Artikel Appropriation Art: alte und neue Klassiker auf der imm 2013 geht es um die allseits präsente Auseinandersetzung mit den Altmeistern aus Architektur und Design sowie weitere beliebte Themen auf dieser Messe: ziehen, biegen, stecken.
Und im Kölnischen Kunstverein sprachen wir mit Erwan und Ronan Bouroullec, den A&W-Designern des Jahres 2013.

Conde House: Hakama Tisch

Conde House: Regal

Conde House: Splinter Kollektion

Installation "Das Haus" von Luca Nichetto

Luca Nichetto vor der Installation "Das Haus"

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