Wirkt Human Centric Lighting?

Tageslichtdurchflutete Innenräume in der Psychiatrischen Klinik in Slagelse, Dänemark (Karlsson architect / VLA, Fotograf: Jens Lindhe)

Vor etwa 10 Jahren veröffentlichte Studien zeigten eindeutig, dass eine nächtliche Beleuchtung unmittelbar die Ausschüttung des Hormons Melatonin unterdrückt und längerfristig den zirkadianen Melatonin-Rhythmus, der unseren Schlaf-Wach-Rhythmus mitbestimmt, stark moduliert. Damit war der Grundstein für die Aussage gelegt, dass die Art der Beleuchtung (vor allem mit hoher Intensität und vermehrter kurzwelliger Strahlung) maßgeblich nicht-visuelle Wirkungen auf den Menschen hat und somit die Gesundheit positiv oder negativ beeinflussen kann. Es entstand der Begriff »Human Centric Lighting« (HCL). Eine klare Definition, welche Art der Beleuchtung damit gemeint ist, ist jedoch ausständig. Bis dato beschreibt der Begriff jede Art der Lichtintervention, die eine positive Auswirkung auf das Wohlergehen, die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit des Menschen hat. Heute gilt als nachgewiesen, dass neben dem Lichtspektrum auch die Lichtintensität, der Zeitpunkt und die Zeitdauer der Lichtexposition entscheidende Einflussfaktoren für die nicht-visuelle Lichtwirkung darstellen. Es gibt jedoch noch keine wissenschaftlich abgesicherten Bewertungsverfahren, die den Einfluss dieser Parameter in der Lichtanwendung berücksichtigen. Effekte nicht-visueller Lichtwirkungen
Die Lichtwirkungsforschung richtet sich einerseits auf die Vermeidung der schädlichen Wirkungen von Licht in der Nacht (Melatoninsuppression) und andererseits auf die positiven gesundheitlichen Effekte von Licht am Tag. Es gibt vier Parameter, die maßgeblich an der Entstehung von nicht-visuellen Lichtwirkungen beteiligt sind: die Lichtexposition der vergangenen Stunden, die aktuelle Tageszeit, die spektralen Bestrahlungsstärken am Auge und die Dauer der aktuellen Lichtexposition. Der derzeitige wissenschaftliche Erkenntnisstand geht von eindeutigen nicht-visuellen Lichtwirkungen zu Tageszeiten aus, in denen kein natürliches Tageslicht vorherrscht. Immer häufiger beschäftigt sich die Lichtwirkungsforschung nun aber auch mit der Auswirkung von Lichtinterventionen untertags. Beleuchtungen mit nicht-visuellen Wirkungen sind am Tage vor allem dort sinnvoll, wo zu wenig Tageslicht verfügbar ist, und wo mit längeren Aufenthalten zu rechnen ist. Am Abend und in der Nacht genügen weit geringere Lichtdosen, um Störungen der zirkadianen Rhythmik und des Schlafes auszulösen. Auch bei kurzen Expositionen ist hier ein HCL-Konzept sinnvoll. Deshalb bieten sich derzeit als Anwendungsgebiete vor allem Kliniken, Pflege- und Altenheime und Wohnungen an, aber auch Bürogebäude können damit aufgewertet werden. Es gilt als gesichert, dass Licht akut die Wachheit steigern, Arbeitsgedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen erhöhen und spezifische physiologische Parameter verändern kann. Das Vorhandensein von Licht ist eine notwendige Voraussetzung für die visuelle Informationsaufnahme. Mit dem Sehen korrespondiert stets unmittelbar auch unser momentanes Befinden und Verhalten. Deshalb ist eine Trennung von akuten, nicht-visuellen und visuellen Lichtwirkungen nur sehr schwer möglich. Planungsempfehlungen
Das Team von Bartenbach research & development hat eine Vielzahl von eigenen Forschungsprojekten durchgeführt, um Empfehlungen für den Einsatz von HCL-Lichtanwendungen geben zu können: Heute versteht man unter einer HCL-basierten Lichtplanung ausschließlich den Einsatz von Kunstlichtsystemen, die vorrangig die Lichtfarben gemäß einer vorprogrammierten tageszeitlichen Steuerkurve verändern. Der bewusste Einsatz von Tageslicht und die Möglichkeit von Nutzereingriffen in die automatische Lichtsteuerung bleiben vielfach unberücksichtigt. Eine Lichtplanung zur Erzielung nicht-visueller Wirkungen bedarf in Zukunft vorrangig einer intensiven Auseinandersetzung mit den vorliegenden objektspezifischen Rahmenbedingungen wie Tageslichtöffnungen, Gebäudelage, Raumgröße, Klimadaten etc. und den personenspezifischen Anforderungen in dieser Umwelt (z.B. Arbeitsplatz, Wohnraum, Klinik, Pflegeeinrichtung). Daraus leiten sich dann Anforderungen an die einzusetzenden Tages- und Kunstlichtsysteme und deren Ansteuerung ab. Die verschiedenen Anbieter schlagen derzeit ganz unterschiedliche und gegensätzliche Steuer- und Regelalgorithmen vor. Dem Lichtplaner fehlen momentan jedoch noch Vorgaben, an die er sich halten kann, um die erwarteten positiven Wirkungen sicherstellen zu können. Neben diversen eigenen Forschungsprojekten von Bartenbach research & development, ist es Ziel, eine neutrale Plattform aufzubauen, auf der sich Wissenschaftler, Firmen und Anwender austauschen können, um das Wissen über die nicht-visuellen Wirkungen biodynamischer Beleuchtungen zu teilen und auszubauen. Forschungsausblick
Die Grundlagenforschung zu nicht-visuellen Lichtwirkungen befindet sich derzeit in den Kinderschuhen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, belastbare, wissenschaftliche Erkenntnisse zu schaffen, die sowohl den Einfluss von natürlichem Licht am Tag berücksichtigen als auch unter naturalistischen Rahmenbedingungen durchgeführt wurden. Methodische Genauigkeit und kontrollierte Bedingungen sind eine grundlegende Anforderung an künftige Forschungsprojekte und bedürfen einer genauen Dokumentation. Durch den verstärkten Nachweis des gesundheitlichen Mehrwertes von »Human Centric Lighting« kann eine Bewusstseinsveränderung bewirkt werden: Licht ist nicht mehr eine billige und unwichtige Sache, sondern wird in Zukunft zu einem wichtigen Bestandteil unserer Lebensqualität und unseres Lebensstils. Gelingt dieser Nachweis nicht, dann wird HCL in kürzester Zeit nur mehr eine wertlose PR-Phrase sein. Beispiele für Forschungs- und Lichtanwendungsprojekte von Bartenbach
Als Resultat einer Vielzahl eigener Studien sowie der kritische Bewertung publizierter Ergebnisse der internationalen Grundlagen- und Anwendungsforschung wurden die folgenden Komponenten als maßg ebliche Bestandteile einer Beleuchtung mit nicht-visueller Wirksamkeit definiert: Die Nutzung von Tageslicht durch Gebäudegeometrie und durch Tageslichtsysteme wie z. B. lichtlenkende Lamellensysteme oder Oberlichter, der ergänzende Einsatz von hochwertigen Kunstlichtsystemen, Sensorik zur Erfassung der Präsenz bzw. Aktivität von Personen und der Lichtmenge in spezifischen Raumbereichen sowie leicht bedienbare Nutzerschnittstellen. Zur verdeutlichung werden zwei Lichtanwendungen vorgestellt: Psychiatrische Klinik in Slagelse, Dänemark, und das Großraumbüro von Bartenbach in Aldrans, Österreich (siehe Fotostrecke).
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