11.09.2024 Sandra Hofmeister

Wenn Alt und Neu miteinander tanzen

Jan de Vylder und Inge Vinck leiten das Büro AJDVIV und unterrichten in Zürich und Düsseldorf. © De Vylder Vinck

Mit bescheidenen Budgets und durchdachten Konzepten baut das flämische Büro Architecten Jan de Vylder Inge Vinck (AJDVIV) bestehende Gebäude um – für eine offene Zukunft mit verschiedenen Nutzungen. Im Gespräch erläutert Inge Vinck ihre Strategie im Umgang mit dem Bestand. Das Interview ist in der Neuerscheinung Umbau Architektur in Flandern von Edition Detail erschienen.

Viele Ihrer Projekte sind im Bestand. Wo setzen Sie bei dieser herausfordernden Planungsaufgabe an?

Die Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt ist unsere Pflicht als Architekten. Heute ist schon so viel gebaut, es gibt kaum noch Grundstücke für Neubauten. Außerdem sollte uns bewusst sein, dass wir die wenigen Naturräume, die noch bleiben, erhalten müssen. Unser Entwurfsansatz im Umgang mit bestehenden Gebäuden variiert von Projekt zu Projekt, je nach Auftrag, verfügbarem Budget und Bauvorschriften. Wir beginnen immer mit dem Vorhandenen. Das betrifft nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch viele andere Aspekte. Dann versuchen wir, das geforderte Raumprogramm zu integrieren.

Blick ins Buch: Umbau Architektur in Flandern – Architecture of Transformation in Flanders, © Edition Detail

Sie sind generell davon überzeugt, dass alle Bestandsbauten eine Zukunft haben?

Für uns ist es wichtig, den Bestand so umzubauen, dass das Gebäude auch lange nach unserer Intervention noch ganz verschiedene Nutzungen aufnehmen kann. Wir bereiten den Bestand auf die Zukunft vor. Mit unseren Bauherren behalten wir eine konkrete Nutzung im Auge und berücksichtigen gleichzeitig mögliche zukünftige Nutzungen. Auf diese Weise sorgen wir dafür, dass sich Gebäude entwickeln können. Wir bewahren sie vor dem Verfall und geben ihnen eine Perspektive für eine offene Zukunft.

Umbau Architektur in Flandern – Architecture of Transformation in Flanders, © Edition Detail

Flandern hat eine ausgeprägte Baukultur, auch im Umgang mit dem Bestand. Halten Sie dies für ein regionales Merkmal?

Auf jeden Fall. Es gibt dieses Sprichwort, dass die Belgier mit einem Ziegelstein im Bauch geboren werden. Jeder will ein eigenes Haus, und sogar junge Menschen wollen das, noch bevor sie Kinder haben. Da viele von ihnen nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, nehmen sie so viel wie möglich selbst in die Hand. Sie renovieren, bauen an und um. Überall in Flandern gibt es Häuser mit mehreren solchen Anbauten und Erweiterungen – Küchen, Bäder und Abstellräume – oft sind sie planlos aneinandergereiht. Daraus schöpfen wir unsere Inspiration. Sie sind vielleicht nicht ästhetisch perfekt, aber es gibt auch schöne Aspekte an diesen Anbauten. Denn letztlich zeigen sie, wie die Menschen den Bestand an ihre Bedürfnisse anpassen. Das Ergebnis ist eine Ästhetik, die an eine Collage oder an ein Readymade erinnert – eine Architektur, die provisorisch wirkt und sich stets neu anpasst.

Blick ins Buch: Hier blättern

 


Angaben zum Buch:
Umbau Architektur in Flandern – Architecture of Transformation in Flanders
Herausgeber:innen: Sandra Hofmeister und Florian Heilmeyer
232 Seiten, vierfarbig, 24 aktuelle Umbau-Projekte aus Flandern, Pläne, Zeichnungen, Essays und Interviews


Sprachen: Deutsch, Englisch
Erscheinungsdatum: Mai 2024
Verlag: Edition Detail 2024
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