20.06.2013

Vom Fertighaus zum Gewerbepark: DGNB stellt neue Nutzungsprofile vor

Auch Einfamilienhäuser und ganze Gewerbegebiete können künftig nach dem System der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifiziert werden. Dabei betritt die DGNB in vielerlei Hinsicht Neuland.

DGNB-Bestandszertifikat in Silber: Bürogebäude „Signaris“ in Frankfurt am Main, Foto: Karsten Thormaehlen

Am Anfang waren es vor allem die Fertighausanbieter, die sich für das neue Nutzungsprofil „Kleine Wohngebäude“ der DGNB interessierten. Schließlich gilt eine DGNB-Zertifizierung als ebenso anspruchsvolle wie komplexe und teure Angelegenheit. Insofern erschien es logisch, dass vor allem Anbieter, die einen Haustyp gleich im Dutzend verkaufen, an einem solchen Zertifikat Interesse haben würden.
Nun wurden im Rahmen des DGNB-Jahreskongresses „Impuls“ Ende Juni in Stuttgart die ersten beiden Zertifikate für kleine Wohngebäude an die Firmen Viebrockhaus und DFH Deutsche Fertighaus verliehen. Damit stünde das neue Nutzungsprofil (es ist auf Wohngebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten anwendbar) nun dem Markt zur Verfügung, heißt es bei der DGNB. Ein paar Monate werden sich Interessenten noch gedulden müssen: Bevor die Anwendung in der Breite gestartet werden kann und der Kriterienkatalog offiziell vorgestellt wird, sollen zunächst noch die Erfahrungen aus der Erstanwendungsphase eingearbeitet werden. Insgesamt acht Gebäude – darunter die beiden nun zertifizierten – hatten sich daran beteiligt.
Angekündigt war der Schritt der DGNB in den Einfamilienhausmarkt schon lange. Man durfte gespannt sein, ob es der Zertifizierungsorganisation gelingen würde, ihr System so weit zu verschlanken, dass es für Architekten kleiner Wohngebäude handhabbar und für die Bauherren bezahlbar werden würde. Eine Zielmarke von 2000 Euro Mehrkosten für eine Zertifizierung hatte der damalige DGNB-Präsident Werner Sobek vor einigen Jahren genannt. Ob sie eingehalten werden kann, dürfte sich erst in den kommenden Monaten und Jahren herausstellen, wenn die ersten Praxiserfahrungen aus der Breite vorliegen.
Deutlich schlanker geworden ist der Kriterienkatalog indes tatsächlich: Während er in den bisherigen Varianten für neue Bürogebäude und größere Wohnbauten noch je rund 50 Kriterien umfasste, sind es nun noch deren 35, an denen sich kleine Wohngebäude messen lassen müssen. Schwerpunkte der Zertifizierung sind zum einen der Komfort und das Wohlempfinden der Nutzer, aber auch die Umnutzungsfähigkeit der Immobilie und die Wartungsfreundlichkeit im Lebenszyklus. Relativ praxisnahe Faktoren also, die die Bauherren früher oder später auch relativ direkt im Geldbeutel spüren.
Was macht einen Gewerbepark nachhaltig?
Ebenfalls verliehen wurde beim „Impulse“-Kongress das erste Vorzertifikat für ein Gewerbequartier. Das Nutzungsprofil hierfür ist eine Abwandlung des bereits existierenden Nutzungsprofils für Stadtquartiere. Gegenüber der Zertifizierung von Einzelgebäuden betritt die DGNB hier inhaltliches Neuland: Bewertet werden unter anderem die Nutzungsdurchmischung (ein Gewerbegebiet mit Zertifikat muss mindestens drei unterschiedliche Nutzungen mit je 10% Flächenanteil enthalten), aber auch Konzepte für Kinderbetreuung sowie Einkaufsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. Besonders wichtig sind der DGNB darüber hinaus Synergien und geschlossene Kreisläufe zwischen den einzelnen Gewerbetreibenden. Statt jedem Unternehmen selbst zu überlassen, wie sparsam es mit Energie umgeht, soll in einem zertifizierten Gewerbepark eine Vernetzung stattfinden – etwa indem ein Betrieb über ein Quartierswärmenetz die Abwärme des anderen nutzt. 
Nutzungsvariante „Mieterausbau“: Ökologie auch beim Mobiliar
Gerade in Bürogebäuden wird die nachhaltige Qualität maßgeblich von den jeweiligen Mietern beeinflusst. Die DGNB hat daher nun die Erstanwendungsphase ihres Nutzungsprofils für für Mieterausbauten gestartet und hofft hierbei auf möglichst viele Interessenten. Das neue Profil ist nicht nur auf Büro- und Verwaltungsgebäude, sondern auch auf Handelsbauten wie z.B. Supermärkte und Shoppingcenter anwendbar. Interessenten erhalten von der DGNB einen Nachlass von 20% auf die Zertifizierungsgebühren.

DGNB-Vorzertifizierung in Silber: Gewerbepark „Airport City“ in Stuttgart, Visualisierung: Flughafen Stuttgart

Schließlich will die DGNB auch die Zertifizierung von Bestandsgebäuden kräftig vorantreiben. Bislang ist eine Bestandszertifizierung lediglich für Büro- und Verwaltungsbauten möglich. Noch in diesem Jahr soll bei der DGNB auch die Entwicklung entsprechender Nutzungsvarianten für bestehende Handels- und Industriegebäude sowie große Wohngebäude starten.
Weitere Informationen
www.dgnb.de
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