04.10.2011

Virtual Building Simulator

Virtual Building Simulator für post-parametrische Planungsmethoden - Ein Prototyp schafft dreidimensionale algorithmische Welten: Der innerhalb des Innovationsnetzwerks "FUCON - Future Construction" entwickelte "Virtual Building Simulator" ermöglicht es, Räume und Gebäude in einer virtuellen Umgebung spielerisch zu simulieren und zu erleben. Die post-parametrische Planung nach dem Verständnis des Fraunhofer IAO und der Computational Design Group von Aedas | R&D erfasst Gebäude als Systeme aus vielen vernetzten qualitativen und quantitativen Planungsgrößen. Die frühzeitige Integration von Fertigungs-, Ausführungs- und Nutzungsparametern bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Entwurfsvarianten zu erzeugen, visuell zu prüfen und auf ein Optimum hin zu modellieren.

Post-Parametrik umfasst gegenüber konventioneller Parametrik nicht nur geometrische Planungsgrößen, sondern auch viele abstrakte nicht-räumliche Faktoren. Alle Informationsebenen von Materialeigenschaften über Fertigungsvorgaben bis zum urbanen Kontext sind dabei miteinander verbunden, so dass die Änderung eines Parameters sich entsprechend auf alle anderen abhängigen Bereiche auswirkt. Das Gebäudemodell kann so entsprechend den Anforderungen flexibel in seinen Eigenschaften verändert werden, ohne dass unvorhersehbare Kostensteigerungen auftreten oder vordefinierte Planungsziele verfehlt werden. Die deutsche und die europäische Bauwirtschaft stehen zukünftig vor großen Herausforderungen. Die rasante technologische Entwicklung und die ständig steigenden Anforderungen an Gebäude und Architektur hin zu nachhaltigen und zukunftsfähigen Lebensräumen werden in Zukunft zu wesentlichen Veränderungen in allen Bereichen der Wertschöpfungskette in der Baubranche führen. Diese Entwicklung wird auch Design- und Konstruktionsprozesse betreffen, die den gesamten Gebäudelebenszyklus beeinflussen. Neueste Technologien wie "Augmented Reality", komplexe Simulationen (wie "Digital Mock-ups") oder Produktionsroboter haben bereits ganze Branchen revolutioniert. In naher Zukunft könnten diese Technologien nach einer langen Phase der Marktvorbereitung zu einer enormen Innovationswelle im Bereich der Baukonstruktion führen. Besonders relevant in diesem Zusammenhang sind Design- und Fertigungstechnologien, modernste Methoden des Informations- und Kommunikationsmanagements und die damit verbundene Digitalisierung von Planung, Fertigung und Bauprozessen. Durch den zunehmenden Einsatz digitaler Systeme wird die Verwaltung und Steuerung von Prozessen von bisher ungeahnter Komplexität ermöglicht. Es entstehen neue Kooperationsformen aller Beteiligten mit erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten, verbesserten Schnittstellen in der Wertschöpfungskette oder der semantischen Verknüpfung aller logistischen Prozesse. Andere Branchen sind dabei der Baubranche bereits einen Schritt voraus und ermöglichen nun durch Innovationstransfer auch der Baubranche die Einführung neuer Methoden. Parametrische Planung und wissensbasierte Prozesse Das im Rahmen des Innovationsnetzwerks FUCON (Future Construction, 2009) entwickelte Zukunftsszenario "Parametric Age 2020" weist auf die Chancen und Perspektiven der Baukonstruktion hin, nachdem diese die Methoden des BIM überschritten hat. In dieser Vision hat der Bausektor bereits auf die drängenden globalen Herausforderungen reagiert und neue Lösungen entwickelt. Dabei ist es unvermeidlich, nicht nur fortschrittliche Werkstoffe und Bauweisen einzuplanen, sondern vorausblickend ganzheitliche, neue Verfahren und Techniken anzuwenden, die den gesamten Gebäudelebenszyklus berücksichtigen. Die Planungsvision für das Bauen der Zukunft beinhaltet eine komplett digitalisierte und durchgängige Prozesskette vom Design bis zur Produktion. Alle für die Planung relevanten Informationen - von Nachhaltigkeitskennzahlen des Gebäudes, über die Produktion von Bauteilen im Werk bis hin zur Montage auf der Baustelle - sind bereits identifiziert und in Form von Parameterkatalogen in die Planungssoftware integriert. Im Vergleich zu dem modularen Ansatz von BIM versteht die parametrische Planung Gebäude als ein System miteinander verbundener Kennzahlen. In diesem komplexen System sind alle Informationsebenen wie beispielsweise Materialeigenschaften, die Produktionspläne oder der städtische Kontext miteinander verknüpft, so dass die Veränderung eines der Parameter Auswirkungen auf alle weiteren Bereiche haben wird. Die frühe Integration von Planungs-, Bau- und Nutzungsparametern bietet durch die Möglichkeit, Gebäudemodelle zu entwerfen, visuell zu kontrollieren und zu formen, optimale Gestaltungsalternativen. Das Gebäudemodell kann in seinen Eigenschaften verändert werden, ohne unberechenbare Kostenerhöhungen oder das Verfehlen von vordefinierten Planungszielen befürchten zu müssen. Durch die frühzeitige Angabe aller relevanten Prozessparameter können fundierte Entscheidungen bereits in der Entwurfsphase getroffen werden. Dadurch wird das beste Verhältnis von Planungsaufwand und Ergebnis erzielt.

Foto: Ann-Kathrin Eberhard

Foto: Ann-Kathrin Eberhard

Diese Vision für das Planen und Bauen der Zukunft kann bereits in einem Pilotprojekt in Form eines virtuellen Gebäudesimulators in einer Virtual-Reality-Umgebung getestet werden. Dieser "Virtual Building Simulator" ist einer der Hauptforschungsschwerpunkte des Innovationsnetzwerks FUCON und wurde in einer Kooperation des Fraunhofer IAO mit Aedas | R&D Computational Design and Research (CDR) im Rahmen des Kooperations-Forschungsnetzwerks entwickelt. Ein Prototyp des Gebäudesimulators wurde erstmals auf der Messe BAU 2011 vorgestellt. Der "Virtual Building Simulator": ein Prototyp taucht in die Welt der Algorithmen ein Der Virtual Building Simulator (VBS) kombiniert den algorithmischen Ansatz der CDR-Gruppe (= algorithmischer Entwurfsprozess) mit dem Virtual Reality System VRfx des IAO. Dabei kommen das modulare Entwicklungssystem Lightning und OpenSceneGraph zum Einsatz. Das Fraunhofer Virtual Reality-System mit 3D Human-Computer-Interaction (HMI) ermöglicht es dem Nutzer, Anwendungen im dreidimensionalen Raum zu beeinflussen. Im Gegensatz zu anderen partizipativen Virtual Reality-Systemen liegt der Schwerpunkt dabei nicht auf der Präsentation fertiger Gebäude. Stattdessen sollen allen Akteuren Entscheidungen im frühen Entwurfs- und Planungsprozess erleichtert werden, indem der Nutzer bereits in der Planungsphase in das algorithmische Modell einbezogen wird. Dies ermöglicht es, frühzeitig während der Entwicklung und Planung flexibel zu reagieren und ungewünschte Aspekte bereits am parametrischen Modell zu erkennen und verändern zu können. Hierzu haben das Fraunhofer IAO und Aedas | R&D CDR gemeinsam ein Client-Server-Modell entwickelt, das in Kombination mit einem Datenaustausch-Protokoll eine Echtzeit-Darstellung von 3D-Visualisierungen ermöglicht. Die VR-Setup besteht aus einem 56-Zoll-Aktiv-Stereo-Display, Headtracking und einem modifizierten Multi-Touch-Tablet-PC. Der Tablet-PC wird als intuitives Eingabegerät für immersive Räume genutzt, um die 3D-Darstellung zu erweitern, Modellparameter zu verändern und die Navigation durch Gesten zu ermöglichen. Als erste Fallstudie wurde ein Laborgebäude genutzt, an dem drei wichtige Gestaltungsebenen erforscht werden konnten: Masse und Hülle; Bewegungszonen und öffentliche Bereiche; Arbeitsbereiche und Strukturen. Alle diese Ebenen beeinflussen und bedingen sich gegenseitig und haben eindeutige Schnittstellen. Die erste Testanwendung ermöglicht es dem Nutzer, äußere Elemente des Projekts zu verändern, wie beispielsweise Freiflächen, Parkplätze oder auch das Gebäudevolumen. Der Nutzer bekommt ein direktes Feedback darüber, welche Einflüsse diese Veränderungen auf die städtische Umgebung, das Bauvolumen oder die Fassade haben. Auf einer zweiten Ebene wird das innere Raumprogramm, das in öffentliche Bereiche (Café, Bibliothek, Hauptbewegungszonen) und privatere Bereiche (Labore und Büros) unterteilt ist, betrachtet. Auf dieser Ebene wird das Gebäude wie ein Raumvolumen behandelt, aus dem Freiflächen und Bewegungszonen herausgeschnitten werden. Hierbei stehen die Qualität der entstehenden Räume und die sinnvolle Vernetzung auf der Basis eines dreidimensionalen Prozessdiagramms im Vordergrund. Auf der letzten Anwendungsebene wird der Fokus auf die konkreten Arbeitsbereiche gelegt und deren Beeinflussung durch Elemente wie Tageslicht und Gebäudestruktur betrachtet; je nach Anordnung von Außenfassaden oder Innenhöfen verändert sich die Situation der Arbeitsplätze und Laborbereiche mit dem Ziel einer maximalen Performanz für die späteren Mitarbeiter.

Foto: IAKW-AG, Marius Hoefinger

Foto: IAKW-AG, Marius Hoefinger

Der Virtual Building Simulator hat das Ziel, durch algorithmische Konstanz das Verständnis für einen veränderten Gestaltungsprozess zu fördern und Einblicke zu schaffen, in welcher Abhängigkeit Design- und Gestaltungsaspekte zum Gesamtobjekt stehen. Durch den Einsatz von Algorithmen als "Gestaltungsmittel" während der Planungsphase soll allen Beteiligten ein Instrument an die Hand gegeben werden, das, als post-parametrisches Gestaltungsmedium, zu einem neuen konstruktiven Dialog beiträgt. Dieser Dialog wird auch die Befreiung von bisherigen Planungsmethoden beinhalten. Der Gestaltungsprozess wird zur Ansammlung und Anordnung von Funktionen, die durch gleichzeitige Konvergenz der räumlichen Konfigurationen in einem Modell zusammengefasst werden. (BS)

Weitere Informationen finden Sie hier

Bildrechte: Aedas | R&D und Fraunhofer IAO

Foto: Amit Geron

https://detail-cdn.s3.eu-central-1.amazonaws.com/media/catalog/product/V/B/VBS_FUCON_FurnitureArrangement04.jpg?width=437&height=582&store=de_de&image-type=image
Copyright © 2024 DETAIL. Alle Rechte vorbehalten.