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Universität Rom gewinnt Solar Decathlon 2014
Zeitgleich mit der Fußball-WM ging es auch beim Solar Decathlon Europe in Versailles um Sieger und Platzierte. Das Ergebnis: Die Universität Rom gewinnt vor Nantes und Delft; das Team aus Berlin erringt den vierten Platz.
Seit Jahren hören wir von den Auguren des kommenden Öko-Zeitalters immer wieder, welches Potenzial die Solarenergie gerade in den südeuropäischen Ländern hat. Insofern war es vermutlich an der Zeit, dass beim Solar Decathlon Europe 2014 in Versailles nun erstmals eine Equipe aus einem Mittelmeer-Anrainerstaat den ersten Preis davongetragen hat. Das Rennen war so knapp wie nie zuvor, seit der allererste Solar Decathlon 2002 unter der Ägide des US-Energieministeriums in Washington stattfand. Ganze drei Punkte – bei einer Gesamtpunktzahl von 840 – lagen am Ende zwischen dem Siegerteam der „Università degli Studi Roma Tre“ und den Drittplatzierten der TU Delft.
Wer noch nie einen Solar Decathlon besucht hat, kann sich die Veranstaltung am ehesten als Mischung aus studentischem Workcamp, Baufachmesse unter freiem Himmel und Architekturausstellung vorstellen. Die einzigartige Atmosphäre und die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der eigenen Hochschule der Weltöffentlichkeit zu präsentieren, motiviert nach wie vor zahlreiche Studierende und Hochschulprofessoren, zwei Jahre ihres Lebens einer Teilnahme beim Solar Decathlon zu widmen. Denn so lange dauert in der Regel – von der ersten Bewerbung über die Konzeptentwicklung und Detailplanung, Sponsorensuche und Transportorganisation – der Vorbereitungsprozess, der in der zweiwöchigen Wettbewerbsphase vor Ort kulminiert.
Doch – Begeisterung hin, Öffentlichkeitswirkung her – nicht wenige hatten beim Solar Decathlon zuletzt die Sinnfrage gestellt. Was ist eigentlich noch zukunftsweisend daran, frei stehende Einfamilienhäuser für je zwei Personen zu planen und zu bauen, selbst wenn diese sich komplett mit Solarenergie selbst versorgen? Es spricht für die Veranstalter in Versailles, dass sie diese – seit 2002 geltenden – Regularien des Wettbewerbs modifiziert haben. Gefragt waren diesmal nicht mehr Einfamilienhäuser, die unter den Klimabedingungen des Wettbewerbsstandorts ein Maximum an Solarenergie erzeugen, sondern Antworten auf die drängenden städtebaulichen, sozialen und ökologischen Probleme in den jeweiligen Herkunftsländern der Hochschulteams. Ferner sollten sich die Studenten den globalen Zukunftsfragen des nachhaltigen Bauens widmen – der Verstädterung und Verdichtung, der Verzahnung von Architektur und Mobilität, dem kostengünstigen Bauen sowie einem sparsamen Ressourcen- und Energieeinsatz.
Vom Industrie-Loft bis zur Reihenhaussanierung
Die Entwurfsteams griffen die Herausforderung mit großem Ideenreichtum auf. Dass der Solar Decathlon auch ein „solarer“ Zehnkampf ist, geriet dabei fast zur Nebensache – bei der öffentlichen Präsentation ihrer Bauten jedenfalls stellten die Studenten kaum je die Technik in den Vordergrund, sondern stets die Architektur- und Städtebaukonzepte. Die Gebäude selbst verlangten dem Betrachter einiges an Abstraktionsvermögen ab – weil das, was in Versailles (aus Platz-, Kosten- und Zeitgründen) im Einfamilienhausformat präsentiert wurde, meist lediglich ausschnitthafte Prototypen waren für viel weitreichendere Konzepte.
Bei dem siegreichen Objekt aus Rom handelte es sich eigentlich um das Dachgeschoss eines Mehrfamilien-Sozialwohnungsbaus aus Holz, der – sofern sich ein Investor findet – dereinst an der Peripherie der italienischen Hauptstadt entstehen könnte. Das zweitplatzierte Team aus Nantes präsentierte ein Konzept, um einem frühmodernen Industriebau im Hafen der westfranzösischen Stadt mit einem Mix aus Wohnen und Gewächshäusern neues Leben einzuhauchen. Die TU Delft hatte gar das komplette Reihenhaus der Großeltern eines Teammitglieds in Versailles rekonstruiert und daran ihr Konzept einer solar-energetischen Sanierung demonstriert. Und gleich fünf Teams – darunter das viertplatzierte aus Berlin - zeigten Häuser, die eigentlich als Dachaufstockungen für Bestandsbauten konzipiert sind.
Vom Industrie-Loft bis zur Reihenhaussanierung
Die Entwurfsteams griffen die Herausforderung mit großem Ideenreichtum auf. Dass der Solar Decathlon auch ein „solarer“ Zehnkampf ist, geriet dabei fast zur Nebensache – bei der öffentlichen Präsentation ihrer Bauten jedenfalls stellten die Studenten kaum je die Technik in den Vordergrund, sondern stets die Architektur- und Städtebaukonzepte. Die Gebäude selbst verlangten dem Betrachter einiges an Abstraktionsvermögen ab – weil das, was in Versailles (aus Platz-, Kosten- und Zeitgründen) im Einfamilienhausformat präsentiert wurde, meist lediglich ausschnitthafte Prototypen waren für viel weitreichendere Konzepte.
Bei dem siegreichen Objekt aus Rom handelte es sich eigentlich um das Dachgeschoss eines Mehrfamilien-Sozialwohnungsbaus aus Holz, der – sofern sich ein Investor findet – dereinst an der Peripherie der italienischen Hauptstadt entstehen könnte. Das zweitplatzierte Team aus Nantes präsentierte ein Konzept, um einem frühmodernen Industriebau im Hafen der westfranzösischen Stadt mit einem Mix aus Wohnen und Gewächshäusern neues Leben einzuhauchen. Die TU Delft hatte gar das komplette Reihenhaus der Großeltern eines Teammitglieds in Versailles rekonstruiert und daran ihr Konzept einer solar-energetischen Sanierung demonstriert. Und gleich fünf Teams – darunter das viertplatzierte aus Berlin - zeigten Häuser, die eigentlich als Dachaufstockungen für Bestandsbauten konzipiert sind.
Auch bei den Häusern, die nicht im Vorderfeld landeten, fehlte es nicht an interessanten Ideen: Die Studenten aus Chile und Japan befassten sich mit Wiederaufbaukonzepten nach Sturmfluten und Erdbeben. Ihre Kollegen aus Mexiko City hatten ein Low-Budget-Baukastensystem für die Bewohner von Armutssiedlungen entworfen, das auf das besondere Klima und auf die chronische Wasserarmut in der mexikanischen Hauptstadt Bezug nimmt. Bezahlbarkeit stand auch bei den südeuropäischen Teams im Vordergrund: Die Studenten aus Sant Cugat bei Barcelona – Sieger in der Kategorie „Architektur“ - präsentierten einen Einfachstbau mit Gerüsttragwerk und Polycarbonathülle, der nach dem Wettbewerb einer Gemeinde im katalanischen Hinterland zur Verfügung gestellt werden soll. Über die spätere Nutzung sollen die Bewohner selbst entscheiden – das Gebäude ist so flexibel, dass es als Gemeindehaus ebenso tauglich wäre wie als Supermarkt oder Werkstattgebäude.
Regionalismus trifft High-Tech
Hätte Kenneth Frampton den Begriff des „kritischen Regionalismus“ nicht schon in den 80er-Jahren geprägt, müsste man ihn heute neu erfinden, um die Entwurfshaltung der Studententeams beim Solar Decathlon zu beschreiben. Dabei ging es ihnen nur in den seltensten Fällen um die direkte Neuinterpretation traditioneller Architekturformen. Der hier gezeigte Regionalismus entspringt vielmehr einer genauen Analyse der Herausforderungen, vor denen Städte und ländliche Regionen in unterschiedlichen Teilen der Welt heute stehen. Und diese unterscheiden sich durchaus von jenen, die vor 100 oder 200 Jahren einmal galten. Der etwas abgegriffene Slogan „global denken, lokal handeln“ wurde in Versailles mit neuen Inhalten gefüllt. Das Ergebnis war eine veritable Weltausstellung junger Architektur, bei der der Wettstreit um Energiebilanzen, ja überhaupt die Vergleichbarkeit der Häuser, eher in den Hintergrund rückte. Das ist durchaus positiv zu bewerten. Arbeiten müssen die Organisatoren jedoch noch an der Öffentlichkeitswirkung ihrer Veranstaltung: Versailles mag ein geschichtsträchtiger Ort sein, doch wer wirklich die Massen für das nachhaltige Bauen begeistern will, sollte für den nächsten Wettbewerb wieder - wie früher in Washington und Madrid - ein publikumswirksamer Standort in Innenstadtlage anstreben.
Hätte Kenneth Frampton den Begriff des „kritischen Regionalismus“ nicht schon in den 80er-Jahren geprägt, müsste man ihn heute neu erfinden, um die Entwurfshaltung der Studententeams beim Solar Decathlon zu beschreiben. Dabei ging es ihnen nur in den seltensten Fällen um die direkte Neuinterpretation traditioneller Architekturformen. Der hier gezeigte Regionalismus entspringt vielmehr einer genauen Analyse der Herausforderungen, vor denen Städte und ländliche Regionen in unterschiedlichen Teilen der Welt heute stehen. Und diese unterscheiden sich durchaus von jenen, die vor 100 oder 200 Jahren einmal galten. Der etwas abgegriffene Slogan „global denken, lokal handeln“ wurde in Versailles mit neuen Inhalten gefüllt. Das Ergebnis war eine veritable Weltausstellung junger Architektur, bei der der Wettstreit um Energiebilanzen, ja überhaupt die Vergleichbarkeit der Häuser, eher in den Hintergrund rückte. Das ist durchaus positiv zu bewerten. Arbeiten müssen die Organisatoren jedoch noch an der Öffentlichkeitswirkung ihrer Veranstaltung: Versailles mag ein geschichtsträchtiger Ort sein, doch wer wirklich die Massen für das nachhaltige Bauen begeistern will, sollte für den nächsten Wettbewerb wieder - wie früher in Washington und Madrid - ein publikumswirksamer Standort in Innenstadtlage anstreben.