Kostengünstiger Holzbau
TUM-Campus von Dietrich Untertrifaller in München
TUM-Campus, © Aldo Amoretti
Im Schatten des weltberühmten Olympiadachs eröffneten Dietrich Untertrifaller gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten Balliana-Schubert am 16. Mai den TUM-Campus. Es ist das ambitionierteste Neubauprojekt der 50-jährigen Geschichte des Olympiaparks, der zum Unesco-Weltkulturerbe werden soll. Wie bei den Olympiabauten von 1972 spielt auch beim TUM-Campus das Dach die gestaltprägende Rolle der Architektur. Aber nicht als transparentes Zelt, sondern als 153 m langes Holzdach, das 18,3 m frei über die Tartanbahn auskragt.
© Aldo Amoretti
Das zweigeschossige Karree mit 42 000 m² Bruttogrundfläche ist einer der größten Holzbauten Europas. Es beinhaltet 14 Sporthallen, 12 Hörsäle, 15 Diagnoseräume, 5 Werkstätten eine Cafeteria und eine Bibliothek. Der Großteil der 300 Büros wird in einem zweiten Bauabschnitt bis voraussichtlich Herbst 2023 ergänzt.
„Der Campus der Technischen Universität München (TUM) wird in Zukunft nicht nur dem Leistungssport und der Sportlehrerausbildung zur Verfügung stehen. Viele unserer Sportwissenschaftler forschen auf den Gebieten Reha, Prävention und Gesundheitsförderung“ erklärt Till Lorenzen, Geschäftsführer der Fakultät der Sport-und Gesundheitswissenschaften der TUM. „Die Anlagen stehen aber nicht nur den 2000 Studierenden unserer Fakultät zur Verfügung. Jede Woche trainieren hier 9000 Studierende anderer Fachrichtungen im Rahmen des Hochschulsports an den Kletterwänden, in den Hallen oder den Freibereichen.“
Das Holzdach ist 153 m lang. © David Matthiessen
Klare Formensprache
Die Architekten Dietrich Untertrifaller konnten im Realisierungswettbewerb 2015 gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten Balliana-Schubert mit einem verblüffend einfachen Konzept überzeugen. Im Gegensatz zu Mitbewerbern, die sich gestalterisch an der Architektur des Olympiadaches orientierten oder den Großteil der Baumasse unter einem Grasdach vergruben, organisierten sie die komplexen Raumbeziehungen in einem klaren Karree, das wie ein Schiff auf der flachen Ebene der 20 ha großen neu gestalteten Freiflächen steht.
© Aldo Amoretti
© Aldo Amoretti
Raumorganisation
Durch die hügelige Topografie des Olympiaparks liegt die Hauptebene im ersten Obergeschoss: Eine breite Fußgängerbrücke verbindet das Wegenetz auf dem begrünten Damm vor dem Olympischen Dorf mit dem Bauwerk, wie ein Schiffssteg. Die Brücke führt schnurgerade in die lichtdurchflutete Rue Interieur, die auf 185 m Länge das kommunikative Rückgrat des Campus bildet. Vom Obergeschoss dieser zentralen Erschließungsachse hat man Einblick in die Sporthallen, von hier geht es in die Hörsäle und ganz am Ende in die Cafeteria, die nach außen einen Überblick über das Leichtathletikstadion bietet und nach innen in die Sporthallen. Im Erdgeschoss sind in der Mittelachse die Umkleideräume zentral organisiert, von denen man ebenerdig die Hallen und Freibereiche erreicht. Im zweiten Bauabschnitt werden zu beiden Seiten der Rue Interiuer Büroriegel ergänzt, zwischen denen begrünte Innenhöfe noch mehr Tageslicht, Ausblicke ins Grüne aber auch für die erforderlichen Fluchtwege ins Freie sorgen. Der TUM-Campus ersetzt die Sporthallen aus tragendem Cortenstahl von 1972, die wegen Baufälligkeit abgerissen werden müssen und ergänzt die Anlage um Hörsäle und Diagnoseräume.
© David Matthiessen
Vom Entwurf zur Realisierung
„Unser Entwurf wurde zur Realisierung ausgewählt, weil der Neubau errichtet werden konnte, während die bestehenden Sporthallen von 1972 noch genutzt werden konnten. Unsere braunen Holzfassaden fügen sich mit dem braun des Cortenstahls zu einer Einheit.“, erläutert Much Untertrifaller bei einer Besichtigung kurz vor der Eröffnung. „Außerdem war unser Entwurf bei weitem der kostengünstigste. Holz ist nachhaltig und war bisher auch kostengünstig, da es im Gegensatz zu Stahl nicht zusätzlich mit Brandschutzanstrichen geschützt werden muss.“ Die Kerne und einige Wände sind dennoch aus Sichtbeton: Als Auflager der 28 m langen Holzkastenelemente des auskragenden Vordachs und als Aussteifung bei Erdbeben.
Mehr dazu in Detail 5.2023 und in unserer Datenbank Detail Inspiration.
Architektur: ARGE Dietrich | Untertrifaller, Balliana Schubert Landschaftsarchitekten
Projektleitung: Heiner Walker, Peter Nußbaumer
Auftraggeber: Staatliches Bauamt München
Standort: Olympiapark, 80809 München (DE)
Tragwerksplanung: Merz Kley Partner
Haustechnik: Vasko+Partner
Elektroplanung: bbs-project
Thermische Simulation: Hausladen
Akustik: Obermeyer
Landschaftsarchitektur: Balliana Schubert
Bruttogrundfläche: 42 000 m²
Nettogrundfläche: 37 900 m²