Stadtreparatur in Paris von David Chipperfield Architects

Umbauen statt abreißen: Das neue Morland Mixité Capitale-Projekt von David Chipperfield Architects zeigt das urbanistische und architektonische Potenzial des ressourcenschonenden Bauens im Bestand auf. Das Ensemble der ehemaligen Préfecture de Paris am Boulevard Morland stammt aus den 1960er-Jahren und wurde über Jahrzehnte von der Pariser Stadtverwaltung genutzt. Der Gebäudekomplex im 4. Arrondissement bestand ursprünglich aus einem Hochhaus mit 16 Geschossen, das von zwei 9-stöckigen Gebäudeflügeln zum Boulevard Morland flankiert wurde. David Chipperfield Architects und der französische Projektentwickler Emerige gewannen den Wettbewerb für das Areal an der Seine im Rahmen der Initiative Réinventer Paris, mit dem Konzepte für insgesamt 23 Projekte in der Stadt ausgeschrieben wurden.

Erweitern, Instandsetzen, Neugestalten

Durch die Intervention der Architekten wurde der ehemals introvertierte Komplex im Zentrum von Paris zu einem lebendigen öffentlichen Raum mit dem Charakter eines Campus instandgesetzt, erweitert und umgestaltet. Zwei Neubauten am Ufer der Seine vermitteln zwischen der Maßstäblichkeit des Bestands und seiner Nachbarbauten. Durch die Ortbeton-Arkaden der angehobenen Neubauten entsteht auf Straßenniveau eine öffentliche Passage, die eine Verbindung vom Boulevard zum Ufer der Seine schafft. Gleichzeitig bilden die Neubauten gestalterisch einen Gegenpol zum strengen Fassadenraster des Bestands aus den 1960er-Jahren, der repariert und ersetzt wurde.

Mischnutzung

Das Ensemble wird vielfältig genutzt durch soziale und gehobene Wohneinheiten, ein Hotel und eine Jugendherberge. Außerdem finden Büros und Geschäfte, eine Galerie sowie eine Markthalle und einen Kindergarten in den Räumen Platz. Die beiden obersten Geschosse des sanierten Hochhauses sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Bar und ein Restaurant bieten weite Ausblicke über Paris. Eine begehbare Kunstinstallation von Ólafur Elíasson und Sebastian Behmann von Studio Other Spaces macht die Dachterrasse zu einem Ort der besonderen urbanen Erfahrung.

Biodiversität und Urban Gardening

Grüne Höfe und die Dachlandschaft dienen als Wasserreservoir. Sie nehmen Regenwasser auf, speichern es geben es bei Bedarf wieder ab. Die intensive Bepflanzung einschließlich des Urban Gardenings auf dem Dach mit vertikal angelegten Kulturen, die die Anbaufläche maximieren und den Wasserverbrauch minimieren, bindet Feinstaub und sorgt für Biodiversität. Das Grauwasser aus der Jugendherberge wird aufbereitet, gespeichert und als Gießwasser wiederverwendet.

Energiekreislauf

Heizung und Kühling sind im Sinne des Energiekreislaufs eingesetzt. Die verschiedenen Nutzungen profitieren auf der Basis des Wärmeaustauschs voneinander. So ermöglicht beispielsweise die Abwärme der Bürobereiche die Warmwasserversorgung im Hotel. Die Systeme sind über einen Wasserkreislauf mit Wärmepumpen verbunden. Der Gesamtenergieverbrauch liegt insgesamt 15 % unter dem vorgeschriebenen Grenzwert.

Mehr dazu in Detail 9.2023 und in unserer Datenbank Detail Inspiration. Ausführliche Dokumentationen zu Projekten von David Chipperfield Architects finden Sie in der Monographie „David Chipperfield Architects. Architektur und Baudetails“, 3. erweiterte Auflage, Edition DETAIL, München 2022.