Sensible Stadtreparatur
Suhrkamp-Verlagsgebäude von Bundschuh Architekten
Foto: Laurian Ghinitoiu
Katastrophale Wohnverhältnisse sorgten dafür, dass das gewachsene Berliner Scheunenviertel zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen wurde. Einer der ersten größten städtebaulichen Sanierungswettbewerbe sollte neue Impulse bringen. Die meisten der siegreichen Neubauten von Hans Poelzig überlebten den Zweiten Weltkrieg jedoch nicht. Bundschuh Architekten reaktivierten eine seither unbebaute Brachfläche mit einem dreiteiligen Gebäude, das sich unmittelbar auf den urbanen Kontext bezieht.
Öffentlicher Raum als Kontinuum
Anstatt einer Blockrandbebauung mit öffentlicher Straßen- und Schaufassade und einem deutlich kleinmaßstäblicheren Innenhof, interpretieren die Berliner Architekten den öffentlichen Raum als Kontinuum. Das neue Ensemble besteht aus drei rechtwinklig zueinander platzierten Baukörpern. Im Südwesten bleibt die Grundstücksfläche unbebaut. Der hier entstandene Platz ergänzt eine Abfolge öffentlicher Grünanlagen, die sich bis zum Rosa-Luxemburg-Platz zieht.
Behutsame Einbettung
Der schlanke siebengeschossige Büroflügel an der Torstraße dient als neues Verlagsgebäude für Suhrkamp. An der Linienstraße bildet das südöstlich gelegene sechsgeschossige Wohngebäude eine prägnante Platzbegrenzung. In Form, Proportion und Farbigkeit zitiert es den in unmittelbarer Nähe gelegenen Bühnenturm der Volksbühne. Im Erdgeschoss befindet sich ein Galerieraum. Der zweigeschossige Verbindungsbau mit Ladenflächen öffnet den benachbarten Innenhof zum städtischen Raum. Komplettiert wird die publikumsintensive Sockelzone mit einem ebenerdigen Restaurant im Suhrkamp-Gebäude.
Grandiose Ausblicke
Das Gebäude besteht aus einer tragenden Stahlbetonkonstruktion mit vorgeblendeter Aluminiumfassade. Im Norden zur Torstraße gibt sich das Verlagsgebäude noch verhältnismäßig geschlossen. Hier befinden sich die Räume der Lektoren, die nach konzentrierten Arbeitsbedingungen verlangen. Zum Platz hin öffnet sich der Baukörper hingegen mit Terrassen und großformatigen, raumhohen Fenstern, die das Stadtpanorama ganz nah an den Arbeitsplatz rücken. An der spitzwinklig zulaufenden Gebäudeecke Richtung Torstraße kragt das Gebäude bis zu 8 m aus. Auch hier eröffnen sich grandiose Blicke in den Stadtraum.
Identitätsstiftendes Design
Das Interior Design der Verlagsräume stammt vom Berliner Büro Kinzo. Für den riesigen Buchbestand entwickelten sie ein modulares Regalsystem, das sich beliebig anordnen und erweitern lässt und das nun raumhoch durch alle sechs Geschosse mäandert. Zusammen mit den farbigen Buchrücken des Suhrkamp-Verlags ergibt sich daraus ein flirrendes Gesamtbild, das die Identität des Verlags bis in den Stadtraum transportiert.
Weitere Informationen:
Design Team:
Giulia Albarello, Ignacio Bóscolo, Roger Bundschuh,James Crookston, Yannis Efstathiou, Emmanuel Hamelin, Wolfgang Mitterer, Philipp Ockert, Matthias Rothhaar, Eloïse Rudolph, Fabian Schwade, Florian Schwinger, Hannes Toepper, Thibault Trouvé, Harry Tweddell
Tragwerksplanung:
ifb Frohloff Staffa Kühl Ecker, ifb-berlin.de