Vor 100 Jahren prägten soziale und politische Debatten das Thema Wohnen. Parallel dazu revolutionierten Adolf Loos sowie Mies van der Rohe die traditionelle Raumordnung mit ihren innovativen Entwürfen: Erstmals wurde der Raum in seiner Dreidimensionalität wahrgenommen und das Konzept offener Grundrisse zum Thema gemacht. Dieser experimentelle Gestaltungswille setzte sich nach dem ersten Weltkrieg in der Einrichtungsbranche endgültig durch. Die avantgardistischen Strömungen etablierten nicht nur neuartige Materialien und technische Alltagsgeräte im Wohnbereich, sondern legten insbesondere den Grundstein für die Entwicklungen der 1960er- bis 1980er-Jahre.
Postmoderne und Ikea
Unter dem postmodernen Einfluss verlagerte sich die Tendenz zu radikalen Traditionsbrüchen und einzelnen Möbelstücken wurde ein besonderer Bedeutungs- und Symbolgehalt zugesprochen. In den 1960er-Jahren setzte Andy Warhols Loft-Living den absoluten Trend. Diese Art zu wohnen und zu arbeiten galt als hip für die Aussteiger aus dem bürgerlichen Spießeralltag. Das gilt auch für den Hexacube von Georges Candilis und Anja Blomstedt von 1972, eine Art Kunststoff-Wabe, die sich je nach Bedarf erweitern lässt. Die größte Trendwende in der Möbelbranche brachten wohl die ersten Ikea-Kaufhäuser in den 1970er-Jahren. Gegründet 1947 als kleines Versandhaus, definierte der schwedische Einrichtungskonzern das Verständnis des Wohnraums neu und wandelte das Mobiliar zum kurzlebigen Konsumgut. Unter dem ständigen Einfluss sozialer Plattformen wie Airbnb, Instagram oder Pinterest werden wir zum ständigen Tapetenwechsel innerhalb der eigenen vier Wände verführt oder vielmehr aufgefordert. So ist die Kommerzialisierung des Wohnraums zur neuen Herausforderung der Raumgestaltung geworden und zudem wird diese künftig von immer kleineren Grundrissen und dem steigenden Anspruch an Funktionalität gefordert werden. Schlussendlich stellt uns der Rückblick in die Geschichte des Interior Designs vor die Frage „Wie wollen wir wohnen?“