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Low-Tech, High-Tech, Öko-Tech
High-Tech trifft Ökologie: In den ausgehenden 90er-Jahren wurde der Grundstein für das heutige, energieeffiziente Bauen gelegt. Teil 8 unserer Jubiläumsserie befasst sich mit einer Zeit, als Nachhaltigkeit zum Verkaufsargument wurde und energetische Überlegungen begannen, auch die Mainstream-Architektur formal zu prägen.
Es war die Dekade, in der die Renommierarchitekten die Ökologie entdeckten: Renzo Piano, Norman Foster und Richard Rogers, später auch jüngere Kollegen wie Christoph Ingenhoven und Matthias Sauerbruch, entwickelten gemeinsam mit Ingenieurbüros wie Arup, Buro Happold oder Transsolar zukunftsweisende Gebäudekonzepte und erschlossen sich so neue Marktpotenziale. Das solare Bauen begann, sich für die Investoren herauszuputzen. Seine Verschmelzung mit der High-Tech-Architektur britischer Provenienz sicherte ihr erstmals auch mediale Resonanz außerhalb interessierter Fachkreise. Ökologie müsse von ihrer Verzichtsästhetik befreit werden, lautete das seinerzeit geprägte und bis heute immer wiederholte Mantra.
Das öffentliche Interesse befeuerte wiederum Innovationskraft und Experimentierfreude: Gerade für die ökologischen Vorzeigebauten entstanden immer ausgefeiltere – und manchmal überkomplexe - Systeme zur Verschattung und Lichtlenkung, Belüftung und Kühlung. In Einzelfällen konnten diese die Ästhetik eines Gebäudes oder einer Fassade prägen wie die Lichtlenkschaufeln an Thomas Herzogs Bürobau für die SOKA-BAU (Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe) in Wiesbaden oder die Venturi-Flügel am Dachrand seiner Messehalle in Hannover. Generell jedoch setzte sich eine Tendenz zur Miniaturisierung durch – auch im Werk von Herzog: Für die das tonnenförmige Glasdach des Design-Centers in Linz entwickelte er gemeinsam mit Christian Bartenbach eine Verglasung mit integriertem Lichtlenkraster, das das indirekte Nordlicht in die Halle lässt, das direkte Sonnenlicht aus Süden jedoch reflektiert.
Ende der 90er-Jahre erhielt Deutschland schließlich mit dem von Norman Foster umgebauten Reichstag seinen solaren Symbolbau. Diese Rezeption des Gebäudes verwundert im Rückblick etwas: Fosters Glaskuppel erfüllt zwar eine wichtige Funktion für Belichtung und Entlüftung des darunter liegenden Plenarsaals. Für die Energieversorgung des Gebäudes spielt die direkte Solarenergienutzung dagegen nur eine untergeordnete Rolle: Eine 300 m2 große Photovoltaikanlage deckt gerade eben den Bedarf für die Antriebe der Lüftungstechnik und des verstellbaren Sonnenschutzes in der Glaskuppel. Der weitaus größte Teil der Nutzwärme und –kälte sowie des im Gebäude verbrauchten Stroms stammt dagegen aus einem mit Biodiesel betriebenen Blockheizkraftwerk.
Dabei stand Mitte der 90er-Jahre bereits fast das gesamte auch heute bekannte Arsenal der gebäudeintegrierten Photovoltaik zumindest als Prototypen zur Verfügung: rahmenlose fassadenintegrierte PV-Module, bewegliche Verschattungselemente mit Photovoltaik, Solardachziegel, in Verbundglas integrierte Solarzellen und Zellen in unterschiedlichen Farben wie Gold oder Purpur. Wenig später folgten die ersten mit Solarzellen versehenen, flexiblen Dachbahnen.
Die Technikbegeisterung der 90er-Jahre hatte jedoch auch eine Kehrseite: Anlagenkonzepte wurden so komplex, dass kaum jemand ihre Funktionsfähigkeit nachvollziehen konnte. Mess- und Monitoringprogramme waren noch nicht üblich, so dass Energieeffizienz zu einem gern gebrauchten, aber letztlich nicht überprüfbaren Versprechen bei der Immobilienvermarktung wurde. Nachrichten von technisch hochgerüsteten, aber dysfunktionalen „Glashäusern“ mit desaströsem Innenraumklima machten zwar schon bald die Runde, konnten jedoch erst Jahre später durch Messungen wissenschaftlich untermauert werden.
Die Technikbegeisterung der 90er-Jahre hatte jedoch auch eine Kehrseite: Anlagenkonzepte wurden so komplex, dass kaum jemand ihre Funktionsfähigkeit nachvollziehen konnte. Mess- und Monitoringprogramme waren noch nicht üblich, so dass Energieeffizienz zu einem gern gebrauchten, aber letztlich nicht überprüfbaren Versprechen bei der Immobilienvermarktung wurde. Nachrichten von technisch hochgerüsteten, aber dysfunktionalen „Glashäusern“ mit desaströsem Innenraumklima machten zwar schon bald die Runde, konnten jedoch erst Jahre später durch Messungen wissenschaftlich untermauert werden.
Die Internationale Bauausstellung Emscher-Park (1989-1999) befasste sich zwar vorrangig mit dem Strukturwandel des Ruhrgebiets und mit dem Erhalt von dessen industrie-kulturellem Erbe, brachte jedoch auch einige Pilotprojekte in Sachen Energieeffizienz hervor. Symbolwert erhielt vor allem ein Gebäude, das als späte, extreme Blüte der Glashaus- und Wintergartenarchitektur gesehen werden kann: die Akademie Mont-Cenis in Herne, geplant von Jourda Architectes mit Hegger, Hegger & Schleiff als Projektpartnern.
Mit der auf einem ehemaligen Zechengelände gelegenen Neubau wurde – gleichsam im Miniaturformat - eine städtebauliche Vision verwirklicht, die Entwerfer wie Buckminster Fuller und Frei Otto schon Jahrzehnte zuvor gehabt hatten: die Stadt unter Glas, hier reduziert auf ein Stadtteilzentrum mit Bibliothek, Verwaltung, Hotel, Wohnungen und einer Fortbildungsakademie des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Das Gebäude ist nach dem „Haus-im-Haus“-Prinzip konzipiert, mit einer äußeren, einfach verglasten Hülle, gehalten von einem Holztragwerk, und innen frei eingestellten, wärmegedämmten „Häusern“, die im Gegenzug keinen eigenen Wetterschutz benötigten.
Im insgesamt 12 600 Quadratmeter großen Dach wurde die mit 9300 Quadratmetern seinerzeit weltgrößte gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage installiert. Mit rund 750 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr liefert sie mehr als den doppelten (rechnerischen) Stromverbrauch des Gebäudes. Ein zusätzliches Blockheizkraftwerk verbrennt das auf dem ehemaligen Zechengelände auftretende Grubengas verbrennt, um Heizwärme für das Gebäude selbst und ein lokales Nahwärmenetz sowie weitere 9000 Megawattstunden Strom pro Jahr zu erzeugen.
Bekannt wurde Mont-Cenis seinerzeit vor allem durch die enge Symbiose aus Architektur und Photovoltaik: Die Solarzellen sind in das Verbundsicherheitsglas des Daches einlaminiert und dienen zugleich als Sonnenschutz für das Innere der Glashalle. Ihre Belegungsdichte variiert zwischen 58% und 86% der Glasfläche. Dennoch erwies sich der sommerliche Überhitzungssschutz für die Halle und die darin eingestellten Gebäude als Herausforderung: Die typischen, mittels thermischer Simulationen errechneten Innentemperaturen in der Halle betragen im Sommer 28°C. Die Gebäude selbst werden über Erdkanäle mit Zuluft versorgt und sind mit einer Belüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet, um eine Überhitzung zu vermeiden.