Bauen ohne Terminplan
Lernhaus im Freilandmuseum von Max Otto Zitzelsberger
Derzeit ist die Holzkonstruktion des künftigen Bildungszentrums noch nackt und unverkleidet. Dennoch wird das Haus im Sommer schon genutzt. © Sebastian Schels
„Ein lehrendes und lernendes Haus, das schon fertig ist, aber noch fertiger wird“: So beschreibt Max Otto Zitzelsberger, Juniorprofessor an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Hochschule (RPTU) Kaiserslautern-Landau, den Holzbau, den er und sein Team gerade im oberpfälzischen Nabburg-Neusath realisieren. Auftraggeber ist das dortige Freilandmuseum, dessen angestellte Handwerkerinnen das Gebäude auch gemeinsam mit den Studierenden der RPTU verwirklichen.
Minimaler Betoneinsatz: Nur auf wenigen Fundamenten erhebt sich der Neubau knie- bis hüfthoch über den Erdboden. © Sebastian Schels
Neuinterpretation eines Bauernhauses
Das Gebäude ersetzt das abgebrannte Wohnhaus eines historischen Vierseithofs auf dem Museumsgelände. Seine Kubatur ähnelt dem des Vorgängerbaus mit seinen laut Max Otto Zitzelsberger „verschrobenen Annexen“ und ist doch in vielerlei Hinsicht der Gegenentwurf dazu.
Das Wohnhaus war aus schwerem Stein und Ziegeln erbaut und hatte sich über die Jahrhunderte immer wieder verändert. Der Neubau dagegen ist ein leichter Holzbau, auf Punktfundamente aus Beton aufgeständert und erscheint trotz seiner komplexen Gesamtform aus einem Guss.
Eine temporäre Fassadenhaut schützt die Wetterseite des Gebäudes vor Wind und Regen. © Sebastian Schels
Die Wiederentdeckung der Langsamkeit
An dem Gebäude soll aber nicht nur gebaut, sondern auch geforscht werden. Die Schwerpunkte, die Max Otto Zitzelsberger und sein Team dabei setzen, sind regionale Materialkreisläufe, Materialreduktion von Holz und Beton, aber auch die Gestaltung von Planungs- und Bauprozessen und die Entdeckung der Langsamkeit als Prinzip der Kostenreduktion und Qualitätssteigerung. Überdies sollen die Studierenden hier erste, für den späteren Beruf unverzichtbare Baupraxis lernen.
Die verwinkelten Anbauten sind der Kubatur des Vorgängergebäudes nachempfunden. © Sebastian Schels
Ein Seminargebäude für die Umweltbildung
Zitzelsberger bezeichnet das Haus denn auch als „Anti-Projekt“ zu vielem, was in der Baubranche derzeit üblich ist: zu den teuren Prestigebauten vieler Freilichtmuseen und zum ständigen Zeitdruck mit seinen negativen Auswirkungen auf Qualität und Kosten. Nach seiner Fertigstellung soll das Gebäude als Seminargebäude für das Umweltbildungszentrum des Freilandmuseums dienen. Das Raumprogramm steht bereits fest: je zwei Seminar-, Schlaf- und Lagerräume. Die Fertigstellung ist voraussichtlich 2026.
Auch innen liegt die Holzkonstruktion offen. © Sebastian Schels
Der Innenausbau soll voraussichtlich erst 2026 hinzukommen. © Sebastian Schels
Fassade aus Betonschindeln
Vieles andere ist jedoch noch offen, etwa die Detaillierung der Fassade. Sie soll aus großen, von den Studierenden handgefertigten Betonschindeln bestehen. Weil es bis zu ihrer Montage aber noch dauern wird, haben Zitzelsberger und sein Team eine temporäre Fassade entwickelt, die das Haus an den Wetterseiten schützt. Im vergangenen Sommer fanden dort auch bereits erste Seminare statt. Momentan entwickelt das Team überdies ein einfaches klimatisches Konzept, wie sich das ungedämmte Haus auch während der Übergangszeiten nutzen lässt.
Architektur: Max Otto Zitzelsberger, RPTU Kaiserslautern
Bauherr: Freilandmuseum des Bezirks Oberpfalz
Standort: Neusath 200, 92507 Nabburg-Neusath (DE)
Mitarbeit: Eugen Happacher, Jonas Maczioschek
Tragwerksplanung: Merz Kley Partner