13.01.2025 Jakob Schoof

Künstliche Intelligenz braucht Qualitätssicherung

Andreas Dieckmann © Katja Strempel

Welche Chancen bietet Künstliche Intelligenz in der Architektur? In unserer Ausgabe 1/2.2025 teilen 20 Expert:innen ihre Ansichten. Andreas Dieckmann (GMP) betont: KI braucht menschliche Kontrolle.


Wo nutzen Sie bereits Künstliche Intelligenz (KI) in Ihrer Arbeit und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Für einige Planungsteams sind in der frühen Entwurfsphase mittlerweile Text-zu-Bild-Generatoren ein spannendes zusätzliches Werkzeug geworden, etwa um Handskizzen in Renderings zu verwandeln, bestehende einfache Renderings (etwa aus Enscape) zu verbessern oder natürlich auch Bildvarianten etwa von Innenräumen (Materialbemusterung) oder Fassaden (Paneling) zu erzeugen. Hier verwenden wir eine On-Premise-Lösung also eine im eigenen Netzwerk installierte und isolierte KI, die auch das Trainieren mit eigenen Daten (etwa Projektfotos und -renderings) erlaubt, ohne dass die Software „nach Hause telefoniert“. Für eine erfolgreiche Nutzung solcher Tools ist eine eingehende Schulung der Mitarbeitenden für das Prompting der Text-zu-Bild-Generatoren notwendig, dann entstehen aber brauchbare Ergebnisse.

Darüber hinaus nutzen wir im Vorentwurf auch Software mit KI-Komponenten für Anwendungen wie etwa das Optioneering (also das schnelle Entwickeln zahlreicher Entwurfsvarianten) von Volumenstudien und die Analyse von Umweltfaktoren. Der Vorteil solcher integrierten Lösungen besteht darin, dass solche Werkzeuge durch die Einbettung in die Benutzeroberfläche der Software niedrigschwelliger in der Bedienung sind (Optioneering) oder gar automatisch im Hintergrund wirken (Analyse).

Ein weiterer Bereich, wo wir KI einsetzen, ist die interne Softwareentwicklung. Die Ergebnisse sind hier eher gemischt und müssen grundsätzlich immer skeptisch geprüft werden. Insgesamt ist unsere Wahrnehmung in diesem Bereich, dass die LLMs (Large Language Models) hier bessere Ergebnisse etwa beim Erklären von Software-/Programmierkonzepten liefern als beim Erzeugen von direkt nutzbaren Codes. Auch in weiteren Bereichen wie etwa der Baustellenüberwachung oder dem Erzeugen oder Überarbeiten von Texten erproben wir Software mit KI-Komponenten. Hier ist es aber noch zu früh, um über Erfahrungen zu sprechen.

Wo hat die Nutzung von KI ihre Grenzen und welche Risiken birgt sie?

Das größte Risiko beim Einsatz von KI ist die Blauäugigkeit der Nutzenden. KI-Produkte sind aktuell größtenteils Cloud-basiert. Je nach Anwendung ist es aber aus Nutzersicht nicht wünschenswert, dass proprietäre Daten extern weiterverarbeitet oder gar zum Training von KIs außerhalb des Unternehmens verwendet werden. Dabei kann es sich zum einen um sensible Geschäftsdaten (etwa Vertragsdokumente), zum anderen um geistiges Eigentum (Architekturfotografien, Renderings, Pläne) handeln. Im Sinne des Datenschutzes, der Datensicherheit und des Schutzes des geistigen Eigentums gilt es vor der Nutzung von KI-Produkten die Lizenzbestimmungen der Software genau zu prüfen und gegebenenfalls auch auf die Nutzung eines Produktes zu verzichten.

Der Output von KIs sollte hinsichtlich seiner Qualität nicht überschätzt werden. In seiner Verlässlichkeit und Präzision erreicht er in den meisten Fällen nicht das Wissen erfahrener Expertinnen. Hinsichtlich der Verlässlichkeit existieren etliche Beispiele für das sogenannte Halluzinieren von KIs, wo Ergebnisse erzeugt werden, die einer faktischen Betrachtungsweise nicht standhalten. Das bedeutet, dass jegliche KI-Arbeitsergebnisse zusätzliche Qualitätssicherungsprozesse durchlaufen sollten: Sie sind kritisch und wachen Auges von erfahrenen Planerinnen zu prüfen und zu bewerten. KIs sind somit (zumindest aus unserer aktuellen Erfahrung) eher für Arbeiten geeignet, die ohnehin noch eine interne Sichtung und Bewertung nach sich ziehen würden. Für alles andere sehen wir nach wie vor die (von Menschen programmierte) regelbasierte Automatisierung als weitaus verlässlicheres Werkzeug an.

Wie wird die KI Planungs- und Bauprozesse in den nächsten zehn Jahren verändern?

Sicherlich weniger als der aktuelle Hype vermuten lässt. Wir kommen langsam auf dem Gipfel des Hype Cycle an, so dass die Erwartungen an den Nutzen von KI zukünftig hoffentlich etwas realistischer ausfallen werden. Zudem ist unsere Branche nicht gerade für ihre Innovationsfreude bekannt, wenn man sich etwa anschaut, wie lange es gedauert hat, bis sich BIM als Planungsmethode durchzusetzen begann.

Größere Planungsbüros und Bauunternehmen werden vermutlich On-Premise-KI-Modelle für eigene spezifische Anwendungen einsetzen, etwa generative KI (also KI, die etwa Texte, Bilder oder gar Gebäudemodelle erzeugt) und prädiktive KI (KI, die auf Basis statistischer Modelle Rückschlüsse aus historischen Daten zieht). Das Gros der Planungsbüros wird mit KI aber eher durch die Nutzung von Softwareprodukten in Berührung kommen. Zum einen werden dies neue Produkte sein, die in ihrem Kern KI-Software sind (z.B. Finch). Zum anderen werden wir aber auch die punktuelle Integration von KI in bestehende Software sehen – da wo es Sinn macht (Autodesk Forma ist dafür bereits jetzt ein gutes Beispiel mit der Nutzung von KI zur Beschleunigung von – vorläufigen – Analyseergebnissen). Größte Profiteure von KI könnten zumindest kurzfristig diejenigen sein, die entweder nicht auf ein hohes Maß an Präzision und Planungstiefe angewiesen sind (etwa im Bereich der Projektentwicklung) oder typologisch stark spezialisiert sind (zum Beispiel Planungsbüros mit einem klaren Fokus auf Wohnungsbauprojekte).

Welche Weiterentwicklung der KI wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir wünschen uns smarte Assistenzsysteme, die in die jeweiligen Softwareprodukte integriert sind. Diese Systeme würden die Softwarearchitektur ihres jeweiligen Hostsystems verstehen und könnten mit natürlicher Sprache bedient werden. Sie würden tool- und workflowbezogene Fragen verlässlich beantworten können, ihre Sprachmodellen müssten sich aber zusätzlich auch mit unternehmensspezifischen Standards und Workflows trainieren lassen. Idealerweise würden sie auch die Architektur ihres Hostsystems so tief verstehen, dass sich mit ihrer Hilfe einfache Aufgaben nach klaren Anweisungen verlässlich automatisieren ließen. Insbesondere für generative KIs ist das einfache Trainieren mit eigenen Daten im eigenen Netzwerk extrem wichtig, so wie es bereits für Text-zu-Bild Generatoren möglich ist. Zum einen würde so eine breitere Nutzung solcher Werkzeuge überhaupt erst möglich. Zum anderen könnte so auch ein Qualitätsgewinn erzielt werden, indem gefahrlos der eigene Projektfundus zum Training eingesetzt werden kann und so ein zu generischer Output von Ergebnissen vermieden wird.


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