16.05.2023 Pia Thedens

Im Labor der Zukunft

18. Internationale Architekturbiennale in Venedig, © Andrea Avezzu - Courtesy La Biennale di Venezia

Diesen Samstag wird in Venedig die 18. Internationale Architekturbiennale eröffnet. Bis Ende November zeigt die weltgrößte Ausstellung der Branche aktuelle Strömungen von Architektur und Stadtentwicklung an den verschiedenen Biennale-Arealen in Giardini, Arsenale sowie in Forte Marghera. Unter dem Titel „Das Laboratorium der Zukunft“ präsentieren ausgewählte Architekturbüros und Länderpavillons Projekte und Denkansätze, die in diesem Jahr die Themen Dekolonisierung und Dekarbonisierung reflektieren. 

Kuratorin Lesley Lokko und Präsident der Biennale Roberto Cicutto, © Andrea Avezzu - Courtesy La Biennale di Venezia

Perspektivwechsel 

Das kuratorische Konzept entwickelte Lesley Lokko. Die ghanaisch-schottische Architektin hat sich jahrelange mit kulturellen, ethnischen sowie genderspezifischen Aspekten in Beziehungen zwischen Mensch, Kultur und Raum auseinandergesetzt. Mit „The Laboratory of the Future“ legt Lokko den Fokus der Architekturausstellung auf ihren Herkunftskontinent Afrika. 

Zukunftslabor 

Durch die intensive Auseinandersetzung mit Afrika fällt das Rampenlicht der diesjährigen Biennale erstmals auf den Kontinent und die afrikanische Diaspora, die zwar weltweit vertreten ist, bisher aber wenig Mitspracherecht im westlich dominierten Dialog hatte. Die Biennale soll zur Unterbreitung ehrgeiziger und kreativer Ideen beitragen, und einen Blick in eine gemeinsame und gerechte Zukunft wagen. 

Stadtentwicklungsprojekt in Ebrah, Koffi & Diabaté Architecture, © Eric Koffi - Courtesy of Koffi & Diabaté Architectes

Positive Entwicklungen 

Über die Hälfte der teilnehmenden Architekturschaffenden stammt aus Afrika oder der afrikanischen Diaspora. Das Geschlechterverhältnis ist gleichmäßig aufgeteilt, das Durchschnittsalter aller Teilnehmer liegt bei 43 Jahren. Erstmalig stammt fast die Hälfte der Teilnehmenden aus Einzel- oder Gruppenpraxen mit fünf oder weniger Personen. Schlechte Zeiten also für große Star-Architekturbüros. 

Walter Hood, Hood Design Studio, © Chris Derry - Courtesy of Chris Derry

Hauptausstellung 

Die Hauptausstellung im Zentralpavillon der Giardini präsentiert unter dem Titel „Force Majeure“ 16 teilnehmende Architekturbüros. Mit dabei sind unter anderem Adjave Associates, Kere Architecture und der Künstler Theaster Gates Studio aus den USA. Im Arsenale stellen unter dem Titel „Dangerous Liaisons“ 36 Architektinnen und Architekten hybride Konstellationen aus. 

Francis Kéré in der Schulbibliothek in Gando, Kéré Architecture, © Nataniel Sawadogo - Courtesy of Kéré Architecture

Länderpavillons 

Die 63 Länderpavillons legen ihren Schwerpunkt dieses Jahr weitgehend auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Einige Ausstellungen spezialisieren sich auf Themen wie Wasser, Nahrungsmittelproduktion, oder das Recht auf Wohnen. Mit „Everlasting Plastic“ beschäftigt sich der Pavillon der USA mit dem zirkulären Bauen. Der italienische Pavillon in Arsenale, „Spaziale: Jeder gehört zu jedem anderen“, wird von Fosbury Architecture kuratiert. 

Materialfragmente der Biennale Arte 2022, provisorisch gelagert im Portikus des Deutschen Pavillons, © Arch+ Summacumfemmer Büro Juliane Greb 

Deutscher Pavillon 

Der diesjährige deutsche Pavillon in Giardini wird dieses Jahr von Summacumfemmer, Ach+ und Büro Juliane Greb kuratiert. Mit dem Titel „Open for Maintenance – Wegen Umbau geöffnet” stehen die Reparatur, Instand(be)setzung und Pflege im Mittelpunkt. Die Ausstellung wurde fast ausschließlich aus wiederverwendetem Material der letzten Kunstbiennale realisiert, insgesamt 40 Länderpavillons haben dabei mitgeholfen. Statt einzelne Projekte auszustellen, soll der recycelte Pavillon selbst zum architektonischen Reparieren anregen. Im Sinne der sich verschärfenden Ressourcenfrage greift das deutsche Team mit dem Augenmerk auf die Dekarbonisierung einen wesentlichen Begriff des Zukunftslabors auf. 

Einlagerung gesammelter Spolien aus der Biennale Arte 2022 in den Deutschen Pavillon, © Arch+ Summacumfemmer Büro Juliane Greb
Spolien der Ausstellung „Queendom” des Israelischen Pavillons zur Biennale Arte 2022, © Arch+ Summacumfemmer Büro Juliane Greb
Open for Maintenance – Wegen Umbau geöffnet, © Arch+ Summacumfemmer Büro Juliane Greb

Ehrungen 

Ebenso wie die Eröffnungsfeier sind für Samstag, den 20. Mai auch die Preisverleihungen geplant. Der „Golden Lion“ wird von einer internationalen Jury unter dem Vorsitz des mailändischen Architekten und Kurators Ippolito Pestellini Laparell in den drei Kategorien bester nationaler Pavillon, bester Praktiker des Zukunftslabors und vielversprechendster junger Praktiker des Zukunftslabors vergeben. Außerdem werden ein nationaler Pavillon und zwei Praktiker mit einer Anerkennung ausgezeichnet. 

Begleitprogramm der Architekturbiennale 2023, © Courtesy of La Biennale di Venezia

Raum für Kommunikation 

Ein Begleitprogramm aus kollateralen Veranstaltungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Filmen und Performances charakterisiert die Vielfältigkeit der diesjährigen Biennale. Der sogenannte Karneval dient als Raum für Kommunikation, in dem verschiedene Perspektiven und Meinungen aufgenommen und behandeln werden. Indem interessierte Besucher sich die Bühne mit Architekten, Akademikern und Studenten teilen, soll die Kluft zwischen der Architektur und der Öffentlichkeit verringert werden.  
 
Wir berichten von der Eröffnung auf Instagram: @detailmagazine 


Veranstaltung: Biennale Architetture 2023 – The Laboratory of the Future 
Ausstellungsort: Venedig (IT) 


Ausstellungsdauer: 20. Mai bis 26. November 2023 
Pre-opening: 18. und 19. Mai 2023 

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