Ilot Queyries in Bordeaux von MVRDV und Flint

In Bordeaux haben MVRDV zusammen mit den ortsansässigen Flint Architekten im vergangenen Herbst den Wohnkomplex Ilot Queyries fertig gestellt. Der riesige, skulpturale Baukörper befindet sich auf einem rund 23 000 m² großen Gelände östlich des Flusses Garonne und direkt gegenüber dem von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten historischen Stadtzentrum. Ilot Queyries hat 308 Wohnungen, 163 davon sind Sozialwohnungen. Der Komplex umschließt einen 5200 m² großen, fast 200 m langen grünen Innenhof, der ein Stockwerk über dem Straßenniveau liegt und die Parkplätze praktischerweise unter sich verschwinden lässt. Der Hof ist öffentlich zugänglich.

Der Neubau reagiert an allen Seiten auf seine Umgebung: Im Südosten nimmt er mit eingeschossigen Abschnitten Bezug auf die niedrigere Nachbarschaft, während er im Nordosten, zum Fluss hin, bis zu neun Stockwerke hoch wird. Am höchsten Punkt befindet sich ein Restaurant, dessen großzügig verglastes Dach den Blick auf den Fluss und das historische Zentrum von Bordeaux freigibt. Ringsum sind die Fassaden zur Straße hin niedriger als die zum zentralen Innenhof. Die Dachneigungen variieren je nach Sonneneinstrahlung zwischen 14 und 45 Grad. Gleichzeitig schaffen sie einzigartige Innenräume und individuelle Wohnungen für verschiedene Bewohnertypen.

Weiss-roter Hybrid

Straßenseitig ist die etwa 10 000 m² große, cremefarbene keramische Gebäudehülle ein Hingucker. Unterschiedlich profilierte Fliesen gehen von den Fassadenflächen fließend auf die Dächer über. Sie stehen im direkten Kontrast zum leuchtend roten Strukturputz der zum Innenhof gelegenen Fassaden. Die hellen Fliesen verleihen dem Gebäude ein hohes Rückstrahlungsvermögen, das zum Vermeiden des städtischen Wärme-Insel-Effekts beitragen soll. Das Material ist mit antibakterieller Hytect-Technologie und Self-Washing-Effekt ausgestattet und trägt durch den Abbau von Schadstoffen wie Stickoxiden laut Hersteller sogar zur Verbesserung der Luftqualität bei.

Testlauf für Bastide Niel

Das Projekt Ilot Queyries wurde von zwei Auftraggebern, Kaufman & Broad und ADIM initiiert. Es bildet eine Einheit mit drei kleineren angrenzenden Wohngebäuden von JA Joubert Architecture, dem Büro des ehemaligen MVRDV-Mitarbeiters Marc Joubert, und dem lokalen Büro Flint. Der Komplex grenzt an das Viertel Bastide Niel, das vorsichtig urbanisiert werden soll.

© Ossip van Duivenbode

Vor gut zehn Jahren haben MVRDV gemeinsam mit JA Joubert Architecture den Masterplan für das 35 ha große Gebiet entwickelt – mit Fokus auf eine nachhaltige, von Fußgängern und Radfahrern dominierte Umgebung mit engen Straßen und der Atmosphäre eines historischen und gleichzeitig zeitgenössischen Stadtteils. Möglichst viele der alten Lagerhäuser, Kasernen und Bahngleise sollen erhalten, wiederverwendet und um neue Elemente erweitert werden. Hier sollen einmal rund 3500 Familien leben, in einer lebendigen Umgebung mit Büros, Universitätsgebäuden, Geschäften und öffentlichen Gebäuden. Ilot Queyries ist quasi der Testlauf. Für MVRDV Gründungspartner Winny Maas entspricht der Komplex allen Leitlinien, die für Bastide Niel erstellt wurden.