Robotik
Häuser aus Kohlenstoff
© Frank Kaltenbach
Seinen ersten Auftritt hat das Gebäude aus Kohlenstoff- und Glasfaser erfolgreich hinter sich. Jetzt steht für den neuen Baustoff der Weg in die Praxis offen. Seit 2012 forschen das Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und das Institut für Tragwerksplanung und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart mit Tragwerken aus Verbundfaser-Kunststoffen. Mit dem Absolvieren aller erforderlichen Genehmigungsprozesse und der industriellen Produktion haben die Forscher nun den Schritt vom Forschungspavillon zum öffentlichen Gebäude geschafft.
© Frank Kaltenbach
Nicht zuletzt wegen diesem entscheidenden Entwicklungsschritt wurde der Buga-Faserpavillon jetzt mit dem Detail Hochschulpreis 2020 ausgezeichnet. Wo im Sommer 2019 die Bundesgartenschau Heilbronn stattfand, durchwühlen inzwischen die Bagger die gepflegten Parkanlagen, um die Baugruben für den nächsten Bauabschnitt der Wohnbebauung auszuheben. Die zwei spektakulären Demonstrationsbauten der Universität Stuttgart, der Buga-Holzpavillon und der Buga-Faserpavillion, scheinen damit ihren Dienst getan zu haben. Zumindest für den 400 m2 großen Faserpavillon mit 23 m Durchmesser ist ein zweites Leben sichergestellt. Die 60 individuellen Elemente werden auseinandergeschraubt und zur Bundesgartenschau 2023 in Mannheim erneut aufgestellt.
Bis dahin werden wohl auch zahlreiche neue Projekte mit der Wickeltechnik gebaut worden sein. Das Verfahren, das an der Universität Stuttgart entwickelt wurde und dessen Vielseitigkeit anhand zahlreicher unterschiedlichster Forschungspavillons getestet wurde, erlaubt individuelle Geometrien, ohne jeden Formenbau. Auch für den Buga-Faserpavillon haben das ICD und das ITKE den Maschinencode für die robotische Fertigung der Prototypen geschrieben. Die Realisierung hat dann aber der Industriepartner FibR GmbH übernommen.
© ICD/ITKE University of Stuttgart
Die Herstellung eines Bauteils lief auf der Industrieanlage mit eigenem Robotercode fünf Mal schneller als dies im Stadium der Prototypen an der Universität der Fall war. Diese Effizienzsteigerung im robotischen Fertigungsprozess ist ausschlaggebend dafür, dass nun diese Art der Fertigung wirtschaftlich angeboten werden kann und erst dadurch einer breiteren Anwendung im Bauwesen zugänglich ist.
© Frank Kaltenbach
© Frank Kaltenbach
Leistungsfähige Kohlefaser
Wie leistungsfähig Kohlefaser für Dachkonstruktionen sein kann, soll auch die weite Auskragung des Visitor Centers auf dem neuen Apple Campus in Cupertino von Foster + Partners vermitteln, das 2017 eröffnet wurde. Das benachbarte Steve Jobs-Theater, ebenfalls aus dem Jahr 2017, beansprucht für sich mit einem Durchmesser von 47,5 m und einem Gewicht von 67 t das größte Kohlefaserdach der Welt zu sein. Die Konstruktion wurde aus 44 Segmenten zusammengesetzt und an einem Stück auf die tragende Glasfassade aufgesetzt. Nähere Angaben zur Konstruktion sind von Bauherr und Architekten nicht zu bekommen.
© Frank Kaltenbach
Eine ausführliche Print-Dokumentation finden Sie in unserer Ausgabe DETAIL 1-2/2021 mit dem Themenschwerpunkt Dächer.
Bauherr: Bundesgartenschau Heilbronn
Entwurf und Planung: ICD/ITKE, Universität Stuttgart
Fertigung: FibR
Standort: Bundesgartenschau Heilbronn