29.09.2022 Jakob Schoof

Glas – ein Baustoff für die klimaneutrale Architektur?

Float © HGEsch

Lorem Ipsum: Zwischenüberschrift

Glas gilt als Inbegriff der Moderne und der Hightech-Architektur. Inwieweit sich das Material auch für das zukunftsfähige Bauen eignet, war Thema beim Kongress „Weitblick. Zukunftsfähige Architektur mit Glas“ im Rahmen der Messe Glasstec in Düsseldorf. Detail hat die Veranstaltung als Medienpartner begleitet.

©️ Glasstec

Lorem Ipsum: Zwischenüberschrift

Lässt sich transparente Architektur bauphysikalisch intelligent umsetzen? Diese Frage stand in den 90er-Jahren im Mittelpunkt der Arbeit des Büros Transsolar. In den Jahrzehnten zuvor hatten immer tiefere Bürogebäude mit verspiegelten Ganzglasfassaden die Welt erobert und sich einen zweifelhaften Ruf als Energieschleudern und Krankmacher erworben. Anhand einiger Projekte seines Büros und seines Lehrstuhls gab Thomas Auer, langjähriger Transsolar-Partner und Professor für klimagerechtes Bauen an der TU München, in seinem Auftaktvortrag den gedanklichen roten Faden für den Weitblick-Kongress vor.

Zwischen High-Tech und neuer Einfachheit

Mit dem Hochhaus für den Energieversorger Manitoba Hydro im kanadischen Winnipeg lieferten Transsolar und KPMB Architects 2009 die Gegenthese zu den Spiegelglas-Exzessen der 70er- und 80er-Jahre: Eine Doppelfassade mit öffenbaren Fenstern umhüllt den Verwaltungsbau, ein hoch über das Gebäude hinausragender Abluftkamin unterstützt die Entlüftung, in den leicht temperierten Wintergärten wird die Zukunft vorerwärmt. Auf dem Papier hatten die Planer alles richtig gemacht und das in Kanada erlaubte Maximum beim Energiebedarf um fast 2/3 unterschritten. Allerdings brauchte es zwei Jahre des Monitorings und intensiven Nachjustierens, bis die Realität den Rechenwerten entsprach. Anfangs übertraf der gemessene Energieverbrauch den Prognosen um 100%.
 „Entweder wir werden besser in der Qualitätssicherung, oder wir fangen an, robuster zu bauen“, resümierte Auer seine Erfahrungen nicht nur aus diesem Projekt. Wie robusteres – und einfacheres – Bauen funktionieren könnte, hat er gemeinsam mit seinem Professorenkollegen Florian Nagler vor zwei Jahren in Bad Aibling bei Rosenheim an drei Wohnhäusern erprobt: mit monolithischen Wand- und Deckenaufbauten, vergleichsweise kleinen Fenstern ohne zusätzliche Verschattung, hohen Räumen, mäßigen Dämmwerten und ohne Lüftungsanlagen. Die Auswertung läuft derzeit noch, erste Resultate sollen Auer zufolge jedoch vielversprechend sein.

©️ Jakob Schoof

Wieviel Technik darf es denn sein?

© Dies ist eine Bildunterschrift

Neue (Glas-)Strukturen im gewachsenen Kontext

Die Frage, wie sich Architektur im Zeitalter der Energie- und Ressourcenknappheit zwischen High-Tech und neuer Einfachheit positioniert, prägte auch die weiteren Diskussionen im Laufe des Kongresses. Der Cube Berlin etwa, den Torben Østergaard von 3XN Architects in seinem Vortrag vorstellte, fällt fraglos eher in die Rubrik Prestige-Architektur. Ursprünglich sollte der Bürobau am Berliner Hauptbahnhof die Unternehmenszentrale der Deutschen Bahn beherbergen, nach deren Rückzug planten die Architekten ihn dann zu einer Mietimmobilie um. Dabei schnitten und falteten sie die im Bebauungsplan vorgegebene, exakte Würfelform so zurecht, dass auf jeder Ebene ein Außenbalkon entstand. Welch faszinierende Ästhetik Glashüllen an Gebäuden auch im gewachsenen Kontext entfalten können, unterstrich Štěpán Valouch vom tschechischen Büro ov architekti in seinem Vortrag. Die Architekten umhüllten ihren Neubau eines Showrooms für den Leuchtenhersteller Lasvit mit großformatigen Glasschindeln, deren Struktur an die im Norden Böhmens omnipräsenten Schieferfassaden angelehnt ist. Die gläserne Hülle lag für den Neubau auch deswegen nahe, weil Lasvit und die gesamte Region im Norden Böhmens über eine jahrhundertelange Tradition in der Herstellung des Werkstoffs besitzen.

cube berlin © Adam Mørk

Wieviel Technik darf es denn sein?

Voll verglast, zweischalig umhüllt und doch vergleichsweise unterkomplex ist demgegenüber die Mediathek, die der Pariser Architekt David Serero in Bayeux in der Normandie entworfen hat. Kurioserweise verschatten hier horizontale Metallstäbe die Nord-Nordwestfassade, während die voll verglaste Südfassade lediglich durch einen 4 m weiten Dachüberstand und innen liegende Rollos vor Sonneneinstrahlung geschützt wird. Dennoch kommt der dahinter liegende Lesesaal – wohl auch aufgrund des milden Meeresklimas – ohne sommerliche Kühlung aus. Sereros Erfahrung mit dem Gebäude: Wenn man den Nutzern die sinnvolle Bedienung der Verschattungselemente beibringt, sind sie die besten Garanten für das Funktionieren des Energiekonzepts.

Les 7 lieux © Serero Architectes
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Neue (Glas-)Strukturen im gewachsenen Kontext

Welch faszinierende Ästhetik Glashüllen an Gebäuden auch im gewachsenen Kontext entfalten können, unterstrich Štěpán Valouch vom tschechischen Büro ov architekti in seinem Vortrag. Die Architekten umhüllten ihren Neubau eines Showrooms für den Leuchtenhersteller Lasvit mit großformatigen Glasschindeln, deren Struktur an die im Norden Böhmens omnipräsenten Schieferfassaden angelehnt ist. Die gläserne Hülle lag für den Neubau auch deswegen nahe, weil Lasvit und die gesamte Region im Norden Böhmens über eine jahrhundertelange Tradition in der Herstellung des Werkstoffs besitzen.

Company Lasvit © Tomáš Souček, Magdaléna Havlová

Neue (Glas-)Strukturen im gewachsenen Kontext

Von strukturierte Glasfassaden im gewachsenen Kontext handelte auch der Vortrag von Ingemar Vollenweider. Sein Büro Jessenvollenweider hat 2021 das Amt für Umwelt und Energie in Basel fertiggestellt. Für den Neubau am Altstadtrand hatte sich der Bauherr den Schweizer Plusenergiestandard Minergie-A gewünscht, was eine großflächige Photovoltaikfassade unumgänglich machte. In zehn Jahren Planungs- und Bauzeit – bedingt auch durch ein Bürgerbegehren gegen den Neubau – hat sich die Technologie der Solarenergieerzeugung und mit ihr die Ästhetik der Fassade spürbar verändert. Die Wahl fiel letztlich auf hocheffiziente monokristalline PERC-Solarzellen, die die Architekten mit einem strukturierten Deckglas und einlaminierten, metallischen Punkten aus Titannitrid „sublimierten“, so Vollenweider. Nach seiner Darstellung lag die Solarfassade – sehr im Gegensatz zu dem dahinter liegenden Holzbau – „voll im Budget“ und ihr Energieertrag im ersten Betriebsjahr sogar 20% über den Prognosen. Dennoch forderte die Planung der Solarfassade den Architekten viel Geduld und Mühe ab. Ob sein Neubau daher als Modell für andere Gebäude taugt? Hier ist sich Vollenweider selbst unsicher. Für reichlich Diskussionen und Zuspruch beim Weitblick-Kongress sorgte das Projekt allemal.

Amt für Umwelt und Energie, © Philip Heckhausen

Vom Güterbahnhof zum Aushängeschild für klimaneutrales Bauen

„The city where it never rains“ lautet der Slogan der Gare Maritime in Brüssel, einer zum Bürogebäude und Eventlocation umgebauten ehemaligen Güterbahnhofshalle aus dem 19. Jahrhundert. Dieter de Vos von Neutelings Riedijk Architecten stellte das Bauwerk beim Weitblick-Kongress vor. Wo früher Lastwagen beladen wurden, ist ein baumbestandener Boulevard entstanden und anstelle der Bahngleise zwölf mehrgeschossige Büropavillons in Holzbauweise als Haus-im-Haus-Konstruktion. Über alledem spannt sich das neu eingedeckte und verglaste Hallendach mit seinen eisernen Bogenbindern. Es bot reichlich Fläche für Photovoltaikmodule; gleichzeitig ist die Halle außerhalb der Büropavillons unbeheizt, sodass die Gare Maritime im Ganzen ebenfalls als Plusenergiegebäude ausgelegt ist. Glastechnische Besonderheiten sind hier insbesondere die stirnseitigen Fassaden der Halle mit ihren integrierten Solarzellen und die elektrochrom „schaltbare“ Fassadenverglasung der Büros im 3. und 4. Obergeschoss. Sie machte einen außen liegenden Sonnenschutz entbehrlich.

Gare Maritime in Brussels © Filip Dujardin

50 Jahre im Dienst konstruktiver Klarheit

Einen Streifzug durch 50 Jahre Bauen mit Glas unternahmen zum Abschluss des Kongresses Carla Baumann und Bernard Plattner vom Büro Renzo Piano Building Workshop. Vom Centre Pompidou bis zum neuen Justizpalast in Paris, von den IBM-Pavillons der 80er-Jahre (wer erinnert sich noch an sie?) bis zur Academy of Motion Pictures in Los Angeles ließen sie zahlreiche Bauten des Büros Revue passieren und warfen auch einen Blick in die Zukunft: Derzeit arbeitet RPBW an einer Seilbahnstation auf der Aiguille des Blancs-Montets im französischen Argentières, 3300 m über dem Meer, die als Addition leichter, kubischer Holz-Stahlmodule mit einem Nebengebäude in Holz-Beton-Hybridbauweise errichtet werden soll.

©️ Michel Denancé
©️ Michel Denancé

Lorem Ipsum

Es wäre sicher vermessen zu erwarten, dass alle Bauten aus der 50-jährigen Bürogeschichte Antworten liefern auf die Herausforderungen der Ressourcenknappheit und des Klimawandels. Doch eines lehren sie uns heute noch: In der Architektur geht es stets darum, die Bauaufgaben der jeweiligen Zeit konstruktiv zu bewältigen und daraus, wenn erforderlich, neue gestalterische Prämissen abzuleiten. Das gilt selbst dann noch, wenn Energieffizienzzwang und Einspardruck dazu führen, dass „bei den Projektbesprechungen immer der Taschenrechner danebenliegt“, wie es Ingemar Vollenweider beim Weitblick-Kongress ausdrückte.


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