03.06.2009 Axel Dürheimer

Gibt es Steuerentlastungen und Kurzarbeit für Architekturbüros?

Was das Konjunkturpaket in Sachen konkreter Aufträge für Architekten und Planer bereithält und wie man als Büro davon profitiert, haben wir in den ersten Teilen der Serie „Die Krise als Chance“ gesehen. Nun geht es um den Architekten als Unternehmer. Bietet das Programm der Regierung auch Möglichkeiten Steuern oder Lohnkosten zu reduzieren?
Die klare Antwort: Ja, bietet es! So beinhaltet das Konjunkturpaket im Bereich der Steuern Änderungen bei Sonderabschreibungen und bei der Lohnsteuer. Und wenn es ganz schlimm kommt, kann der Büroinhaber Lohnkosten mit Hilfe der Kurzarbeit einsparen. Hier ergibt sich daneben die Möglichkeit, die Angestellten ohne große Aufwände weiter zu qualifizieren.

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Sonderabschreibungen 2009 und 2010
Mit dem Ziel, die Liquidität und Eigenkapitalbildung kleiner und mittlerer Unternehmen zu unterstützen und deren Investitionskraft zu stärken, hält das Konjunkturpaket II spezielle Sonderabschreibungen bereit. Laut Kay-Uwe Reuter, Steuerberater mit einem Schwerpunkt bei Freiberuflern, wurden dabei die Eingangsschwellen für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen für das Jahr 2009 und 2010 erhöht. Die Betriebsvermögensgrenze, die im Fall bilanzierender Gewerbetreibender maßgeblich ist, wurde von 235.000 Euro auf 335.000 Euro angehoben. Für Unternehmen, die keine Bilanz aufstellen, sondern das Verfahren der Einnahme-Überschuss-Rechnung nutzen – wie wohl bei den meisten kleinen Architekturbüros – ist der Gewinn maßgeblich. Die Gewinngrenze wurde hier um 100.000 Euro auf 200.000Euro erhöht.
Was sind eigentlich Sonderabschreibungen?
Als Sonderabschreibung werden diejenigen Abschreibungen bezeichnet, die zusätzlich zur Normalabschreibung bei einem Wirtschaftsgut beansprucht werden. Sie können in Höhe von 20 Prozent für ein Wirtschaftsgut in dem Jahr in Anspruch genommen werden, in dem es angeschafft wird. Alternativ kann die 20prozentige Abschreibung über einen Fünf-Jahreszeitraum verteilt werden. Neu ist, nach Angaben des Dachauer Steuerberaters Kay-Uwe Reuter, dass jetzt nicht nur die beweglichen neuen Güter sondern auch bewegliche gebrauchte Wirtschaftsgüter steuerlich begünstigt seien.
Reuter erklärt weiter, dass die Abschreibungen generell in 2009 steuerzahlerfreundlicher gestaltet wurden. „Beispielsweise wurde die degressive Abschreibung für 2009 und 2010 wieder eingeführt.“ Die Sonderabschreibung ist zusätzlich zur parallel eingeführten degressiven Abschreibung möglich. Das bedeutet, dass im ersten Jahr bis zu 45 Prozent abgeschrieben werden können. Hierdurch sollen die Unternehmen um rund 100 Millionen Euro pro Jahr entlastet werden.
Steuersenkungen auf Antrag
Mehr Netto vom Brutto: Arbeitnehmer profitierten im März erstmals von den Steuersenkungen, die im Rahmen des Konjunkturpakets II Ende Februar beschlossen wurden. Beschlossen wurde konkret, den Grundfreibetrag rückwirkend zum 1. Januar 2009 um 170 Euro auf 7834 Euro und ab 2010 auf 8004 Euro anzuheben. Bei den Angestellten von Firmen ging das meist automatisch über eine Aktualisierung der entsprechenden Lohnsoftware. Aber wie ist das bei Selbstständigen, also beispielsweise bei den Architekten?
Hier muss der Selbstständige wieder mal im wahrsten Sinne des Wortes selbst tätig werden, wenn er vor dem nächsten Jahr schon weniger Steuern zahlen will. Denn alle drei Monate – also im März, Juni, September und Dezember – werden in der Regel Vorauszahlungen an das Finanzamt geleistet. Diese Vorauszahlungen orientieren sich an der Höhe der Vorauszahlungen des Vorjahrs. Und nachdem es in 2009 die Steuersenkung noch nicht gab, sind die aktuellen Beträge eigentlich zu hoch. Um also schon jetzt mehr übrig zu haben, sollte man als Selbstständiger einen formlosen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlung beim zuständigen Finanzamt stellen.

Neben den steuerlichen Verbesserungen gibt das Konjunkturpaket auch kleinen Firmen, wie beispielsweise Architekturbüros, die Chance ein geringeres Arbeitsaufkommen mit Kurzarbeit aufzufangen. Ziel ist dabei, die Arbeitsplätze bis zum nächsten Aufschwung und darüber hinaus zu sichern.
Kurzarbeit im Architekturbüro?
Bei Kurzarbeit werden den Arbeitgebern in den Jahren 2009 und 2010 die Sozialbeiträge zur Hälfte von der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Die Unternehmer müssen das Kurzarbeitergeld aber natürlich bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen.
Nach Aussage von Adriana Galunic, Pressesprecherin der Bundesagentur für Arbeit, ist Kurzarbeit für kleinere Unternehmen wie beispielsweise Architekturbüros genauso möglich wie für Großunternehmen. „Erfüllt sein müssen dabei die Voraussetzungen, wie zum Beispiel, dass das Unternehmen von einem erheblichen Arbeitsausfall betroffen sein muss, der wirtschaftlich bedingt ist.“ Weitere Vorraussetzung ist die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls. Sprich: Es müssen beispielsweise die Arbeitszeitguthaben aufgebraucht worden sein. Außerdem darf der Arbeitsausfall nur vorübergehend und während der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes sein. Pro Arbeitnehmer in Kurzzeit muss dann mehr als 10 Prozent Entgeltausfall vorliegen. „Und das Unternehmen muss spätestens in dem Monat, in dem kurz gearbeitet werden soll, bei der zuständigen Arbeitsagentur die Kurzarbeit angezeigt haben“, ergänzte die Pressesprecherin.
Sehen Sie hier den Film zu den Voraussetzungen der Kurzarbeitregelung von der Bundesagentur für Arbeit

Zentrale der Bundesagentur für Arbeit

Weiterqualifizierung während der Kurzarbeit
Die arbeitsfreie Zeit während der Kurzarbeit kann für die weitere Qualifizierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genutzt werden. Die Pressesprecherin zeigt die Veränderungen auf: „Wir können jetzt auch für gering qualifizierte Kurzarbeiter die Weiterbildungskosten übernehmen. Außerdem wurde die ESF-Richtlinie erweitert, sodass jetzt auch Fachkräften und Akademikern – wie Architekten – diese Möglichkeit offen steht.“
Die Weiterbildung bringt Wettbewerbsvorteile und Innovationskraft für die Büros, ebenso Zusatzqualifikationen für die Arbeitnehmer. Die Agentur für Arbeit erstattet, je nach Art der Qualifizierung, der Betriebsgröße und der Person des Arbeitnehmers, 25 bis 80 Prozent der Lehrgangskosten. Vorausgesetzt der Bildungsträger, der die Weiterbildung anbietet, ist dafür zertifiziert.
Frau Galunic rät Arbeitgebern, die mit dem Gedanken spielen ihre Arbeitnehmer während Kurzarbeit weiterbilden zu lassen, dass sie sich mit der örtlichen Arbeitsagentur in Verbindung setzen. Ziel sei es individuelle Module herzustellen, die an die Arbeitszeit der jeweiligen Kurzarbeiter angepasst sein sollen. Dass dies tatsächlich so stattfindet, konnte DETAIL.de auch von Seiten der Bayerischen Architektenkammer erfahren. Hier lobte man die konstruktive Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur in Sachen Weiterbildung.

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