02.03.2022

Facid – die flexible Fassade

© Christian Eblenkamp

Jede Fassade lebt durch ihre Form, Materialität oder Farbigkeit und prägt den Ausdruck des Gebäudes und damit den Kontext, in dem das Bauwerk steht. Die Konstruktions- und Ausführungsmöglichkeiten von FACID erweitern das Spektrum der klassischen Materialien um neue ästhetische und technische Komponenten. Die Textilfassade schafft dank einer ausgereiften Systemtechnik einzigartige Gebäudehüllen. Dass dies auch für funktionale Bauwerke wie Parkhäuser eine interessante Alternative ist, zeigt sich seit 2019 auf dem Schüco Campus in Bielefeld.
 

Wie ein schimmernder Kokon legt sich das Gewebe um den schlichten Kubus. Eine Unterkonstruktion aus Stahl bzw. Aluminium bildet das Tragwerk der Struktur und gibt der Hülle ihre Form. Der schwebende Eindruck entsteht durch ein offenes Sockelgeschoss, über dem sich die sieben Obergeschosse zu einer Einheit fügen – von der homogenen flächigen Struktur mit einer vertikalen Ausrichtung bis zu den wellenförmigen Amplituden der Straßenansicht. Bei Tag sind die Parkdecks hell und lichtdurchflutet, profitieren von der Transparenz von innen nach außen und dem ungestörten Ausblick in die Umgebung, während sich der Eindruck bei Nacht dreht. Eine akzentuierte Beleuchtung auf der Fassade und eine bewegungsabhängige Innenbeleuchtung machen das Parkhaus in der Dunkelheit zu einer illuminierten Skulptur.


Die Konstruktion von textilen Fassaden ist nicht trivial. Den Möglichkeiten, zwei- und dreidimensional formbare Flächen als gestalterisches Element einzusetzen, steht die komplexe Berechnung der auftretenden Lasten, das Einbeziehen der Verformung in die Detailpunkte der Konstruktion bei gleichbleibender Vorspannung ohne Faltenwurf gegenüber. Die Besonderheit der FACID-Fassade liegt in der Umsetzung des 3D-Effekts in den Ansichten. Die Plastizität wird nicht über gekippte Flächen oder eine Faltung erzeugt, sondern über eine individuelle Verdrehung der Teilflächen, mit einem Wechsel der Hoch- und Tiefpunkte der Stahlknoten. Hierfür musste ein konstruktiver Weg für die Verformung und Lastabtragung der 165 Teilflächen, von denen sich nur wenige gleichen, gefunden werden. Je nach Position auf der Fassade wurden die Rahmen in unterschiedlichen Geometrien im Werk vorgefertigt, auf die Unterkonstruktion mit individuellen Abstandshaltern und Winkeln vor Ort aufgebracht und im Anschluss das Gewebe eingespannt. Das patentierte Spannsystem ermöglicht hierbei ein umlaufendes faltenfreies Spannen mittels Tuchhaltertechnik bei einem minimalen Hohlraumquerschnitt im Profil von nur 2,5 cm. Auf diese Weise kann jedes Element einzeln repariert oder ausgetauscht werden, ohne das System anzutasten.

Schüco Parkhaus, Bielefeld; Fassadenkonstruktion: Schlattmeier Architekten in Zusammenarbeit mit 3XN; Foto: Christian Eblenkamp 

Der flexible Einsatz von FACID gewährleistet, dass sich die Fassade auf verschiedenen Untergründen schnell und kostengünstig adaptieren und formen lässt. Darüber hinaus liefert die textile Fassade einen effektiven Sonnenschutz und trägt damit zur Wärmereduzierung in Gebäuden bei. Diesen Schutz erreicht FACID bei maximaler Durchsicht und Belüftung. Das speziell beschichtete Gewebe garantiert außerdem einen nachgewiesenen Brandschutz, der speziell für die Verkleidung von Stahlkörpern interessant ist.

Umgesetzt wurde das Projekt in Bielefeld unter anderem von Schlattmeier Architekten aus Herford in Zusammenarbeit mit 3XN. Obwohl das Spannen des Gewebes immer noch Handarbeit ist, wurde das gesamte Projekt in einer digitalen Prozesskette vom Entwurf bis zur Konstruktionszeichnung und der Fertigung in 3D umgesetzt. 

 

Mehr Informationen unter: www.schueco.com/de/architekten

 

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