18.02.2014 Emilia Margaretha

Exponierter Zwilling: Wohnhaus und Atelier in Kastelruth

Foto: Hannes Meraner

Die 6.500 Einwohner zählende Südtiroler Gemeinde Kastelruth ist stark von Tourismusarchitektur geprägt. Zahlreiche Hotels und Apartmenthäuser, in oft zweifelhafter Harmonie mit dem lokalen Stil gebaut, formen und beeinflussen diese Gegend im Zentrum der Dolomiten. Die Tourismusindustrie ist auch das zentrale Thema in der Arbeit des Künstlers Hubert Kostner, dessen eigenes Atelier- und Wohnhaus sich in der Auseinandersetzung mit Tradition und Moderne als gelungenes Beispiel zeitgenössischer Architektur zu erkennen gibt. Architekten: MODUS architects / Sandy Attia, Matteo Scagnol, Brixen
Standort: Marinzenweg 25, I–39040 Kastelruth

Foto: N.M. Gandolfi

In peripherer Lage des malerischen Bergdorfes von Kastelruth erheben sich in starker Hanglage zwei miteinander verbundene Baukörper. Diese in Holzbauweise konstruierten "Zwillinge" stehen auf einem gemeinsamen, keilförmigen Sockel in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem weiteren, bereits bestehenden Kostner-Haus. Der Betonsockel interagiert mit dem steil abfallenden Gelände und nimmt das mit doppelter Raumhöhe entworfene Atelier auf. Die auffällige V-Struktur aus Holzstützen hebt die beiden darüberliegenden Holzvolumina vom Boden ab und ermöglicht den Bewohnern einen durchgehenden Rundumblick. Die gekreuzte Struktur zieht sich über die Fassaden nach oben und bildet ein Ornament, das an die Fachwerke der alten Bauernhöfe erinnert.

Die beiden unterschiedlich großen Holzbaukörper sind so angeordnet, dass für das bereits bestehende Haus genügend Aussicht, Licht und Freiraum bleiben. Foto: N.M. Gandolfi

Erschlossen wird das Haus durch eine Wendeltreppe, die als Betonzylinder die beiden unteren Geschosse verbindet, und in der darüberliegenden Wohnebene in eine Holzkonstruktion übergeht. Auch im ersten Obergeschoss sind die beiden Häuser noch miteinander verbunden. Hier liegt im kleineren Teil die Essküche, im größeren ein Wohnzimmer, sowie Schlafzimmer und Bad. Erst darüber, unter dem Dach, sind die beiden Volumina wieder getrennt und bergen kleine Räume in luftiger Höhe. 

Schnitt, Grafik: MODUS architects

Kellergeschoss, Grafik: MODUS architects

Erdgeschoss, Grafik: MODUS architects

Ebene 1, Grafik: MODUS architects

Ebene 2, Grafik: MODUS architects

Das Atelier reicht vom Sockelgeschoss bis ins Erdgeschoss. Das durch die Aufständerung einfallende Licht generiert je nach Jahreszeit und Sonnenstand interessante, unterschiedliche Schattenbilder. Foto: N.M. Gandolfi

In den Innenräumen kam Föhre zum Einsatz.

Fotos: N.M. Gandolfi

Abgesehen vom massiven Betonsockel und dem Treppenkern, bestehen sämtliche Geschosse aus einer Holzkonstruktion. Diese kombiniert ein leichtes Rahmensystem mit einem Kreuzlagenholz-System (KLH), bei dem kreuzweise übereinander gestapelte Holzlamellen unter einem hohen Pressdruck zu großformatigen Massivholzelementen verleimt werden. Bei der Wahl der Holzarten orientierten sich die Architekten an den lokalen, für die jeweilige Anwendung am besten geeigneten Hölzern. Für die Gestaltung der Fassaden und der Schindeldächer wurde Lärchenholz gewählt, Föhre für die Fußböden, für die Außenterrassen hingegen Zirbe, die ein geringes Schwindmaß aufweist.

Baustellenfoto: MODUS architects

Baustellenfotos: MODUS architects

Die V-Stützen werden in den oberen Geschossen als Ornament weitergeführt. Foto: N.M. Gandolfi

Die natürliche Belichtung erfolgt von Nordwesten her über die diagonal angeordnete Aufständerung aus Lärchenholz. Während sich der Komplex im Bereich der Schlafzimmer mit relativ kleinen Fenstern zeigt, öffnen sich Wohnzimmer und Küche großzügig zur Landschaft hin.

Die Holzkonstruktion ruht auf Betonsockeln, die in der rotbraunen Farbe des Kastelruther Porphyr ausgeführt sind. Foto: Hannes Meraner


Bauherr:
Hubert Kostner, Kastelruth Generalunternehmer: Winkler Bauteam
Statik: Ing. Rodolfo Senoner
Fassaden/Dach: Ludwig Rabanser Zimmerei & Treppenbau
Böden: Hofer Fließen & Böden
Möbel: Tischlerei Rier
Planung: 2009-2010
Bauzeit: 2011-2013
Fertigstellung: September 2013
Grundstücksgröße: 934 m²
Größe Atelier: 200 m²
Größe Wohnung: 200 m²
Umbauter Raum: 1.035 m3
Baukosten: 750.000 Euro
Kosten pro m²: 2.080 Euro

Skizze: MODUS architects

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