12.08.2013 Peter Popp

Eigenständig und identitätsstiftend: Rathaus von Behnisch Architekten

Der zentrale Marienplatz in Bad Aibling ist gesäumt von öffentlichen Gebäuden, Geschäftshäusern und einem Hotel. Am Kreuzungspunkt der beiden wichtigsten Straßen stand bis vor wenigen Jahren auch ein in den 1970er Jahren erbautes Rathaus, das allerdings nicht mehr den Anforderungen entsprach. Das alte Gebäude wurde bis zur Kellerdecke abgerissen und durch einen formal eigenwilligen Neubau von Behnisch Architekten ersetzt.  Architekten: Behnisch Architekten, München
Standort: Marienplatz 1, 83043 Bad Aibling

Foto: David Matthiessen

Die Architekten wollten ein "offenes Haus, das sich in das alltägliche Leben seiner Bürger einbringt und mit dem angrenzenden Marienplatz das Zentrum des städtischen Lebens definiert." Um die gewünschte identitätsstiftende und kommunikationsfördernde Wirkung zu erzielen, wurde auch der gesamte Marienplatz inklusive der angrenzenden Straßenzüge neu gestaltet.

Foto: David Matthiessen

Lageplan, Grafik: Behnisch Architekten

Der erhalten gebliebene Keller samt Gründung ist unter anderem dafür verantwortlich, dass die Wahl auf eine leichte Konstruktion fiel: ein Betonskelettbau mit Holzwänden, beplankt mit auffallenden Holztafeln. Drei großformatige Öffnungen zu unterschiedlichen Seiten ermöglichen Ausblicke auf das Stadtzentrum und die landschaftlich reizvolle Umgebung.

In Bad Aibling war man nicht nur formal mutig: Das Energiekonzept ist für eine öffentliche Institution ebenfalls eher unkonventionell. Energiesparende und langlebige LEDs leuchten in fast allen Räumen, geheizt wird mit Holzpellets, gekühlt wird mit dem vorbeifließenden Bach. Das Rathaus in Bad Aibling steht auf der Shortlist des World Architecture Festivals 2013 in Singapur und hat damit Chancen auf die Auszeichnung "World Building of the Year". Behnisch Architekten wurden außerdem mit dem Energy Performance + Architecture Award 2013 ausgezeichnet.  Peter Popp
Bauherr: Stadt Bad Aibling Tragwerksplanung: Planungsgesellschaft Dittrich mbH

Fassadenbau:
Obermeier Holzbau GmbH Holzbau: Fa. Hennemann Planung und Bauzeit: 2009-2012

BGF:
4.300 m²
BRI: 15.000m³

Gesäumt von Läden und einem Café, zieht sich der helle Granit des Platzes als öffentlicher Weg bis in das Gebäudeinnere. Hier geht er über in ein mehrgeschossiges Atrium, das als fließendes Raumkontinuum im Zentrum des Gebäudes funktioniert. Einzelne Bereiche wie Bürgerservice, Stadtbücherei, Trauzimmer, Büroräume oder Sitzungssäle docken ganz ungezwungen an den großzügig dimensionierten Erschließungsraum an.

Foto: David Matthiessen

Grundriss EG: 1 Laden, 2 Bürgerbüro, 3 Eingangsbereich, 4 Windfang, Grafik: Behnisch Architekten

Grundriss 1. OG: 1 Bücherei, 2 Lesecafe, 3 Leseterrasse, 4 Büro, Grafik: Behnisch Architekten

Grundriss 2. OG: 1 Bürgermeister, 2 Trauraum, 3 gr. Sitzungssaal, 4 kl. Sitzungssaal, 5 Büros,
6 Stadtterrasse, Grafik: Behnisch Architekten

Gleichzeitig wird durch das Atrium Tageslicht in das Innere des Hauses gebracht. Insbesondere die nördliche Atriumwand lenkt und reflektiert durch ihre Ausformung und Materialität das über Oberlichtbänder einfallende Licht. Die fast schon skulpturalen Elemente der Wand setzen sich zu Brüstungen, Sitzbänken und Theken fort und machen das Atrium zu einem besonderen Raum für zufällige oder geplante Begegnungen.

Foto: David Matthiessen

Schnitt, Grafik: Behnisch Architekten

Während sich der eine Teil des Gebäudes, mit den Büros, Sälen und anderen, stark durch ihre Nutzung und durch statisch-konstruktive Einflüsse geprägten Räumen zu einer relativ regelmäßigen Struktur hin tendiert, entwickelt sich das Atrium als freies, ungezwungenes Element das seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt und einen Weg durch das Gebäude beschreibt.

Foto: David Matthiessen

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