28.12.2019 Bettina Sigmund

Dünnglas für die Fassadengestaltung

Gestalterische Fassadenstudie mit flexibel verformbaren Dünnglaselementen, die sich an die äußeren Parameter anpassen können (Rendering: Miri, MSc thesis, TU Delft, 2018)

Dünnglas ist 0,1 mm bis 2 mm dickes, chemisch gehärtetes Aluminosilikatglas, das üblicherweise bei Displays oder Touchscreens verwendet wird. Aufgrund seiner hohen Festigkeit und Kratzresistenz, der geringen Dicke und des damit sehr geringen Gewichts bietet das Spezialglas auch viele Vorteile für die Architektur. Derzeit werden die Gläser hauptsächlich als mittlere Scheibe in Dreifach-Isolierverglasungen eingesetzt, um den Vorteil der Gewichtsreduktion auszunutzen. Weitere interessante Potenziale wie beispielsweise das Kaltbiegen ermöglichen jedoch auch die Realisierung gekrümmter oder verformbarer Glasscheiben mit technischen Zusatzfunktionen. In Masterarbeiten haben Studenten Ideen, Mock-ups und Prototypen für architektonische Anwendungen von Dünnglas in der Fassade entwickelt.

Glasverbundplatten mit 3D-Druck-Kernen
Dünnglas ist zu biegsam, um herkömmliche Fensterverglasungen unverändert zu ersetzen. Um Vibrationen und Verformungen zu vermeiden, wurde eine feste und dennoch leichte Verbundglasscheibe aus Dünnglas mit integriertem, aussteifendem Kern entwickelt. Zur Steigerung der gestalterischen Möglichkeiten und Lichtdurchlässigkeit der Verbundplatte, wurde der geschlossenzellige Wabenkern im weiteren Prozess durch offenzellige 3D-gedruckte Kerne mit Fachwerkstruktur oder perforierte, hyparförmige Kerne aus PETG, ein mit Glykol modifiziertes PET, ersetzt. So konnten Kerne mit variierender Musterdichte entstehen.

Adaptive Fassadenkonzepte
Anstatt die Flexibilität und Verformbarkeit der Dünnglasscheiben als auszugleichenden Mangel zu verstehen, entwickelte das Team auf Basis gerade dieser Eigenschaften Konzepte für adaptive Glasfassaden. Durch eine Variation der Krümmung der Fassadenverglasung lässt sich beispielsweise die Luftzufuhr in die Innenräume regulieren, die Fassade könnte auf eine erhöhte Windbelastung reagieren oder sich bei zusätzlich integrierten Dünnschicht-Photovoltaikzellen optimal an den Sonnenstand anpassen. Um die Dünnglasscheiben zu verformen, eignen sich mehrere Verfahren: Die Krümmung kann über ein mechanisches Schienensystem, durch einen Draht mit Formgedächtnislegierung oder beispielsweise durch pneumatisch betriebene Polymer-Luftkammerelementen hervorgerufen werden. Neben den unterschiedlichen Antriebsvarianten zur Krümmung der Scheiben setzten sich die studentischen Arbeiten auch mit der Versiegelung der Dünnglasfassade auseinander, die die Wasser- und Luftdichtigkeit der äußeren Hülle im geschlossenen Zustand gewährleisten soll.

Alle Konzepte wurden an der TU Delft anhand von Prototypen erfolgreich auf ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit geprüft. Weitere vertiefende Untersuchungen finden derzeit an der TU Dresden statt.

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