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Dreidimensionales Puzzle: Archiv- und Bibliotheksgebäude in Montpellier
Text und Fotos: Frank Kaltenbach
»Das Konzept von »pierresvives« ist eines der ambitioniertesten und umfassendsten Versuche dynamische und fließende Räume zu schaffen, die wir je unternommen haben. Hier verschmelzen geometrische Komplexität, ein ausgeklügeltes Tragwerkskonzept und der innovative Einsatz von Materialien. Es ist aber nicht nur die Form und die Konstruktion, die uns an einem Gebäude interessieren, sondern neue Möglichkeiten der Nutzung. Wir mussten sicherstellen, dass dieser große Komplex klar und effizient organisiert ist.«
Zaha Hadid fasst sich in Ihrer gewohnten Form kurz, als Sie das Band der Tricolore durchschneidet, um das neue Archiv- und Bibliotheksgebäude in Montpellier zu eröffnen.
Architekten: Zaha Hadid Architects, Blue Tango, Chabanne & Partenaires
Standort: F-34000 Montpellier
Standort: F-34000 Montpellier
Wer dem Gebäude nahe kommt fragt sich, wie die perfekt gekrümmten scharfen Kanten geschalt wurden, wie die glatte Oberfläche ohne Löcher für Spannschlösser hergestellt werden konnte und wie man so einen Bau ohne sichtbare Dehnfugen bauen kann.
Mit Ortbeton ist das nicht zu machen, doch auch für Betonfertigteile gibt es optisch fast keine Anhaltspunkte, die Fugen sind flächenbündig in der Betonfarbe ausgeführt. Dennoch handelt es sich in großen Teilen nicht um einen massiven Stahlbetonbau, sondern um eine Skelettkonstruktion, die mit Betonfertigteilen bekleidet wurde. An den Betonoberflächen lassen sich nur subtil die Elementbreiten von 2,70 m als zarte Streifen ablesen. Durch die Höhe der Fertigteile von 12 - 15 m und durch die Krümmungen, die ohne Trennfuge an die ebenen Abschnitte als ein Element betoniert sind, ensteht kein modularer Charakter, die Baukörper wirken wie monolithische Massen.
Für die Schalungen wurden verschiedene Materialien verwendet: die Basisschalung für ebene Flächen besteht aus Stahl, leichte Krümmungen wurden in Stahl und Holz geschalt. Für komplexe, doppelt gekrümmte Formen sind Epoxidharz beschichtete Polystyrolkörper in die Basisschalung eingelegt. Nachdem der Beton in die Schalungen gegossen wurde, wird das noch flüssige Fertigteilelement in der Schalung auf dem Rütteltisch in Vibrationen versetzt, damit eingeschlossene Luftblasen austreten können und die Oberflächen perfekt geschlossen sind.
Für die Schalungen wurden verschiedene Materialien verwendet: die Basisschalung für ebene Flächen besteht aus Stahl, leichte Krümmungen wurden in Stahl und Holz geschalt. Für komplexe, doppelt gekrümmte Formen sind Epoxidharz beschichtete Polystyrolkörper in die Basisschalung eingelegt. Nachdem der Beton in die Schalungen gegossen wurde, wird das noch flüssige Fertigteilelement in der Schalung auf dem Rütteltisch in Vibrationen versetzt, damit eingeschlossene Luftblasen austreten können und die Oberflächen perfekt geschlossen sind.
»Wir wollten dass pierresvives wirklich zu einer Landmarke wird. Heute im digitalen 21. Jahrhundert ist das Leben flexibel und globalisiert geworden und wir haben es mit wesentlich komplexeren Sozialstrukturen zu tun als im industriellen 20. Jahrhundert. Meiner Meinung nach sollten Städte nicht wie Venedig unverändert bleiben ohne jede Entwicklung. Es ist wichtig, zeitgenössische Gebäude zu implantieren. Die Art und Weise muss aber wohl überlegt sein, pierresvives fügt sich perfekt in die städtebauliche Umgebung ein. Architektur hat die Aufgabe, Grenzen zu überschreiten und die Grenzen des Machbaren zu verschieben – und ich bin der Überzeugung, dass pierresvives ein exzellentes Beispiel dafür ist.« (Zaha Hadid)
Das komplexe Raumprogramm aus dem riesigen Archiv der Region Hérault, einer Bibliothek, einem Auditorium, Ausstellungsräumen, Foyers und Büros mit insgesamt 26 000 m² Nutzfläche ist auf fünf Geschosse verteilt. Der plastisch durchgebildete Baukörper entwickelt sich aus einem Kubus mit 196 m Länge, 46 m Breite und 24 m Höhe. Der Riegel ist in einen Sockel, einen breiten Glasschlitz als Piano Nobile mit den öffentlichen Nutzungen und in ein Paket aus darüber liegenden Büro- und Archivräumen unterteilt. Diese vertikale Dreiteilung verläuft freilich nicht strikt horizontal, die Teile sind durch Diagonalen miteinander verzahnt.
Im Süden liegt in dem weiträumigen Glasschlitz zwischen Sockel und den Obergeschossen mit der Bibliothek der öffentlichste Raum. Wie der Bug eines Kreuzfahrtschiffes ist hier der Baukörper abgeschrägt, als Geste zur zukünftigen offenen Parklandschaft hin.
Den Ausgangspunkt des gesamten Projekts und Kern des Gebäudes bilden die Bücherdepots der Archivräume. Insgesamt 35 Kilometer Regalfläche, das gesamte Archiv des Departement Hérault kann hier gespeichert und wissenschaftlich ausgewertet werden.
Die Archive befinden sich in Kuben aus Ortbeton im Zentrum des Gebäudes. So sind die Bücher sicher vor UV-Strahlung und Bränden und die Räume können nach den jeweiligen Erfordernissen klimatisiert werden. Wie bei einer Zwiebel legt sich eine Raumschicht aus Büros um sie herum, die an den Fassaden mit Tageslicht versorgt werden. Als das Projekt pierresvives 2002 lanciert wurde war das Archiv, das bisher in verschiedenen Altbauten über ganz Montpellier verstreut war, der Auslöser des Projekts. Durch die Zusammenlegung unterschiedlicher kultureller Nutzungen ist ein Zentrum für das neue Stadtquartier entstanden, das Zaha Hadid, Patrik Schumacher und ihr Team in eine unverwechselbaren Landmarke verwandelt haben. Dass die ursprünglich budgetierten 42 Millionen Euro in den 10 Jahren der Planung und Ausführung auf 125 Millionen angewachsen sind, zeigt die Komplexität des Projekts. Mit pierresvives hat Montpellier neben dem neuen Rathaus von Jean Nouvel und der Hotelfachschule von Massimiliano Fuksas allein in zwei Jahren drei weitere Highlights zeitgenösscher Architektur erhalten. Gemeinsam mit der postmoderen Trabantenstadt Antigone von Riccardo Boffil ist Montpellier nicht mehr nur die am schnellsten wachsende Stadt Frankreichs, sondern nun auch für Architekten eine Reise wert.
Die Archive befinden sich in Kuben aus Ortbeton im Zentrum des Gebäudes. So sind die Bücher sicher vor UV-Strahlung und Bränden und die Räume können nach den jeweiligen Erfordernissen klimatisiert werden. Wie bei einer Zwiebel legt sich eine Raumschicht aus Büros um sie herum, die an den Fassaden mit Tageslicht versorgt werden. Als das Projekt pierresvives 2002 lanciert wurde war das Archiv, das bisher in verschiedenen Altbauten über ganz Montpellier verstreut war, der Auslöser des Projekts. Durch die Zusammenlegung unterschiedlicher kultureller Nutzungen ist ein Zentrum für das neue Stadtquartier entstanden, das Zaha Hadid, Patrik Schumacher und ihr Team in eine unverwechselbaren Landmarke verwandelt haben. Dass die ursprünglich budgetierten 42 Millionen Euro in den 10 Jahren der Planung und Ausführung auf 125 Millionen angewachsen sind, zeigt die Komplexität des Projekts. Mit pierresvives hat Montpellier neben dem neuen Rathaus von Jean Nouvel und der Hotelfachschule von Massimiliano Fuksas allein in zwei Jahren drei weitere Highlights zeitgenösscher Architektur erhalten. Gemeinsam mit der postmoderen Trabantenstadt Antigone von Riccardo Boffil ist Montpellier nicht mehr nur die am schnellsten wachsende Stadt Frankreichs, sondern nun auch für Architekten eine Reise wert.
Nach Norden zur dichten Bebauung hin zeigt sich der plastische Baukörper kubisch und geschlossen. Hier sind die Archivräume übereinander gestapelt. Im südlichen Teil löst sich diese Geschlossenheit zunehmend zu einer plastischen Skulptur hin auf. Seitlich schieben sich überall dort, wo das Gebäude sich öffnen soll, Baukörper aus dem Riegel heraus, wie dreidimensionale Teile eines Puzzles. Einschnitte und Ausbuchtungen schaffen nicht nur einen interessanten Baukörper, sondern auch komplexe Raumfolgen im Inneren.
Eine weitere Herausforderung stellt die Montage dar: die 16 cm dicken Betonschalen sind fragil und mussten auf der Rückseite mit Rippen versehen oder zum Transport mit Stahlträgern verstärkt werden. Um die Elemente exakt in einer Flucht am Rohbau zu positionieren, wurden je 10 Betonfertigteile in einer Reihe auf je einem Hydraulikheber ausgerichtet und durch den Vermesser in allen drei Richtungen exakt einjustiert, bevor sie an der Stirnseite der Geschossdecken vor der 10 cm starken Wärmedämmung fix verankert und verfugt wurden. Untereinander und an den Fensteranschlüssen sind die Elemente wasserdicht abgedichtet und verfugt. Alle Betonoberflächen sind hydrophobiert und die zugänglichen Bereiche im Erdgeschoss mit einer Anti-Graffitti-Beschichtung versehen.
Einen Projekt-Bericht lesen Sie auch in unserer aktuellen Ausgabe DETAIL 2012/11