Architekturpreis
Drei Hauptpreise beim Detail Award 2024
Detail Award 2024: Kinderkrippe Palais de l’Alma in Paris, Architektur: Atelier Régis Roudil Architectes, © Florent Michel
Mit 527 Einreichungen aus 40 Ländern erlebt der Detail Award in diesem Jahr eine Rekordbeteiligung. Neben den drei Hauptpreisen vergab die Jury einen Students‘ Award sowie einen Sonderpreis für Zirkuläres Bauen, gestiftet von USM. Vier Projekte erhielten eine anerkennende Erwähnung. Der Detail Readers‘ Award geht an das Lieblingsprojekt unserer Leserinnen und Leser. Nachfolgend präsentieren wir die Gewinnerinnen und Gewinner.
Detail Award 2024: Sozialwohnungsbau aus Lehm auf Ibiza, Architektur: Peris + Toral Arquitectes, © José Hevia
DETAIL Award 2024
Sozialwohnungsbau aus Lehm auf Ibiza
Peris + Toral Arquitectes
Jurystatement (Auszug):
Das Sozialwohnungsprojekt „Raw Rooms“ befindet sich am Stadtrand von Ibiza, getrennt vom Meer durch zwei Reihen von Wohnblocks und Hotelgebäuden. Seine Umgebung ist durch das Fehlen einer erkennbaren städtischen Ordnung gekennzeichnet. Unter diesen Bedingungen errichteten Peris + Toral Arquitectes einen Wohnblock von beachtlicher Dichte. (...) Die Jury würdigt das gründlich entwickelte Projekt, das ein breites Spektrum an Wohnqualitäten bietet, von der programmatischen Unbestimmtheit des grundlegenden Raummoduls und der Vielzahl von Verbindungen zwischen einigen Räumen bis hin zu den sorgfältig durchdachten Vorstellungen von Komfort, die eher mit architektonischen als mit technischen Mitteln erreicht werden.
Weitere Informationen zum Projekt
Detail Award 2024: Umbau eines Weinlagers in Basel, Architektur: Esch Sintzel Architekten, © Paola Corsini
DETAIL Award 2024
Umbau eines Weinlagers in Basel
Esch Sintzel Architekten
Jurystatement (Auszug):
Das ehemalige Warenlager der Supermarktkette Coop ist heute ein großer urbaner Wohnungsbau mit 64 Wohneinheiten von 1,5 bis 7,5 Zimmern. Esch Sintzel Architekten nutzten das Betonskelett und die markanten Pilzstützen des Bestandsgebäudes von 1955 für einen gelungenen Umbau, der vielfältige Wohnungsgrundrisse sowie Gemeinschaftsräume und Gewerbeeinheiten in den beiden neuen Kopfbauten miteinander verbindet. (...) Die Jury würdigt die sorgfältige Intervention von Esch Sintzel Architekten als wegweisendes Vorbild, wie für das Bauen im Bestand neue Wohnräume entstehen können. Überzeugend sind in diesem Zusammenhang auch die Klimadaten: Durch den Umbau des Weinlagers konnten 42 % graue Energie eingespart werden. Zudem ist der Wohnungsbau der gemeinnützigen Stiftung Habitat dank einer Photovoltaik-Anlage und einer Grundwasser Pumpe zu 2/3 energieautark.
Weitere Informationen zum Projekt
Detail Award 2024: Kinderkrippe Palais de l’Alma in Paris, Architektur: Atelier Régis Roudil Architectes, © Florent Michel
DETAIL Award 2024
Kinderkrippe Palais de l’Alma in Paris
Atelier Régis Roudil Architectes
Jurystatement (Auszug):
Die vom Atelier Régis Roudil Architectes entworfene Kindertagesstätte befindet sich im südlichen Hof des Palais de l’Alma, einer Architektur, die Mitte des 19. Jahrhunderts im Einklang mit Baron Haussmanns eifrigem Bemühen um die Modernisierung der Stadt unter Beibehaltung der mittelalterlichen Bausubstanz errichtet wurde. (...) Der einfühlsame Dialog der Kindertagesstätte mit der Geschichte wird in der materiellen Konstruktion und den architektonischen Details durch ein raffiniertes Spiel von Anspielungen fein enträtselt: der anhaltende Rhythmus der hölzernen Säulen und Balken greift den Rhythmus der umliegenden Fassaden auf, die wechselnden Farben der an den Ecken verdichteten Stampflehme erinnern an die Eckpfeiler der historischen Paläste, die Gliederung des Metalldaches übersetzt die Tradition der Pariser Dächer.
Die Jury erkennt einen beispielhaften Wert im Geschichtsbewusstsein des Gebäudes, das frei von Nostalgie ist, und in der Raffinesse der Konstruktionsdetails.
Weitere Informationen zum Projekt
Sonderpreis Zirkuläres Bauen, gestiftet von USM: Provisorische Sportbauten in Zürich, Architektur: Pool Architekten, © Ralph Feiner
Sonderpreis Zirkuläres Bauen, gestiftet von USM
Provisorische Sportbauten in Zürich
Pool Architekten
Jurystatement (Auszug):
Aufgrund der zunehmenden Rohstoffknappheit ist kreislauffähiges Planen und Bauen ein Gebot der Stunde und eines der zentralen Lernfelder für Planende in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. (...) Einen wichtigen Schritt in dieser Entwicklung gehen Pool Architekten in Zürich mit ihren provisorischen Sportbauten. Die temporären Hallen werden aus nachwachsenden Rohstoffen modular gebaut und sind mehrfach abbaubar und an neuen Standorten wieder neu aufbaubar. Durch diese Kombination aus seriellem, aber doch an den Ort anpassbarem Bauen zeigen Pool Architekten gemeinsam mit dem Kanton und der Stadt Zürich beispielhaft wie verantwortungsvolles zukunftsfähiges Bauen gelingen kann. Mit ihrer hohen Gestaltungsqualität und ihren konsequenten kreislauffähigen Lösungen weisen uns diese Projekte einen möglichen Weg in eine kreislauffähige Zukunft.
Weitere Informationen zum Projekt
Detail Students’ Award 1024: Realmontagen. Bauteile im Freien, München, Lehrstuhl für Entwerfen und Gestalten, Technische Universität München, Uta Graff, © Max Treiber
DETAIL Students’ Award 2024
Realmontagen. Bauteile im Freien, München
Lehrstuhl für Entwerfen und Gestalten, Technische Universität München, Uta Graff
Jurystatement:
Das Entwurfsprojekt „Realmontagen – Bauteile im Freien“ fordert zu einer breiteren kritischen Reflexion über die Bedeutung der Beziehung zu und des Umgangs mit dem Vorhandenen heraus, in Zeiten, in denen die Praxis der Wiederverwendung und Umgestaltung von Gebäuden im öffentlichen Diskurs weit verbreitet ist. Das Forschungsprojekt erinnert daran, dass alle architektonischen Handlungen eine Bedeutung haben, da sie in der Lage sind, Erinnerungen und Erfahrungen in den Menschen zu wecken, und somit dem Einzelnen die Möglichkeit geben, Teil einer größeren Kultur zu sein, die ferne Zeiten und Orte miteinander verwebt. Die Aufzeichnungen der Studenten verraten die Zeit, die sie mit der Beobachtung der besonderen Qualitäten einiger weniger Orte auf dem Alten Südfriedhof in München verbracht haben, und die Prägnanz ihrer winzigen Eingriffe zeigt eine Schärfe und Anmut, die an Gaston Bachelards Überlegungen zur Miniatur erinnert, da in einem Detail „das Zeichen einer neuen Welt liegen kann, die, wie alle Welten, die Attribute der Größe enthält“. Einfache Werkzeuge: ein Seil, ein dünnes, quadratisches Metallblech, ein leichtes, langes Textil, eine quadratische Wasseroberfläche ohne Dicke. Und doch sind die Erfahrungen, die sich zeigen, universell. Die Jury erkennt einen bemerkenswerten Wert in dem vorgestellten pädagogischen Ansatz, der den Schülern die Fähigkeit beibringt, die Welt, in der wir leben, zu „sehen“, was in diesen Zeiten der Phantasmagorie der sozialen Medien besonders wichtig ist, und erkennt den Wert der Schaffung von Schönheit mit fast nichts an.
Detail Readers’ Award 1024: Eisfjordzentrum, Ilulissat, Architektur: Dorte Mandrup, © Adam Mørk
DETAIL Readers’ Award 2024
Eisfjordzentrum, Ilulissat
Dorte Mandrup
Mit 4700 Einwohnern ist Ilulissat die drittgrößte Gemeinde Grönlands und zugleich Schauplatz eines eindrucksvollen Naturschauspiels: Der Sermek Kujalleq zählt zu den größten Gletschern des Landes und ist zugleich einer der schnellsten. Gewaltige 46 km³ Eis pro Jahr schiebt er ins Meer hinaus. Als erste Anlaufstelle für Touristen und Klimawissenschaftler haben Dorte Mandrup Arkitekter 2021 das neue Eisfjordzentrum im Süden der Stadt errichtet. Das geschwungene Dach dient als Aussichtsterrasse, eine Etage tiefer liegen Ausstellungsräume, Arbeitsräume für Gastwissenschaftler und ein Café. Die windschnittige Dachform – eine Stahlkonstruktion – ist so ausgelegt, dass möglichst keine Schneeverwehungen auftreten. Zudem steht das Gebäude auf Stelzen, damit das Schmelzwasser ungehindert unter ihm durchströmen kann. Eine Herausforderung war die Bauphase aufgrund des kurzen grönländischen Sommers: Das Gebäude wurde komplett vorgefertigt und dann innerhalb von nur vier Monaten aufgebaut.
Weitere Informationen zum Projekt
Honourable Mention: Haus ohne Zement in München, Architektur: Florian Nagler Architekten, © Sebastian Schels
Honourable Mention
Haus ohne Zement in München
Florian Nagler Architekten
Jurystatement:
Einfach bauen! Wie Florian Nagler dieses Grundthema zu immer wieder neuen Blüten treibt ist Inspiration für viele Planende. Im Projekt "Unser Gartenhaus - Haus ohne Zement" wird dieses Credo auf allen Ebenen konsequent verfolgt: Eine Erweiterung und Nachverdichtung im Garten eines bestehenden Wohn- und Arbeitshauses mit minimaler Versiegelung. Ein schönes Haus, das ruhig und entspannt am hinteren Ende des Grundstücks steht. Ein dreigeschoßiger Baukörper mit einem Regelgeschoss, dessen Flächen als Wohnräume oder Arbeitsräume genutzt werden und verbunden werden können.
Ein einfaches Tragsystem ohne besondere Ecke und Kanten. Eine Materialisierung ohne jeglichen Zement, fast ausschließlich mit natürlichen Materialien. Und dass damit die aktuellen ökologischen Fragen zu Emissionsreduktion im Bauen, Kreislauffähigkeit, Klimawandelanpassung und Langlebigkeit beantwortet werden, passiert einfach so nebenbei...
Weitere Informationen zum Projekt
Honourable Mention: Haus Havanna – Tabakfabrik in Linz, Architektur: Kaltenbacher Architektur, © Steinbauer Architektur & Design
Honourable Mention
Haus Havanna – Tabakfabrik in Linz
Kaltenbacher Architektur
Jurystatement (Auszug):
Die Tabakfabrik ist eine Fabrik, die ein bürgerliches Denkmal darstellt, ein Zeugnis für die Experimentierfreudigkeit von Architekten und Ingenieuren selbst während der schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten der dreißiger Jahre. Der erste Stahlskelettbau Österreichs, der in den letzten Berufsjahren von Peter Behrens in Zusammenarbeit mit Alexander Popp konzipiert wurde, präsentiert sich als Ikone der Moderne mit Fensterbändern, die sich mit weiß verputzten Bändern auf vier Stockwerken abwechseln. Die Arbeit von Kaltenbacher Architekten zur Erneuerung des denkmalgeschützten Gebäudes beeindruckt durch die elegante Übersetzung der modernistischen Fassade. (...) Die Jury würdigt die elegante und präzise Erneuerung eines Meisterwerks des 20. Jahrhunderts als beispielhaftes Werk, das die Bedeutung des kulturellen Gedächtnisses und den Wert der Wiederverwendung dieser Gebäude in Erinnerung ruft und eine Reflexion über die Möglichkeit der Nuancierung der Grenzen zwischen Restaurierung, Renovierung und Wiederverwendung bietet.
Weitere Informationen zum Projekt
Honourable Mention: Haus 1736 in Barcelona, Architektur: Harquitectes, © Adrià Goula
Honourable Mention
Haus 1736 in Barcelona
Harquitectes
Jurystatement (Auszug):
Auf einem schönen unregelmäßigen Grundstück in Barcelona wird ein Einfamilienhaus errichtet. Die Fassade des ursprünglichen Hauses ist denkmalgeschützt und wird erhalten. Dahinter entfaltet sich ein Katalog von charaktervollen Räumen. Während dicke Mauern die rechteckigen und sorgfältig proportionierten Haupträume begrenzen, sind die Nebenräume innerhalb dieser Mauern untergebracht. Das Ergebnis ist eine dreidimensionale Komposition von Räumen und Flächen, die sich auf spannende Weise zueinander und zum Grundstücksrand verhalten. Der raumhohe Zentralraum ermöglicht eine natürliche Luftzirkulation im Haus. Das Tageslicht fällt auf vielfältige Weise ein und verleiht jedem Raum seine eigene Atmosphäre. (...) Die Jury würdigt die eloquente architektonische Sprache des Hauses, sein bescheidenes Konzept und seine spannende Beziehung zur Geschichte des Ortes innerhalb des dichten Stadtgefüges.
Weitere Informationen zum Projekt
Honourable Mention: Wangen Turm, Architektur: ICD Universität Stuttgart, © Roland Halbe
Honourable Mention
Wangen Turm
ICD Universität Stuttgart
Jurystatement:
Der Wangen Turm auf der Landesgartenschau im Allgäu ist eine weithin sichtbare Landmarke und ein begehbarer Aussichtspunkt. Hinter der Holzkonstruktion steckt ein tatkräftiges Team unter der Leitung von Achim Menges am Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) der Universität Stuttgart. Die gekrümmten großformatigen Bauteile nutzen das Schwinden des Holzes, um sich selbst zu formen. Inspiriert ist diese Methode von biologischen Vorbildern wie dem Fichtenzapfen, der auch die wechselnde Feuchte mit der Formänderung seiner Schuppen reagiert. Die Jury würdigt das Projekt des ICD als vorbildliches Modellprojekt für die Vermittlung von Methoden des ökologischen Bauens. Es vermittelt Studierenden sowie der Öffentlichkeit eindrücklich und erfolgreich die Möglichkeit zu innovativen Methoden an der Schnittstelle von Forschung, Handwerk und computerbasierter Planung sowie Vorfertigung.
Weitere Informationen rund um den Detail Award 2024 inklusive der Jurystatements in voller Länge finden Sie hier.