25.02.2005 Peter Popp

DETAIL Symposium »Ästhetik und Konstruktion« auf der BAU 2005

Ein Beitrag von Peter Popp Etwa 400 Besucher ließen sich auf dem ­DETAIL Symposium »Ästhetik und Konstruktion« im Rahmen der BAU 2005 von der eindrucksvollen Vielfalt architektonischer Positionen inspirieren. Die Preisträger kamen bis aus Hiroshima und San Francisco, um ihre Arbeiten persönlich vorzustellen. Das Material als dominierendes Merkmal eines Gebäudes legte den roten Faden für ein Ordnungssystem, das den Nachmittag auf angenehme Weise strukturierte. International renommierte Architekten und Experten innovativer Unternehmen lieferten einen ausführlichen Einblick in die konstruktive Bandbreite und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Stahl, Holz, Glas oder Kunststoff. Jeweils im Wechsel erfolgte die Preisverleihung in der entsprechenden Materialkategorie – eine ebenso spannungsvolle wie kurzweilige Abfolge.

Foto: Frank Kaltenbach

Die Umgebung liefert auch bei Florian Nagler wichtige Impulse. Das Spiel mit tradi­tionellen Bildern und Formen und deren Übersetzung in eine zeitgemäße Sprache ­lotet die verschiedenen Möglichkeiten des Baustoffes Holz aus. Sein Werkbericht, der den thematischen Spagat vom Hühnerstall zum Industriebau mühelos überbrückte, dokumentierte dies äußerst eindrucksvoll. Demgegenüber stellte Mark Marten aus dem Büro Dominique Perrault das sich in der Bauphase befindene Großprojekt »Europäischer Gerichtshof in Luxemburg« in den Mittelpunkt seines Vortrags. Computersimulationen vermittelten einen umfassenden ersten Eindruck über den vielgestaltigen Einsatz des Baustoffes Glas zwischen Transluzenz und Transparenz. Zu fortgeschrittener Stunde sorgte Wiel Arets für Auflockerung und gute Unterhaltung im Saal. Sein mit zahlreichen Pointen und Anekdoten gespickter Vortag über Kunststoff, humorvoll und leger präsentiert, lieferte en passant eine ganze Reihe Funken sprühender Ideen, die sich in zahlreichen patchworkartigen Projekten niederschlagen. Berührungsängste Fehlanzeige!
Dies gilt auch für das Büro Allmann Sattler Wappner, Gewinner des DETAIL-Hauptpreises. Mit dem Projekt »Regionalverwaltung Südwestmetall« gelang ihnen eine poetische Neuinterpretation des traditionellen Hauses. Die sich homogen über das gesamte Gebäude ziehende Hülle aus perlgestrahlten Stahlblechen wirkt fremd und vertraut zugleich. Das abstrakte Spiel ihrer Größe und Proportion vermittelt mit der kleinstädtischen Umgebung. Die makellos innovative Ausführung verweist auf eine noch nicht angebrochene Zukunft. So expandiert die räumliche Struktur über das Gebäude hinaus in die vierte Dimension. Markus Allmanns abschließender Vortrag brachte den Gedanken der Veranstaltung eindrucksvoll auf den Punkt – die Sensibilität zu schärfen für eine Architektur, die den bedingungslosen Willen zu einer alles durchdringenden Vision in sich trägt.

DETAIL Preis 2005: Verwaltungsgebäude in Reutlingen, Allmann Sattler Wappner Architekten,
Foto: Florian Holzherr

Sonderpreis Stahl: Swiss Re Konzernzentrale in London, Foster and Partners, Blick in die Kuppel
Foto: Nigel Young/Foster and Partners

Sonderpreis Stahl: Swiss Re Konzernzentrale in London, Foster and Partners, Gesamtansicht
Foto: Grant Smith/view

Radikale Sinnlichkeit versus makellos inszenierte Präzision: Die haptischen Qualitäten eines zwischen Reduktion und Ruppigkeit oszillierenden Lager- und Ateliergebäudes für einen kleinen Familienbetrieb in Japan neben dem spektakulär in die Höhe wachsenden Hochhaus in High-Tech-Perfektion für eine Großkonzern-Zentrale in London – gegensätzlicher lässt sich Architektur kaum artikulieren. Gleichermaßen jedoch bestechen die Arbeiten von Sambuichi Architects und Foster and Partners durch konsequent zu Ende gedachte Konstruktionsdetails und eine innovative Umsetzung im baulichen Gesamtkontext – ein Kriterium, an dem auch bei der Auswahl der weiteren DETAIL-Preis­träger kein Weg vorbeiführte.

Sonderpreis Holz: Lager- und Ateliergebäude in Hagi, Sambuichi Architects, Foto: Shinkenchiku-sha

Das übergeordnete Thema »Ästhetik und Konstruktion« legte das adäquate Fundament für einen Diskurs des präzise artikulierten Widerstands: Gegen schnelle Aufmerksamkeit, gegen laute Gesten, gegen die grelle Aufdringlichkeit einer Architektur, deren Oberflächen bedeutungsvoll sein wollen, jedoch selten in der Lage sind, mehr als das funktionale Vakuum in ihrem Inneren zu verhüllen. Selbst an den Universitäten lässt sich beobachten, dass die in die Tiefe gehende Auseinandersetzung mit konstruktiven Grundlagen zunehmend in den Hintergrund tritt. Ein fatales Manko in einer Zeit, in der Architekten immer mehr Einfluss im Bauprozess verlieren. Demgegenüber lieferte die Veranstaltung ein deutliches Statement für die unverwechselbare  Handschrift des Architekten. In seinem Vortrag über »Stahl, Struktur und Architektur« wies Chris Wilkinson auf die Bedeutung einer »philosophischen« Metaebene hin. Architektur als eine Sprache, die weit über den rein funktionalen Aspekt hinausreicht. Durch konsequente Integration neuer Technologien und Materialien entwickelt sie sich kontinuierlich weiter, strebt nach größtmöglicher Beweglichkeit und ­Immaterialität: »Bridges and buildings shouldn’t be static. They should respond to people using them and to the environment around them.«

Tensegrity-Brücke im National Building Museum, Washinton DC (Computer-Rendering), Wilkinson Eyre Architecs, Rendering: Wilkinson Eyre Architects

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