Denise Scott Brown im Architekturzentrum Wien
Foto: Robert Venturi
Denise Scott Brown ist eine der berühmtesten Architektinnen der Gegenwart. Die Frage jedoch, wofür sie genau bekannt ist, lässt sich nicht einfach klären. Denn allzu lange stand die heute 87-jährige Urbanistin, Architektin, Theoretikerin und Lehrerin in der Öffentlichkeit im Schatten ihres Mannes, des kürzlich verstorbenen Architekten Robert Venturi. Und obwohl sie sich seit Jahrzehnten für Frauen in der Architektur stark macht und als gleichberechtigte Partnerin mit ihrem Mann im gemeinsamen Studio gearbeitet hat, wurde ihr anders als Robert Venturi kein Pritzkerpreis zuteil. Höchste Zeit also für eine Einzelausstellung, die erstaunlicher Weise das Architekturzentrum Wien organisiert. Ja genau! Sie findet nicht in den USA statt, wo Denise Scott Brown zu Hause ist und derzeit die Me Too-Debatte große Wellen in allen möglichen Bereichen schlägt.
Scott Brown ist im heutigen Simbabwe geboren, sie studierte in Johannesburg und London. In den 60er- Jahren setzte sie ihr Studium in Philadelphia bei Louis Kahn fort. Dort traf sie Robert Venturi, den sie in Santa Monica heiratete. 1964 gründeten die beiden gemeinsam das Büro Studio Venturi Scott Brown Associates. Berühmt wurde Denise Scott Brown als Autorin der Streitschrift »Learning from Las Vegas«, die durch scharfe Kritik an der Moderne weltweit viel Aufmerksamkeit bekam. Selbst Werke wie der Sainsbury-Flügel der National Gallery in London, der nach dem Entwurf von Venturi Scott Brown gebaut wurde, verblassen an Bekanntheit angesichts der Debatte um die 1972 veröffentlichten Beobachtungen zur Casinostadt, die Scott Brown, Venturi und Steven Izenour im Rahmen einer Studie an der Yale School of Architecture and Planning verfasst haben.
Die Ausstellung im Architekturzentrum Wien zeigt Menschen, Orte und Werke von Denise Scott Brown in kunterbunten Billboards an den Wänden. Anstatt auf kritische Distanz setzen die Kuratorinnen Angelika Fitz und Katharina Ritter auf das unmittelbare Eintauchen in die Welt von Denise Scott Brown. Das bunte Panorama, das so entsteht und zur Interaktion einlädt, ist ironisch und postmodern verspielt, zuweilen kritisch und inspirierend. Und es ist auf jeden Fall ein willkommener Anfang für die hoffentlich folgende intensive Rezeption einer Architektin und ihres Werkes, die endlich gebührend gewürdigt werden sollten.
»Your Guide to Downtown Denise Scott Brown« by Jeremy Eric Tenenbaum, hg. und mit Beiträgen von Angelika Fitz, Katharina Ritter, Architekturzentrum Wien, 1. Auflage 2018, Englisch, broschiert, 176 Seiten, 237 farbige und 27 sw Abbildungen, Park Books, Zürich 2018, 36 Euro