Von der Bankenzentrale zum Behördensitz
Bundesministerien in Berlin von KSP Engel
Das Haus Mauerstraße entstand in den Jahren von 1905 bis 1908 für die Deutsche Bank. Nun wurde es zum Sitz des Bundesfamilienministeriums umgebaut. © Hiepler Brunier
Erst Bankensitz, dann Innenministerium und Polizeipräsidium, schließlich Stasi-Aktenbehörde: Die beiden Gebäudeblocks in der Berliner Mauerstraße 27 und 29 haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Errichtet wurden sie zwischen 1873 und 1908 von Wilhelm Martens als Stammhaus der Deutschen Bank. Sie ließ das nördliche der beiden Gebäude Anfang der 1920er-Jahre nochmals um eine Etage aufstocken. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute der Bauhaus-Schüler Franz Ehrlich die Häuser zum Sitz des DDR-Innenministeriums und der Volkspolizei um, in der Nachwendezeit zog unter anderen Bundeseinrichtungen die sogenannte Gauck-Behörde hier ein.
In den Sitzungssälen des Bundesgesundheitsministeriums wurde Franz Ehrlichs Innenausstattung aus den 1950er-Jahren beibehalten. © Hiepler Brunier
Öffentlich-private Partnerschaft
2017 gewann schließlich eine Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmen Hochtief und Zech Bau mit dem Entwurfskonzept der Architekten KSP Engel den Wettbewerb für eine neuerliche Umgestaltung: Der nördliche Baublock sollte zum Sitz des Bundesgesundheitsministeriums, der südliche zur Zentrale des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden.
Viele Zeitschichten blieben erhalten
Was erhalten, was erneuern? Auf diese Frage gaben die Architekten, eng abgestimmt mit der Denkmalschutzbehörde, nicht eine, sondern viele Antworten. Denn nicht nur die kaiserlichen Relikte – allen voran die Treppenhäuser, sondern auch die Räume der Nachkriegsmoderne mit ihrer zeittypischen Farbigkeit und ihren Edelholzvertäfelungen waren erhaltenswert.
Die Cafeteria des Gesundheitsministeriums erinnert mit ihrem Glasdach an eine Kassenhalle, die sich bis zum Zweiten Weltkrieg hier befand. © Hiepler Brunier
Vier Innenhöfe mit unterschiedlichem Charakter
In den nördlichen Baublock des Gesundheitsministeriums fügten die Architekten eine kreuzförmige Neubauspange ein, die die vier Bestandstreppenhäuser verbindet. Aus einem großen wurden so vier kleine Innenhöfe, von denen zwei überdacht sind. Sie dienen als Aufenthaltshof, zur Anlieferung, als Konferenzbereich und als Cafeteria. Letztere empfindet mit ihrem oktogonalen Grundriss und dem Glasdach eine Kassenhalle der Deutschen Bank nach, die früher hier existierte und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Auch einen neuen Stahldachstuhl erhielt das Bundesgesundheitsministerium. Darunter gibt es jetzt Platz für die Haustechnik und eine Kita mit Zugang zu einer Außenspielfläche auf dem Dach.
Majestätische Raumflucht: Die große Kassenhalle im Bau des Familienministeriums erschließt heute die Konferenzsäle © Hiepler Brunier
Glasdach wiederhergestellt
Eine Art Seufzerbrücke verbindet das Gesundheitsministerium mit dem Nachbargebäude, das heute außerdem das Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beherbergt. Es entstand von 1905 bis 1908 als stattlicher Erweiterungsbau der Deutschen Bank mit riesiger Kassenhalle für den Kundenverkehr. Deren große, halbrund gewölbte Glastonne war zu Fritz Ehrlichs Zeiten hinter einer flachen Gipsdecke verschwunden und die repräsentative Haupttreppe auf der Straßenseite durch zwei seitliche Treppen ersetzt worden. Hier stellten die Architekten das ursprüngliche Raumgefüge wieder her und rekonstruierten das Glasdach.
Der Zugang zum Familienministerium führt durch die ehemaligen Tresorräume im Untergeschoss. © Hiepler Brunier
Zugang durch die Tresorräume
Eine Besonderheit im Haus Mauerstraße 27 ist die Eingangssituation: Sie führt durch die einstigen Tresorräume im Untergeschoss herein, wo auch die entsprechenden Sicherheitsschleusen installiert werden konnten. Auch die Büroflächen in den Obergeschossen der beiden Häuser unterscheiden sich deutlich von der gründerzeitlichen Situation: Damals waren die Bankangestellten überwiegend im Großraum untergebracht. Heute werden die 380 Arbeitsplätze im Gesundheits- und 290 Arbeitsplätze im Familienministerium durch Desksharing und mobiles Arbeiten flexibel genutzt.
Angaben zum Projekt
Architektur: KSP Engel
Bauherr: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
Standort: Mauerstraße 27+29, 10117 Berlin (DE)
Nutzer: Bundesministerium für Gesundheit (BMG);
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ); Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS); Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Projektsteuerung: PD Berater der öffentlichen Hand; DU Diederichs Projektmanagement
Generalunternehmer und Betreiber: Arbeitsgemeinschaft ÖPP BMG Mauerstraße Berlin, vertreten durch Hochtief Infrastructure und Zech Bau
Tragwerksplanung: Pelle Ingenieurgesellschaft; Ingenieurbüro Ulrich Grabsch; TWP Hochtief Infrastructure; Ingenieurbüro Doliva; Assmann Beraten + Planen
TGA-Planung: Arup Deutschland; Planungsgruppe M + M; Knott & Partner
Brandschutz: Arup Deutschland; TPG technische Prüfgesellschaft
Bauphysik: Arup Deutschland; Christoph Alertz, Hochtief Infrastructure
Lichtplanung: Arup Deutschland; Kardorff Ingenieure
Beratung Denkmalschutz: Peter Lemburg; SGR – Stefan Grell Restaurierung
Landschaftsarchitektur: nsp Landschaftsarchitekten Stadtplaner