Botanischer Garten in Taiyuan

Chinesische Stadtparks sind in den seltensten Fällen einfach nur Natur. Die meisten von ihnen sind hoch frequentierte Erholungsräume und Orte kultureller Traditionspflege, an die sich nicht selten auch ein hoher didaktischer Anspruch knüpft. Das war auch beim neuen botanischen Garten in Taiyuan, der Hauptstadt der westchinesischen Provinz Shanxi der Fall, den Delugan Meissl Associated Architects auf einer ehemaligen Kohlezeche im Süden der Vier-Millionen-Metropole entworfen haben. Neben dem zentralen Eingangsgebäude mit Naturkundemuseum und Verwaltung fügen sich ein Restaurant, ein Bonsaimuseum, ein Forschungszentrum und vor allem drei Gewächshäuser mit Holz-Glas-Kuppeln in die neu angelegte Topografie ein.

Die drei Kuppeln haben Durchmesser zwischen 43 und 95 m und erreichen Höhen zwischen 12 und 30 m. Sie bestehen aus doppelt gekrümmten Brettschichtholzträgern, die in zwei oder drei sich kreuzenden Schichten angeordnet sind. Die größte von ihnen ist nach Angaben der Tragwerksplaner von StructureCraft die größte freitragende Holzgitterschale weltweit, die sich aus viereckigen Einzelfeldern zusammensetzt.

Ihre Geometrie erinnert von oben gesehen an einer Muschel: Die im Norden relativ dicht beieinander liegenden Holzträger fächern sich nach Süden hin auf, um den solaren Energieeintrag zu maximieren. Das hat unter anderem zur Folge, dass jeder der 2400 Trägerabschnitte ein Unikat ist. Die Kuppeln sind mit doppelt gekrümmten Glasscheiben versehen, die sich in einigen Bereichen zur natürlichen Be- und Entlüftung öffnen lassen. Um Verwindungen der Schalen auszuschließen, steifen schlanke Auskreuzungen aus Stahlseilen die Holztragwerke aus.

Parametrische Planung

Alle drei Kuppeln wurden parametrisch generiert und in Grasshopper und Karamba analysiert, was eine iterative Formfindung und strukturelle Optimierung ermöglichte. Auf diese Weise war es auch möglich, die Fräsgeometrie der Holzverbindungen und die Position von Schraublöchern automatisch festzulegen. Die Leimholzbinder wurden anhand ihrer Breite und ihres Biegeradius in Fertigungsgruppen eingeteilt, so dass sich die Holzlamellen auf einer Vorrichtung mit konstantem Radius pressen und verleimen ließen. Danach wurde die endgültige parabolische Form in die gebogenen Brettschichtholzträger gefräst. Dazu dienten zwei verschiedene Typen sechsachsiger CNC-Maschinen bei den beiden beteiligten Holzlieferanten in Deutschland und Österreich. Sie wurden durch BTL-Dateien angesteuert, die mithilfe von C#-Skripten automatisch aus den 3D-Modellen erzeugt wurden.

© CreatAR

Zusätzlich zu den Trägerprofilen und Endverbindungen bohrten die CNC-Linien die Löcher für die rund 60.000 Schraubverbindungen vor, kerbten die Träger aus, um sie an ihren Kreuzungspunkten passgenau auszurichten, und markierten die nördlichen oder östlichen oberen Enden der einzelnen Elemente, damit die Bauarbeiter vor Ort sie bei der Montage der Paneele richtig herum einbauten.

Transport und Montage vor Ort

Auch die Konfektionierung der Transportcontainer für das Bauholz folgte einem halbautomatischen Prozess. Die Container wurden in der Reihenfolge beladen, in der sie auf der Baustelle benötigt werden würden. Jeder Balken war mit einer Reihe von Nummern versehen, die zur Identifizierung des jeweiligen Containers sowie der endgültigen Position des Balkens in der Kuppel dienten.

© DMMA

Schon vor der Ankunft der Brettschichtholzelemente waren die Betonfundamente der Kuppeln und die Ringträger aus Beton mit den eingegossenen Stahlplatten vor Ort errichtet worden. Für die Kuppelmontage wurde jede Gitterschale in einzelne, 6 bis 9 m breite und 9 bis 12 m lange Paneele zerlegt, die vor Ort vormontiert und dann an ihre Endposition in der Kuppel eingehoben wurden. Dazu wurde die gesamte Grundfläche jeder Kuppel mit einem temporären Stahlgerüst ausgefüllt, das in erster Linie dazu diente, den Zugang zu allen Punkten der Kuppeloberfläche zu ermöglichen.