Bilder einer verschwundenen Stadt: Amatrice
Ansicht von Amatrice mit der Torre Civica und dem Glockenturm von Sant’Emidio, Foto: Enrico Fontolan
Wie erzählt man die Geschichte einer verschwundenen Stadt? Diese Frage brachte ein italienisches Forscherteam auf die Idee, ihre Resultate dazu digital zu präsentieren. Die virtuelle Ausstellung „Fokus auf Amatrice“ macht die zerstörte Stadt wieder lebendig, indem sie ihre Monumente im digitalen Raum kontextualisiert. Gleichzeitig wirft das Ausstellungsprojekt einen kritischen Blick auf den Umgang mit Architektur und Kunst in seismisch aktiven Gebieten, und zwar vor und nach der Katastrophe. Francesco Gangemi, Rossana Torlontano und Valentina Valerio diskutieren am Beispiel Amatrices präventive Schutzverordnungen, Notfallhilfen, Erhaltungskonzepte und Rekonstruktionsmaßnahmen. Durch Fotografien aus verschiedenen Jahrzehnten gelingt es, die Geschichte von Amatrice aus unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren.
Die Rolle der Fotografie
Im Süden der Stadt befand sich ein großes Franziskanerkloster. Seine Architektur und Ausstattung waren ausführlich dokumentiert in Katalogen zu den Konsolidierungs- und Restaurationsarbeiten in den 1950er-Jahren. 10 Jahre später hält der Fotograf Max Hutzel jedoch den prekären Erhaltungszustand San Francescos in seinen Aufnahmen fest. Die verschiedenen Phasen des Zerfalls der Stadt und ihrer Denkmäler sind auch in regelmäßigen Kampagnen der Fotothek der Bibliotheca Hertziana ab den ersten Beben im August 2016 tagebuchartig aufgezeichnet. So lässt sich ein Riss in der Kirchenfassade in Fotografien der 1950er-Jahre erkennen – er trug verstärkt zum Einsturz der Kirche 2017 bei.
Nach der Katastrophe
Nach dem Erbeben von 2017 war die gesamte Stadt zerstört. Kunsthistorisch wertvolle Fragmente San Francescos wurden gesichert, katalogisiert und in Rom ausgestellt. Ausgewählte restliche Trümmer der Stadt wurden abtransportiert. Ein Großteil ist übergangsweise in Depots untergebracht. Trotzdem bleibt die Frage, welche Zukunft die Fragmente haben, bis heute offen. Fest steht nur: Den Ort, so wie er war, gibt es nicht mehr, er ist verschwunden. Einzig die Fotografie erinnert an die Existenz Amatrices.