Respektvolle Stadtreparatur
Bibliothek und Bürgerservice von pbr Planungsbüro Rohling
Der Engelplatz wird neu gefasst und erhält durch das fünfgeschossige Gebäude eine neue Aufenthaltsqualität, die seiner Bedeutung als Schnittstelle zur Stadt gerecht wird. © Brigida González
Südlich des Jenaer Stadtzentrums hat das pbr Planungsbüro Rohling einen Bibliotheksneubau errichtet. Er liegt innerhalb eines Konglomerats heterogener, aufgebrochener städtischer Strukturen und in direkter Nachbarschaft zu den Resten des ehemaligen Karmeliterklosters Zum Heiligen Kreuz. Auch der Fachdienst des Bürger- und Familienservice der Stadt kommt im neuen Gebäude am Engelplatz unter.
Das Kloster wird städtebaulich neu gerahmt, jedoch nicht dominiert und kann weiterhin unabhängig genutzt werden. © Brigida González
Respektvolle Stadtreparatur
Der Neubau fügt sich durch eine Staffelung der Geschosse respektvoll in die lebendige Dachlandschaft ein und schließt gezielt Lücken in der Blockrandstruktur. Die Westfassade definiert den Quartiersabschluss in Richtung des Theaterplatzes neu. Gleichzeitig werden Freiräume für Interaktion geschaffen. Eine neue urbane Qualität wird durch die kleinräumige Fußwegbeziehung zwischen Theater- und Engelplatz generiert.
Unterschiedliche Geschosshöhen, die außergewöhnliche Kubatur des Gebäudes und der Wunsch nach großzügigen, flexiblen Grundrissen stellten Herausforderungen an das Tragwerk aus Stahlbeton dar. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt durch die Außenwände sowie die Erschließungskerne und Geschossdeckenplatten, welche als Flachdecken ausgeführt sind. Bohrpfahlwände sichern den umliegenden Bestand, das Tragwerk des Neubaus ruht auf einer Flächengründung.
Der Bibliotheksneubau verzahnt sich südlich des Stadtzentrums mit seiner Umgebung. © Brigida González
Regionale Farbe
Vertikal gerastert und dynamisch hebt sich der Neubau durch die Fassadengestaltung von seiner Umgebung ab. 20 mm starke Glasfaserbetonelemente bilden in unregelmäßigen Reihungen die Lamellenstruktur der hinterlüfteten Vorhangfassade. Ihre Farbigkeit soll an die des regional vorkommenden Muschelkalksteins erinnern. Horizontale Stahlprofile schließen die vorgefertigten Fassadenelemente unterschiedlicher Breiten nach unten und oben optisch ab.
Die bis zu vier Meter hohen Glasfaserbetonelemente werden mit raumhohen Aluminiumfenstern kombiniert. © Brigida Gonzalez
In der östlichen Neugasse ergänzt das Bibliotheksgebäude eine Lücke im Blockrand. © Brigida González
Ruhigere Zonen in den oberen Geschossen
Der nördliche Gebäudeteil wird vom Engelplatz mit den Räumlichkeiten des Bürger- und Familienservice erschlossen. Mit zunehmender Geschosszahl verringern sich im gesamten Gebäude die öffentlich zugänglichen Flächen.
Die innere Erschließung der oberen Geschosse erfolgt über eine Kaskadentreppe. © Brigida González
Separate Zugänge
Auch die Bibliothek ist durch ein zentrales Foyer im Erdgeschoss erreichbar. Der Zugang liegt zurückversetzt an der neuen Verbindung von Theater- und Engelsplatz. Eine zweigeschossige Auskragung betont die Eingangssituation gegenüber der Klosterstruktur. Die Bibliothek umfasst einen Veranstaltungsbereich mit Kreativraum und Werkstatt, einen Zeitschriftensalon, die Kinder- und Jugendbibliothek, zahlreiche Sitz- und Leseecken, ein Lernzentrum sowie eine kleine Artothek. Mobile Raumeinbauten und Möbelstandorte im gesamten Gebäude schaffen flexible Voraussetzungen für zukünftige Veränderungen.
Architektur: pbr Planungsbüro Rohling AG
Bauherr: Stadt Jena
Standort: Engelsplatz 2, 07743 Jena (DE)
Landschaftsarchitektur: Stock Landschaftsarchitekten
Fertigstellung: November 2023
Baukosten: 35,5 Mio. € (brutto)
Bruttogrundfläche: 10 500 m²