Phantastischer Zerrspiegel
Begehbarer Raum O im Hof der Münchner Glyptothek
Raum O im Innenhof der Glyptothek in München: Die begehbare Skulptur des Duos Rasthofer/Neumaier vereint experimentelle Architektur und plastisch-skulpturale Gestaltung. © Anne Wild
Raum O ist nach der Sichtung die unlängst noch in Unterammergau stand, die zweite begehbare Großskulptur, die die Architektin Hildegard Rasthofer und der Metallbauer Christian Neumaier realisiert haben. Für Besucher der Glyptothek steht sie noch bis 14. April 2024 frei zugänglich und vom Haupteingang aus direkt sichtbar mitten in deren Innenhof.
Die sanft beweglichen Flügel geben den Zugang in das leere Innere frei. © Anne Wild
Grenzflächen verschwimmen
Unter dem Label Rasthofer/Neumaier arbeitet das Künstlerduo aus der Nähe von München interdisziplinär in den Feldern experimentelle Architektur und plastisch-skulpturale Gestaltung. Ihr Objekt Raum O besteht aus sechs gebogenen Elementen aus spiegelpoliertem Edelstahl. Diese bilden eine Art Rotunde mit 9 m Durchmesser und 3,6 m Höhe. Sie agieren wie sanft bewegliche Flügel und erlauben den Zugang in das leere Innere. Spätestens hier fangen die Grenzflächen langsam an zu verschwimmen.
Begegnung und Konfrontation
Eines der großen Themen der antiken griechischen Kunst ist die Darstellung des menschlichen Körpers. Während in vorangegangenen temporären Sonderausstellungen, beispielsweise von Jim Dine oder Santiago Calatrava in der Glyptothek eine künstlerische Reinterpretation historischer Darstellungen zu Grunde liegt, verfolgen Rasthofer/Neumaier einen anderen Ansatz. Mit Raum O wollen sie ebenfalls eine Begegnung mit Körpern schaffen. Das skulpturale Ereignis offenbart sich jedoch erst in der Konfrontation mit den Betrachtenden.
Die Konstruktion besteht aus sechs gebogenen Elementen aus spiegelpoliertem Edelstahl. © Anne Wild
Spiegelbilder in Auflösung
Auf der polierten Hülle der dreidimensionalen Konstruktion, die stattliche 23,5 t auf die Waage bringt, bilden sich schemenhaft umgebende Körper ab. Durch Bewegung geraten die Spiegelbilder in Auflösung. Wie in einem Kaleidoskop formieren sie sich immer wieder neu zu Zerrbildern. Wer Spiegelkabinette mag, wird Raum O lieben. Zur Eröffnung von Raum O gab es übrigens weiße Baumwollhandschuhe, die die Künstler teils persönlich mit dem Ausstellungstitel bedruckt hatten. Man wird sehen, ob und wie sich Finger- und sonstige Abdrücke in den nächsten Monaten auf den Wänden etablieren.
Ausstellung: Raum O
Ausstellungsort: Glyptothek München, Königsplatz
Ausstellungsdauer: 15. Oktober 2023 bis 14. April 2024
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–17 Uhr, Donnerstag 10–20 Uhr, geschlossen am 24. und 31. Dezember
Weitere Informationen: rasthofer-neumaier.art/artworks/room-o