Bauliche Erhabenheit: Kapelle Salgenreute von Bernardo Bader
Foto: Adolf Bereuter
Bereits der erste Blick auf den steinernen Sockel und die daraus herauswachsende, subtile Holzkonstruktion verdeutlicht das Verhältnis zwischen Alt und Neu. Gemeinsam mit mehr als hundert Krumbacher Bürgern und lokalen Handwerkern wurde die Kapelle in einem Prozess gemeinsamen Planens realisiert. Die Entscheidung für die Materialien Holz und Stein resultierte aus der baulichen Tradition des Ortes. Die Zeit und die Natur sollen die Kapelle peu à peu verändern und sich dem bescheidenen Bau immer mehr annehmen. So soll die Fassade im Süden mit der Zeit dunkel werden, im Norden silbergrau, wie die alten Bauernhäuser. Grundriss und Grundform der Kapelle basieren annäherungsweise auf jahrhundertealten Bautradtionen. Hauptschiff und Apsis bilden dabei das klassische Bild einer Kapelle.
Leicht erhöht sitzt die Kapelle auf einem massiven Steinsockel und setzt sich so vom Erdreich ab. Eine baulich inszenierte Betonstufe lässt den Besucher ganz bewusst erst in den überdachten Außenraum, dann in den Innenraum hineintreten. Die Thematik der Schwelle wird so zum wesentlichen Thema. Die Architekten beschreiben dies mit folgenden Worten: »Wer die Kapelle betritt, verlässt den festen Grund – er begibt sich auf eine besinnliche Reise.«
Im Innenraum angekommen scheint das Mobiliar mit der Gesamtkonstruktion zu verschmelzen. Alles wirkt wie aus einem Holz geschnitzt; es entsteht ein einheitliches, ruhiges Bild. Ein Faltwerk aus Kreuzlagenholzplatten sowie zwölf dünne Spanten bilden die Konstruktion des zarten Baus, wobei die Spanten die Vertikalität und Orientierung zum Dach hin unterstützen. Auch der Lichteinfall ist von besonderer Bedeutung. Er taucht den Raum in eine erhabene Atmosphäre. Die Marienstatue stammt noch aus dem vorherigen Kapellenbau und schafft auf sehr bildhafte Art und Weise den Bezug zur alten Kapelle. Seitlich angeordnet gibt sie den Blick nach vorne durch die helle Apsis frei und so auch den Blick in die Natur.
Mit ihrem Konzept gelingt Bernardo Bader Architekten zusammen mit den Krumbacher Bürgern ein an Traditionen angelehnter Baukörper, der es schafft, eine eigenständige, selbstbewusste Sprache zu sprechen. Lokale Bauelemente werden weiterentwickelt ohne fremd zu wirken. Holzschindeln als durchlaufendes Material an Dach und Außenwand stehen für den Einsatz eines ortsgebundenen, architektonischen Vokabulars. Das steile, spitze Satteldach schafft ein Gebäude, das durch prägnante Zeichenhaftigkeit besticht. Auch im Innenraum sind Wand und Dach einheitlich in Holz gekleidet. Frontal einfallendes Licht betont die dreidimensionale Wirkung.