Bauen mit Naturbaustoffen: Closer to Nature

Die Berlinische Galerie zeigt die Ausstellung Close to Nature – Bauen mit Pilz, Baum, Lehm. Anhand von drei Projekten in Berlin präsentiert die Schau neue Perspektiven auf Naturbaustoffe, die nicht nur als Rohmaterial eine Rolle spielen, sondern auch den historischen Stadt-Natur-Konflikt verändern können.

Natur vs. Architektur

Wie die Metapher der Urhütte zeigt, entwickelte sich die Architektur in automatischer Konkurrenz zur Natur, doch hätte diese Branche ohne sie nicht entstehen können. Entsprechend beginnt die Ausstellung mit Fotografien, die das Verhältnis zwischen Mensch und Natur zeigen. Besuchende können 45 Originalpläne und -zeichnungen, Renderings, Objekte und Modelle besichtigen. Darunter findet sich beispielsweise ein echtes Modell einer Baumverwachsung.

Baubotanische Fassaden

Die Baum-Skulptur repräsentiert die Vision eines Entwurfs aus dem Jahr 2012, der den dritten Platz im Wettbewerb zum Ausstellungshaus Futurium belegt hat. OLA – Office for Living Architecture hat damals das neue Ausstellungsgebäude beim Berliner Hauptbahnhof als von Bäumen umranktes Gebäude konzipiert. Die vorgesehene baubotanische Fassade wäre mit dem Gebäudekern verwachsen und auf einer Rampe erschlossen worden. Die Bäume hätten Tieren Lebensraum bieten, Feinstaub binden und durch Verschattung Energie sparen können.

Bauen mit Pilzen

Darüber hinaus ist die bewohnbare Skulptur MY-CO SPACE vom Kollektiv MY-CO-X zu sehen. Die etwa 20 m² große experimentelle pilzbasierte Konstruktion wurde mit 300 Paneelen aus einem im Labor recycelten Material verkleidet. Es ist selbst vollständig abbaubar, leicht und dämmend. An seiner Robustheit, auch gegen Witterung und Feuer, wird aktuell geforscht.

Ausstellungsansicht, MY-CO-X, MY-CO Space, 2021, Berlinische Galerie © Harry Schnitger

Moderner Lehmbau

Das dritte Berliner Projekt ist die bekannte Kapelle der Versöhnung von Rudolf Reitermann und Peter Sassenroth mit Martin Rauch. Das Bauwerk mit seiner 7 m hohen Stampflehmwand gilt heute als Pionierleistung. Für die Ausstellung hat Martin Rauch eine Installation aus vorgefertigten Stampflehm-Elementen entworfen, die Besuchenden die ästhetische Kraft des Lehms verdeutlicht. 

Kapelle der Versöhung, 1996–2000, © Reitermann/Sassenroth, Foto: Bruno Klomfar

Abseits der technischen Aspekte

Pilz, Baum und Lehm: Drei wichtige Bereiche des aktuellen Paradigmenwechsels werden durch die sorgfältige Auswahl der Projekte abgedeckt. Ziel der Ausstellung ist es, den Besucher:innen natürliche Baumaterialien außerhalb der technischen Entwicklung zu zeigen. Durch die Einführung der kulturellen Dimension in eine bisher rein technische Debatte hinterfragen die drei Projektbeispiele die grundlegende formale und konzeptionelle Gestaltung von Gebäuden.