02.08.2013 Peter Popp

Bäume aus Stahl: Gewächshaus in Grüningen

Während der Grundriss des etwa 200 Quadrtameter großen Gebäudes Bezüge zur Kleinsstruktur von Lebewesen aufbaut, nimmt die Form der eingespannten Stahlstützen Bezug auf die Morphologie der Bäume. Die Stützen wurden aus je 12 Flachstahllamellen mit einer Stärke von 40 mm gefertigt. In einer Höhe von etwa 5 Metern verzweigen sie sich und gehen nahtlos in Äste mit unterschiedlichen Neigungen über, wodurch eine mehrfach geknickte Dachfläche entsteht. Ein umlaufender Kranz, ebenfalls aus Flachstahl, verbindet die Rippenenden und gibt dem Gebäude eine polygonale, klar definierte Umrissform.

Dachaufsicht, Grafik: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Schnitt, Grafik: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Weitere Informationen
www.botanischer-garten.ch

www.id-a.ch Artikel
best architects 14 - Vielfalt und Qualität

Weitere Projekte zum Thema »Bauen mit Stahl« finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe
DETAIL 2013/7+8
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Das neue Schauhaus in Grüningen liegt eingebettet in den alten Baumbestand des Botanischen Gartens. Mit vier Pfeilern, die an Stämme erinnern, und Rippen, die wie Äste auskragen, spannt es mit graziler Leichtigkeit eine gläserne, allseits transparente Klimahülle auf.
Architekten: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich
Statik und Planung, Stahl/Glas-Bau: Tuchschmid AG, Frauenfeld
Standort: Botanischer Garten Grüningen, Im Eichholz 1, CH-8627 Grüningen

Foto: Markus Bertschi

Lageplan, Grafik: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Mikroskopische Schnitte durch Zellgewebe und das damit in Bezug stehende Voronoi-Diagramm dienten als Inspiration für die ausgeklügelte Konstruktion. Auf Basis des Diagramms wurden die Baumstämme und Pfeiler mit Zellkernen, und die Umrisse von Baumkronen und den vier Stahlschirmen mit den Zellmembranen, assoziiert.

Voronoi Diagramm, Grafik: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Foto: Markus Bertschi

Auf der oberen Seite wurden die Stahllamellen der Dachkonstruktion mit einem Flachstahl zu einem T-Träger verschweißt um die Tragfähigkeit zu erhöhen. Besonders im Fokus standen bei den statischen Berechnungen die Knotenpunkte des Dachtragwerks: hier werden jeweils zwei bis sechs Dachträger zusammengeführt. Miteinander verschweißt wirken die T-Träger als dreidimensionaler Giebelrahmen. Alle Knotenpunkte sínd stützenfrei und für die Glaswände statisch tragend.

Die Isoliergläser des Daches mussten aufgrund der Größe der Dreickesflächen jeweils in ein trapezförmiges und ein dreieckiges Element aufgeteilt werden. Foto: Markus Bertschi

Der Entwurf steht in starkem Bezug zum Ort. Die Lücke im Wald, die durch den Abbruch der beiden alten Gewächshäuser entstanden war, sollte wieder geschlossen werden – mit einer Architektur die in Logik, Struktur und Ausdruck von Bäumen inspiriert ist.

Foto: Markus Bertschi

Architekten: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Statik und Planung, Stahl/Glas-Bau:
Tuchschmid AG, Frauenfeld Bauleitung: BBP Architekten Bührer, Brandenburger & Partner, Wetzikon Bauherr: Zürcher Kantonalbank Öffnungszeiten: 1. April - 31. Oktober, täglich von 10-17 Uhr, Eintritt frei Das Projekt BOG. Schauhaus Botanischer Garten Grüningen erhielt kürzlich eine Auszeichnung beim "best architects 14" award in der Rubrik "Öffentliche Bauten".  Ein Beitrag von Peter Popp.

Foto: Markus Bertschi

Die Glasfassade steht auf Streifenfundamenten und wird oben von den Stahlrippen und dem Kranz gehalten. Die Glasscheiben mit Höhen bis zu 5,1 Metern sind oben und unten gelagert. Vertikal sind sie nur verfugt, bei den Stahlstützen sind sie zusätzlich seitlich geführt.

Detail, Anschluss Vertikalverglasung an Stahlstütze, Grafik: idA Buehrer Wuest Architekten, Zürich

Fotos: Markus Bertschi

Da das Haus auch subtropische Pflanzen beherbergt, muss das Klima das ganze Jahr hindurch konstant gehalten werden. Die Temperatur- und Feuchtigkeitsreguliereung erfolgt größtenteils auf natürliche Weise durch ein automatisches System mit insgesamt sieben sich öffnenden und schließenden vertikalen Lüftungselementen. Über den Dachpaneelen sorgen dreieckige Sonnensegel dafür, dass unerwünschte Wärme möglichst gar nicht erst ins Gebäude gelangt. Die Energieeffizienz des Gebäudes wird außerdem unterstützt durch den Einsatz eines Spezial-Glases, das einerseits die Festigkeitswerte für die Statik erfüllt, andererseits die für ein subtropisches Klima notwendige Isolation gewährleistet. Zum Einsatz kam ein Verbundsicherheitsglas aus einer Außenscheibe ESG 15 mm und einer Innenscheibe VSG 21-4, 2 x 10 mm Float. Im Zwischenraum sorgt eine Vierfach-Folie für die notwendige erhöhte UV-Durchlässigkeit.

Foto: Markus Bertschi

Das Schauhaus im Sommer.....Foto: Markus Bertschi

....und im Herbst. Fotos: Markus Bertschi

"idA Architekten aus Zürich ist ein selbstbewusstes und zugleich dialektisches Bauwerk gelungen, das die Grenzen zwischen Architektur und Natur klar zieht und dennoch beide Sphären in einen engen Dialog treten und teilweise sogar ineinanderfliessen lässt. Der gläserne Pavillon besetzt verschiedene Übergangszonen – von natürlicher zu künstlicher Umwelt, zwischen Natur und Kunst, von Vergänglichkeit bis Permanenz." (Niggli) Der Text entstammt einem soeben im Niggli Verlag erschienenen Buch, dass sich dem Bauwerk auf verschiedenen Ebenen nähert. Texte zur Entstehung, zur Konstruktion und Geschichte des Gartens werden umschlossen von Bildteilen. Markus Bertschi und Ladina Bischof zeigen aus ihrem fotografischen Blickwinkel, wie das Schauhaus und die faszinierende Flora des Botanischen Gartens in einen Dialog treten. Gestaltwandel. Schauhaus Botanischer Garten Grüningen, Jörg Himmelreich (Hrsg.), Niggli, Juni 2013, 72 Seiten, Klappenbroschur, rund 75 Abb, und Pläne, 18,7 x 26,3 cm, Deutsch,  ISBN-10: 3721208811, ISBN-13: 978-3721208818, € 25,50
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