Auf den Flügeln der Schneeeule
Ilulissat-Eisfjordzentrum in Grönland von Dorte Mandrup
Foto: Adam Mørk
Mit 4700 Einwohnern ist Ilulissat, das frühere Jakobshavn, Grönlands drittgrößte Gemeinde und zugleich eine seiner wichtigsten Tourismusdestinationen. Zu den Hauptattraktionen zählt hier, 250 km nördlich des Polarkreises, vor allem der Sermeq Kujalleq, einer der größten Gletscher Grönlands und der schnellste weltweit. Mit durchschnittlich 20 m pro Tag schiebt er seine Eismassen in den Ilulissat-Eisfjord, der deshalb zu den wichtigsten Geburtsstätten für Eisberge auf dem Globus zählt.
Leichte Konstruktion, aerodynamische Form
Das neue Eisfjordzentrum von Dorte Mandrup steht auf einer leichten Anhöhe rund 1 km südlich des Stadtzentrums. 2016 hatten die Architektin und ihr Kopenhagener Büro den Wettbewerb für den Neubau gewonnen – mit einem Entwurf, dessen leichte Konstruktion und aerodynamische Form mehr sind als nur ein gestalterisches Mittel. Der Flügel einer Schneeeule stand für den Entwurf Pate. 52 Stahlrahmen tragen Dach, Fassaden und Bodenplatte des Neubaus, der bis auf die Punktfundamente aus Beton vom Erdboden losgelöst ist, damit die im Frühjahr reichlich anfallenden Schmelzwassermassen ungehindert unter ihm durchströmen können. Aus demselben Grund schied auch ein Holztragwerk aus – das viele Wasser und der ständige Wechsel zwischen Frost und Tauwetter hätten dem Material zu sehr zugesetzt. Die windschnittige Form ist darauf ausgelegt, Schneeverwehungen an den Fassaden und unter dem Gebäude gar nicht erst auftreten zu lassen. Beheizt wird das Haus elektrisch mit Infrarotheizplatten. Die eigentlich ineffiziente Art der Wärmeversorgung macht hier Sinn: Ökostrom aus Wasserkraft gibt es in Ilulissat im Überfluss, und eine Wärmepumpenheizung war aufgrund des Permafrostbodens und der niedrigen Außentemperaturen im Winter keine Option.
Mehr dazu in Detail 12.2021.