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Amerikas Solarexperimente
Nicht nur Europas Avantgarde-Architekten der Moderne diskutierten über Solarenergienutzung in der Architektur. Teil 5 unserer Jubiläumsserie blickt in die USA, wo in den 30er- und 40er-Jahren nicht nur das Isolierglas erfunden, sondern auch die ersten wirklichen „Solarhäuser“ entstanden – und scheiterten.
Während die kurze Blüte der Moderne (und damit des solaren Bauens) in Deutschland mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten bereits wieder endete, entstanden in den USA der 30er- und 40er-Jahre einige bemerkenswerte Experimentalbauten und technische Neuentwicklungen. 1935 entwickelte die Firma Libbey-Owens-Ford die erste Doppel-Isolierverglasung. Zu den Pionieren, die das neue Material in ihren Gebäuden verwendeten, gehörte der Chicagoer Architekt Fred Keck. Er baute 1940 für den Immobilienentwickler Howard Sloan ein „solar home“, das in seiner Gestaltung bereits auf die Solararchitektur der 80er- und 90er-Jahre vorausweist. Der in West-Ostrichtung ausgerichtete, schmale Gebäuderiegel ist auf der Südseite nahezu voll verglast; große Dachüberstände schützen ihn hier vor der Sommersonne.
Weitere, von Keck in Sloans Auftrag geplante „solar homes“ zeigten jedoch auch die Grenzen und Probleme der neuen, radikal-solaren Bauweise: Große Glasflächen im Verbund mit herkömmlichen, für die neue Bauweise meist überdimensionierten Heizsystemen führten oft zu einer Überhitzung der Räume. Außerdem heizten sich die Solarhäuser, sofern sie in der in den USA üblichen Leichtbauweise errichtet wurden, tagsüber stark auf und kühlten nachts stark aus. Eine Lösung dieses Problems entwickelte der Architekt Arthur Brown 1945 für sein Wohnhaus in Tucson: Auch hier ist der Grundriss schmal und die Südfassade vollständig verglast. Zusätzlich fügte Brown in der Mitte des Gebäudes eine Längswand aus schwarz gestrichenem Beton ein, die als Wärmespeicher und –kollektor fungiert.
Um die bisherigen Experimente auf eine solide wissenschaftliche Basis zu stellen, finanzierte Libbey-Owens-Ford in den 40er-Jahren zwei Forschungsprojekte: das erste, um das thermische Verhalten existierender Solarhäuser zu evaluieren, und das zweite, um allgemeine, von Standort und Klima abhängige Kennzahlen für den optimalen Verglasungsanteil der Fassaden zu finden. Man hoffte, auf diese Weise aus den Fehlern der Vergangenheit lernen zu können.
Doch der Markt war schneller: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Neubauten in den USA exponentiell an. Zahlreiche Anbieter von Fertighäusern sprangen auf den neuen Trend des solaren Bauens auf. Ob die von ihnen angebotenen Gebäude an ihrem Bestimmungsort noch korrekt zur Sonne ausgerichtet wurden und ob ihr Fensteranteil den Klimabedingungen des Standorts entsprach, überließen sie jedoch dem Zufall. Probleme mit Überhitzung und horrenden Heizkostenrechungen blieben nicht aus und trugen letztlich mit zum Niedergang des solaren Bauens in den 50er-Jahren in den USA bei.
Eine Reihe weiterer wegweisender, aber letztlich folgenloser Solarbau-Experimente fand zwischen 1938 und 1962 am Massachusetts Institute of Technology statt. Insgesamt vier „Solar Houses“ sollten vor allem die technischen Möglichkeiten der Gebäudebeheizung mit Solarenergie erproben. Anders als die Solarhäuser von Chicago und Arizona prägten hier nicht große Südfassaden aus Glas, sondern große Dachflächen mit Solarkollektoren das Bild.
Das Ziel war zunächst ein möglichst hoher Autarkiegrad bei der Gebäudeheizung – mit erheblichen Auswirkungen auf die Raumnutzung. Im ersten Solarhaus des M.I.T nahm ein rund 65 Kubikmeter Wasser fassender, gedämmter Wärmespeicher das gesamte Kellergeschoss ein, der das ganze Jahr über ausreichend Heizwärme zur Verfügung stellen sollte. Beheizt wurde das Haus indessen nicht durch einen Warmwasserkreislauf, sondern durch Luft, die zuerst den heißen Tank umströmte und dann in die Räume eingeblasen wurde.
Ein zweites Forscherteam am M.I.T entwickelte in den 40er-Jahren einen solaren Luftkollektor für Gebäude, der seine Wärme in einen 6 Kubikmeter fassenden Kiesspeicher einspeiste. Im Gestein blieb die Wärme für 2-3 Tage gebunden – genug, um auch kürzere sonnenarme Perioden zu überbrücken.
Der wissenschaftliche Beweis, dass eine weitgehend solare Gebäudebeheizung technisch möglich ist, war damit erbracht. Ökonomisch wettbewerbsfähig waren die gefundenen Lösungen jedoch noch bei weitem nicht. Die solare Autarkie, so hatte sich vielmehr gezeigt, würde für die breiten Bevölkerungsschichten noch lange Zeit eine Utopie bleiben. Das dritte Solarhaus des M.I.T beschränkte sich daher – ebenso wie der solare Luftkollektor - „nur noch“ auf das Ziel, zwei bis drei sonnenarme Wintertage mit Solarwärme zu überbrücken. Für längere Kälte- oder Schlechtwetterperioden war das Haus mit zwei kleinen Elektroheizgeräten ausgestattet.
Der zweite Unterschied zu den Vorgängerbauten lag in der Verknüpfung von aktiver und passiver Solarenergienutzung: Durch große Südfenster, die aufgrund der geringeren Kollektorfläche nun möglich wurden, sollte der Heizwärmebedarf des Hauses von vornherein gesenkt werden. Der Warmwasserspeicher war nur noch ein Zehntel so groß wie jener des ersten Solarhauses und auf dem Dachboden unter dem Giebeldach untergebracht. Ferner besaß dieses Haus nun erstmals eine Warmwasserheizung, die Deckenpaneele als Heizflächen nutzte.