15.05.2013 Florian Maier

Altbestand integriert – neue Postzentrale in Wien

Die neue Unternehmenszentrale der Österreichischen Post AG wird Büros für rund 1.000 Mitarbeiter und eine Postfiliale beinhalten. Dazu sind maximal 5.000 m² Nutzfläche für Dienstleistungs- sowie Handelsbetriebe vorgesehen. Die Stadtverwaltung verspricht sich davon, dass der urbane "Lebens- und Leidenschaftsraum Rochusmarkt" nachhaltig weiterentwickelt und gestärkt wird.

Architekten: Schenker Salvi Weber Architekten und feld72 architekten
Standort: Maria-Eis-Gasse 1 (Rochusmakrt), A-1030 Wien

Rendering: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Ein Teil des bestehenden Gebäudes – das Objekt in der Rasumofskygasse 29 – muss zum einen wegen der denkmalgeschützten Art-Deco-Fassade aus den 1920er-Jahren erhalten bleiben, zum anderen auf Grund der technischen Einbauten im unteren Teil des Hauses. Es wird im Zuge der Bauarbeiten saniert und zukünftig ebenfalls moderne Büroflächen unterbringen.
Die Architekten beschreiben ihren Ansatz: Der Baukörper nimmt mit seiner städtebaulichen Stellung und plastischen Ausformulierung seine Aufgabe als wichtige Institution im öffentlichen Stadtraum wahr. Trotz flexibler Organisation im Inneren wirkt der Baukörper mit einer identitätsstiftenden Fassade. Die großzügige, lichtdurchflutete Erschließungsschicht als Rückgrat zwischen Alt- und Neubau dient der Orientierung und als Verteiler im Gebäude. Der Baukörper ist funktional organisiert und bietet übersichtliche und klare Adressen für die Nutzer. Der Neubau ergänzt den denkmalpflegerisch erhaltenswerten Bau. Es entsteht ein kompaktes, selbstbewusstes Ensemble. Das gestaffelte Volumen fügt sich stimmig und proportional in die Situation ein.

Modell: Schenker Salvi Weber
Architekten / feld72 architekten

Der Entwurf formuliert klare Adressen. Die Schnittstellen zwischen den Nutzern und Geschossen werden räumlich, funktional und übersichtlich gelöst. Die Anordnung der vertikalen Erschließungen garantiert eine effiziente Wegeführung im Gebäude. Auf den Geschossen entstehen entlang der Fassaden Aufenthaltszonen mit gutem Bezug zum Außenraum.

Die Platzebene wird räumlich in das Gebäude fortgesetzt und begleitet die Besucher in die lichtdurchflutete Shoppingmall. Die erdgeschossig eingeschnittene Glasfassade dient als Gelenk zwischen Rochusplatz & Erdbergstraße, artikuliert die Zugänge und vermittelt zwischen den angrenzenden Räumen. Ein Restaurant an prominenter Stelle profitiert hier von seiner exklusive Lage und bespielt die Stadtebene.

Schnitte: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Die Treppen bilden mit den Lift und WC-Anlagen je einen kompakten Kern und gliedern die polygonale Grundrissfigur. Ihre strategische Positionierung an den neuralgischen Punkten gewährt eine optimal flexible Teilung der Geschossflächen für die Abteilungen oder eine spätere "Multitenant-Vermietung". Der Baukörper nimmt den polygonalen Grundstückszuschnitt auf und entwickelt daraus einen gestafffelten, wohlproportionierten Stadtbaustein. Der Rochusplatz erhält einen entspannten räumlichen Abschluss. Der Baukörper vermittelt mit seiner homogenen, tektonischen Fassade und den erdgeschossigen Glaseinschnitten in die Erdbergstrasse.

Grundriss: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Jedem Büroraster wird ein trapezförmiges Lüftungselement zugeordnet. Der Verlauf von rechtwinkligem zu konischem Zuschnitt bildet mit einfachen Mitteln eine sich bewegende Fassadenstruktur. Von Innen erhält so jedes Büro einen einzigartigen Ausblick. Die Perforationen der Lüftungselemente sind bei geöffnetem Lüftungsflügel von Innen erlebbar. Die farblich mit der Fassade abgestimmten Ausstellmarkisen verändern temporär die Wahrnehmung des eleganten Fassadenbildes.

Aufbauend auf dem Büroraster von 2,70 m bietet sich dem Nutzer hinter der klar strukturierten Hülle eine maximale Flexibilität.

Modell: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Der Jury gefiel am Siegerentwurf die gelungene Kombination des Altbestandes mit modernen Akzenten und neuen Gebäudeteilen: seine "ruhige Gesamthaltung" und eine besonders "klar gerasterte Fassade". Als äußerst positiv beurteilte man in funktionaler Hinsicht den Hauptzugang sowie die innere Erschließung der Büroflächen in Form eines zentralen schlanken Atriums. An der Schnittstelle zwischen "alt" (Bestandsgebäude) und "neu" ermöglicht dieser Raum Begegnung und Kommunikation und fördert dadurch die gemeinsame Identität der Organisation.

Rendering: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Die geplanten Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe sollen möglichst durchmischt werden und die vorhandenen Angebote in der Umgebung erweitern und stärken. Der neue Gebäudekomplex muss über eine ausreichende Durchgängigkeit und Durchlässigkeit für Fußgänger auf selber Ebene mit den umliegenden öffentlichen Freiflächen verfügen. Die drei Zonen Rochusmarkt outdoor – wettergeschützte Plaza indoor – Ruhezone Grete-Jost-Park sind über eine Verbindungsachse verknüpft.
Die Österreichische Post AG zum Neubau: „Die hohe Anzahl der Mitarbeiter am Standort erhöht das Kaufkraftpotential im Einzugsgebiet und bietet wesentliche Chancen insbesondere für Nahversorgung, büronahe Dienstleistungen, Gastronomie und soziale Angebote. Handels und Dienstleistungsangebote sowie Gastronomieangebote in der Plaza-Zone stellen eine Erweiterung des Angebotes am Rochusmarkt dar und erhöhen die Qualität der Erdgeschoßzone.“

Mit den notwendigen vorbereitenden Infrastrukturmaßnahmen wurde begonnen und ein geplanter Baubeginn 2014 soll bis 2017 ein bezugsfertiges Objekt sicherstellen. Ausschreibung
Der EU-weite Wettbewerb erbrachte über 100 Einsendungen unter folgenden Vorgaben:
  • Begrenzung der höchstzulässigen Fläche des Einkaufszentrums auf rund 9.000 m².
  • Begrenzung der Geschoße für Handels- und Dienstleistungseinrichtungen auf maximal drei Geschoße - Plaza (1. UG, EG, 1. OG)
  • Hochrangige Belichtung (Tageslicht) zur Entwicklung einer qualitätsvollen Einkaufsatmosphäre
  • Dimensionierung der Geschäftslokale grundsätzlich für Klein- und Mittelbetriebe
  • Herstellung eines hochwertigen Ambientes in der Plaza-Zone (EG)
  • Gewährleistung ausreichender Bewegungs- und Aufenthaltsflächen der allgemein zugänglichen Plaza-Flächen
  • Sicherstellung von geeigneten Flächen für Nahversorger (Güter des täglichen Bedarfes) und soziale Dienstleistungen (Arztpraxen, Kindergruppe etc.)
  • Architektonische Aufwertung des Standortes mit hochwertiger urbaner Akzentuierung
  • Hochwertige Anbindung an die bestehende U-Bahn-Station
  • Herstellung einer durchgehenden Freiraum-Achse in der Erdgeschoß-Zone zwischen Rochusmarkt durch die Plaza in den Grete- Jost-Park. Die Öffnung dieses Durchganges ist zu den Betriebszeiten der Plaza vorgesehen.
  • Verbesserung der öffentlichen Wegverbindung Erdbergstraße - Grete- Jost-Park- Rasumofskygasse
  • Minimierung der verkehrlichen Auswirkungen im Betrieb, insbesondere auch bei Zulieferungen
  • Freiwillige Reduktion der Kfz-Stellplätze im UG deutlich unter die Werte des Stellplatzregulatives, bedingt durch die ideale öffentliche Anbindung und Schaffung einer gut zugängigen und ausreichend dimensionierten Fahrradabstellzone

Die Jury kürte den Siegerentwurf einstimmig. Sämtliche Wettbewerbsbeiträge der zweiten Stufe sind einzusehen auf www.architekturwettbewerb.at.

Lageplan: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Grafik: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

Der Haupteingang zum Postgebäude liegt in zentraler Lage an der Ecke Rasumofskygasse / Rochusplatz. Eine großzügige Treppe in der zweigeschossigen Lobby erschließt das 1.Obergeschoss, welches als Verteilergeschoss dient. Entlang des geschützten Altbaus wird in der mehrgeschossigen, atriumartigen Fuge zwischen Alt & Neubau die zentrale Erschließung eingebunden. Es entsteht ein eigenständiger von Tageslicht durchfluteter, kommunikativer Raum. Zeitgleich vermittelt die Treppenanlage in dieser Multizone zwischen den unterschiedlichen Höhen von Alt und Neu. Die Treppenanlage bildet hier mit den Lift und Sanitäranlagen einen kompakten, langgezogenen Kern. Die Innere Fassade welche sich von Aussen in den Innenraum fortsetzt stellt die Raumgrenze und das Gegenüber des Bestandbaus dar.

Rendering: Schenker Salvi Weber Architekten / feld72 architekten

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