18.11.2022 Edith Walter

Ofenturm in Cham

© Kuster Frey, Zürich

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Boltshauser Architekten gewinnen mit ihrem Ofenturm für das Ziegeleimuseum in Cham den Detail Award 2022. Der ungewöhnliche Turm ergänzt das dortige Museumsensemble: Er ist Experiment und Exponat in einem und aus einem Material gefertigt, das alle Sinne anspricht – Lehm. Nähert sich der Besucher, die Besucherin dem Bauwerk, fühlt man sich an ein Turmgrab in Oman oder an die Nuraghen auf Sardinien erinnert: Der rund 10 m hohe, 13 m lange und 4 m breite erdfarbene Turm, der sich nach oben verjüngt, mit seinem schwarzen Tor gleicht einer Kultstätte mit transzendentaler Bedeutung.

© Kuster Frey, Zürich

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Vor dem wuchtigen Block angekommen, erschließt sich zunächst dessen Funktion als Aussichtsturm mit einer Plattform in 8 m Höhe. Von dort oben lässt sich das Areal gut überblicken, auch die historische Lehmgrube der einzigen heute noch bestehenden Handziegelei in der Deutschschweiz wird sichtbar.
Bauen mit Lehm hat eine lange Tradition, das Baumaterial geriet jedoch ins Hintertreffen, als mit der Industrialisierung andere Baustoffe wie Beton und Kunststoff weiterentwickelt wurden. Seit einiger Zeit erfährt das Bauen mit Lehm allerdings eine erhöhte Aufmerksamkeit als zukunftsfähige CO2-arme Bauweise, verstärkt durch die Notwendigkeit, nachhaltig zu bauen. Im Vergleich zu Beton oder Ziegel werden beim Bauen mit Lehm nur 10 % der Energie verbraucht.

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Was den Turm im Ziegeleimuseum nun so besonders macht, ist seine Bauweise mit Stampflehm, eine – so schien es – vergessene Bautechnik. Doch Lehm hat Konjunktur. Und so bearbeiteten Studierende an der TU München 2017 unter Gastprofessor Roger Boltshauser die Aufgabe, auf dem Areal einen neuen Ofenturm zu entwerfen. In der Fortsetzung des Projekts stellten im Rahmen einer Summer School der ETH Zürich rund 30 Studierende der ETH Zürich, der TU München und anderer Hochschulen aus dem In- und Ausland unter Anleitung Stampflehmblöcke her – ein überzeugendes Selbstbau-Projekt.

© Kuster Frey, Zürich

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Als Material diente fetter Lehm, vermischt mit dem Abbruchmaterial eines Hauses, da das Aufbereiten des Lehms vor Ort zu zeitintensiv gewesen wäre. Der Clou: Die Stapelung der Module. Zu jedem Element gehört die Platte, auf der es gestampft wurde. Diese Platte erleichtert zunächst den Transport der noch weichen Lehmblöcke. Die Innovation liegt in der Integration der Grundplatten in die Wandkonstruktion. Zwei Nuten auf der Unterseite dienen als Führungen für die Gurte. Bauseits wird an die Platte ein Wetterschenkel montiert, der den Lehm vor dem Auswaschen schützt und das Prinzip des Fügens verdeutlicht. Als zusätzliche Erosionsbremse werden horizontale Schichten und Ecken aus Trasskalk in den Lehm eingestampft.

© Kuster Frey, Zürich
© Kuster Frey, Zürich

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Die zweite technische Innovation sorgt dafür, das System gegen Erdbebenlasten zu ertüchtigen, indem die Lehmwände vorgespannt werden. Unten werden die Zugstäbe direkt im vorgefertigten Betonsockel verankert, der den Lehm außen vor Spritzwasser schützt. Ein Ringanker aus Holz, der mit den Dachbalken zu einer steifen Platte verbunden ist, sorgt eine gleichmäßige Einleitung der Spannkraft in die Wandelemente.

Situationsplan – Grafik © Boltshauser Architekten

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Eine Herausforderung beim vorgespannten Lehmbau ist das Kriechen und Schwinden des Materials, dadurch können sich die Spannstähle lockern. Die vorgefertigten und in Cham eingesetzten Stampflehmblöcke konnten rund ein Jahr austrocknen, zusätzliche Stahlfedern in den Spannstählen halten den Druck konstant hoch. Messungen haben ergeben, dass Stabilität und Härte des Materials unter Druck sogar zunehmen. Ob diese Technik auch bei größeren Bauvorhaben zum Einsatz kommen kann, werden weitere Messungen ergeben. Neben der rein technischen Funktion rhythmisieren die Züge den kompakten Baukörper – die Konstruktion wird zum Gestaltungsmittel.

Grundriss, Schnitt, Ansicht, Axonometrie – Grafik © Boltshauser Architekten

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Das Innere präsentiert sich als ein bis zur Decke offener Raum und beherbergt einen Ausstellungsraum und einen Brennofen, mit dem Mitarbeiter wieder Ziegel brennen können. Licht fällt durch die Fugen der sichtbar geschichteten Lehmblöcke. Eine Wendeltreppe, wie das Tor aus Schwarzstahl, führt auf das begehbare Dach. Auflage des Entwurfs ist seine vollständige Rückbaubarkeit nach zehn Jahren. Die Lehmblöcke können einfach wiederverwendet werden oder erneut in den Materialkreislauf eingehen. Rückbau als Integration in die Kreislaufwirtschaft – der Kreis schließt sich.

Podcast: Interview mit Roger Boltshauser

Mehr dazu in Detail 12.2022 und in unserer Datenbank Detail Inspiration


Architektur: Boltshauser Architekten
Bauherr: Verein Ofenturm Ziegelei-Museum, Cham
Standort: Ziegelhütte, 6332 Cham (DE)


Entwurf: Robert Gentner, Regina Pötzinger, TU München
Weiterbearbeitet von: Demian Derron, Reto Habermacher, Johannes Koller, Georg Weilenmann, ETH Zürich
Statik: SEFROB
Licht: Reflexion
Lehmbau: LEHMAG, Brunnen, mit Studierenden verschiedener Hochschulen
Lehmsteinmauerwerk: Terrabloc
Tonmaterial: Ziegelei Schumacher
Holz- und Metallbau: Nüssli
Vorspanntechnik: Jakob

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