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Introvertierte Landschaft: Weinkellerei nahe Florenz
In den Weinbergen des Chianti scheint sich nichts verändert zu haben. Die Landschaft zwischen Florenz und Siena wirkt nahezu unberührt. Doch im Inneren des Hügels in Bargino, in San Casciano Val di Pesa, verbirgt sich ein Gebäude, das sich durch nur zwei horizontale Einschnitte zu erkennen gibt: die neue Weinkellerei der Familie Antinori, entworfen vom florentinischen Architekturbüro Archea.
Architekten: Archea Associati, Florenz
Standort: Bargino, San Casciano Val di Pesa, I-Florenz
Standort: Bargino, San Casciano Val di Pesa, I-Florenz
Nicht für die Gegenwart, sondern für die Zukunft zu bauen, versteht sich von selbst für eine Familie, die auf 26 Generationen zurückblicken kann. Bereits 1385 nahm die Geschichte des Weines aus dem Hause Antinori ihren Anfang. Seitdem bildet der Ort San Casciano Val di Pesa das räumliche Zentrum der Kellereien Antinori.
Doch als die vorhandene Infrastruktur mit dem Wachstum und der Entwicklung des Unternehmens nicht mehr Schritt halten konnte, viele Anlagen nicht mehr dem Stand der Technik entsprachen und schließlich eine neu geplante Umgehungsstraße nur wenige Meter entfernt an der Lagerstätte der Chianti-Classico-Weine vorbeiführen sollte, fiel 2001 die Entscheidung, aus dem zu eng gewordenen San Casciano umzuziehen.
Der talwärts gelegene Gebäudekörper ist ein mehrstöckiger Bau, in dem Büros, Museum, Laden und Auditorium untergebracht sind. Diese Räume befinden sich vor den Gewölben der Barriquekeller, des Bottichkellers und des darunter liegenden Gärkellers.
Der zweite ist ein einstöckiger Bau, in dem die Produktions- und Lagerräume, der Vin-Santo-Keller und die Ölpresse untergebracht sind und an den sich seitlich – nur durch einen Dachflügel verbunden – das Restaurant anschließt. Die beiden Gebäudeteile sind durch zwei große, ins Erdreich gegrabene Türme miteinander verbunden, in deren Innerem eine Abfolge von Treppenaufgängen aus Cortenstahlblech im leeren Raum schwebt. Verwaltungs- und Besucherräume sind in den oberen beiden Etagen des mehrstöckigen Gebäudes untergebracht und werden von verglasten Innenhöfen belichtet, die freie Durchsicht gewähren. Außer auf die Büros geben die Glaswände auch den Blick auf Museum und Ladenräume frei.
Bestens von der Außenwelt abgeschottet, bildet der Keller das Zentrum und räumliches Herzstück des Weinbaubetriebs. Es ist der tiefste und entlegenste Gebäudeteil, der von Sonnenlicht und Temperaturschwankungen unberührt bleibt.
Barrique- und Gärkeller befinden sich unterhalb eines länglichen Gewölbegefüges, dessen Profil variiert und das mit Terrakotta verkleidet ist; die unterschiedlichen Dimensionen tragen dazu bei, den Raum dynamischer und auf diese Art die Weinlager völlig neuartig zu gestalten: das kleinste Lager, der Bottichkeller, mit seinen großen Fässern, das größte, der Barriquekeller, mit den kleinen Barriquefässern und das längste, entlang der Spundwand, mit den großen Gärbottichen aus rostfreiem Stahl.
Das oberhalb gelegene, einstöckige Gebäude ist für die Produktion bestimmt; Kernpunkt aller wichtiger Funktionen und Räumlichkeiten ist hier der Trichter, in welchem die Trauben gepresst und anschließend als Most durch den Effekt der Schwerkraft in den darunterliegenden Gärkeller befördert werden.
Für die verschiedenen Gebäudebereiche wurden unterschiedliche Baulösungen gefunden. In Bereichen regelmäßiger geometrischer Formgebung wurden teilweise vorgefertigte und vor Orte vollendete Bauteile bevorzugt. In Bereichen unregelmäßiger geometrischer Formgebung wurden vor Ort geschalte Stahlbetonteile, gegebenenfalls aus Leichtbeton, oder Stahlstrukturen, sowohl als Rahmenkonstruktion als auch als räumlich komplexe Gefüge, verwendet.
Eine Herausforderung stellte die 21 Meter lange Dachauskragung dar, welche Boden und Weinreben trägt. Das Tragwerk besteht hier aus verschweißten Doppel-T-Stahlträgern, deren Höhe von der Außenkante der Auskragung zu den Stützen hin zunimmt, bis zu einer Höhe von 2.100 mm. Die Innenseite der Träger wurde waagrecht gehalten, um eine konstante Deckenhöhe vom Gebäudeinneren bis zur Außenkante der Auskragung beizubehalten. Die Höhe der Außenseite ist variabel. Das Dach hat daher keine flache Form, sondern empfindet die typische Geländeneigung nach.
Die Qualität des Entwurfs liegt ganz und gar in seiner Verankerung in der Erde, die das gesamte Gebäude umschließt. Der Neubau fügt sich perfekt darin ein und bezieht aus der Erde auf einfache und natürliche Weise die Energie zur Kühlung seiner großen unterirdischen Barriquekeller. Der gesamte Produktionszyklus profitiert von einer architektonischen Konzeption die klar darlegt, wie sich nachhaltige Herstellungsmethoden anwenden lassen. Ohne Verwendung von Pumpen oder anderen mechanischen Systemen und somit ohne elektrische Energie, werden hier zum Beispiel die Trauben mit Hilfe der Schwerkraft von den Erntetrichtern zu den Gärungsbottichen transportiert. Die natürliche Kühlungsenergie aus der Erde wird zur Klimatisierung der großen Gewölbekeller genutzt.
Die vollständige Überdachung der Gebäude, der Ladeplätze, der Fahrwege und der Gebäudetechnik schafft eine außergewöhnliche Verbindung zwischen Gebäude und der Landschaft des Chianti. Das Projekt ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass das Vereinbaren von wirtschaftlicher Entwicklung und einem Umweltbewusstsein nicht nur angebracht, sondern auch machbar ist.
Entstehen sollte ein Objekt, das die "Rückkehr aufs Land" der Familie Antinori nach außen dokumentiert und als "Corporate Architecture" funktioniert. Die beauftragten Architekten verstanden die Aufgabe nicht zuallererst als Bau eines neuen Firmensitzes, sondern Verpflichtung, den Wert des Ortes zu bewahren, der von der Landschaft dominiert wird.
Die neue Weinkellerei öffnet sich auf das umliegende Tal durch zwei Einschnitte, hinter denen sich der umbaute Raum verbirgt. Der erste Einschnitt wird von großen Glasfassaden begrenzt. Der zweite, höher gelegene Spalt, hinter dem sich der Produktionsbereich befindet, wird durch Wände und Türen aus Cortenstahl begrenzt.
Das Rückgrat des Projekts, die aus erdfarbenem Beton ausgebildete Straße, durchquert den gesamten Komplex auf einer Länge von 870 Meter. Als einzige Erschließungsachse wird dieser Weg von den Transportfahrzeugen der Produktion, von den Angestellten sowie den zahlreich erwarteten Besuchern genutzt.
Der eindrucksvollste Ort der unterirdischen Straße ist die gewundene Eingangshalle, in der eine große Wendeltreppe die Biegung der Straße aufgreift und die Fußgänger zur Aussichtsterrasse auf dem Dach führt. Die spiralförmige Treppe besteht aus 118 aufeinanderfolgenden Stufen, die einen Höhenunterschied von 16,80 m überwinden. Ihre Struktur ist aus Cortenstahl, ein Material, das sich im ganzen Gebäude wiederfindet.
Der eindrucksvollste Ort der unterirdischen Straße ist die gewundene Eingangshalle, in der eine große Wendeltreppe die Biegung der Straße aufgreift und die Fußgänger zur Aussichtsterrasse auf dem Dach führt. Die spiralförmige Treppe besteht aus 118 aufeinanderfolgenden Stufen, die einen Höhenunterschied von 16,80 m überwinden. Ihre Struktur ist aus Cortenstahl, ein Material, das sich im ganzen Gebäude wiederfindet.
Begleitpublikation
Im Verlag FORMA Edizioni ist gerade das Buch Antinori Winery. Diary of building a new landscape erschienen. Eine ausführliche Dokumentation zur Entstehung des Projekts; 438 Seiten, EUR 79 (EUR 99 mit Holzschuber)
Im Verlag FORMA Edizioni ist gerade das Buch Antinori Winery. Diary of building a new landscape erschienen. Eine ausführliche Dokumentation zur Entstehung des Projekts; 438 Seiten, EUR 79 (EUR 99 mit Holzschuber)
Bauherr: Marchesi Antinori
Planungsbeginn: 2004
Baubeginn: 2007
Fertigstellung: Oktober 2012 Baukosten: 85 Mio Euro Brutto-Rauminhalt: 218.000 m²
Grundstücksfläche: 12,83 ha Gesamtgrundfläche: 39.700 m² Voraussichtliche Produktionsmenge Flaschen/Jahr: 3.000.000 am Bau beteiligte Arbeiter: 5.315
Arbeitstage: 2.100 Weitere Informationen
www.archea.it
Baubeginn: 2007
Fertigstellung: Oktober 2012 Baukosten: 85 Mio Euro Brutto-Rauminhalt: 218.000 m²
Grundstücksfläche: 12,83 ha Gesamtgrundfläche: 39.700 m² Voraussichtliche Produktionsmenge Flaschen/Jahr: 3.000.000 am Bau beteiligte Arbeiter: 5.315
Arbeitstage: 2.100 Weitere Informationen
www.archea.it
Das großteils unterirdische Gebäude hat eine Fläche von fast 40.000 Quadratmetern, auch die Wegführung ist zum großen Teil unterirdisch. Die Erdbewegungen und der Umgang mit dem Bodenmaterial erwiesen sich als einer der problematischsten Aspekte beim Bau der Kellerei. Dem Hügel mussten 380.000 Kubikmeter Erdboden entnommen werden, was 35.000 LKW-Ladungen entspricht. Es mussten sowohl Endlager gefunden werden als auch Zwischenlager für das Material, das zur Aufschüttung nach Bauende bestimmt war. Zudem musste die 15 Meter tiefe und fast 500 Meter lange Baugrube von gewaltigen Stützwerken befestigt werden. Dafür wurde eine über 20 Meter hohe und bis zu 120 cm dicke Spundwand erstellt.
Film: Räumlich komplex – Weinkellerei in Bargino
Eine ausführliche Print-Dokumentation finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe
DETAIL 2014/4 zum Thema »Treppen, Rampen, Aufzüge«
DETAIL 2014/4 zum Thema »Treppen, Rampen, Aufzüge«