London 2012 - Olympiastadion

Bauherr: ODA, Olympic Delivery Authority
Architekt: Populous
Tragwerksplaner: Buro Happold
Generalunternehmer: Sir Robert Mc Alpine

Bauzeit: Mai 2008 - März 2011
Eröffnung: 5. Mai 2012
Kosten: 498 Mio. £
Sitzplätze: 25.000 dauerhafte und 55.000 temporäre Plätze

Dimensionen: 310 x 260 m
Stadionhöhe: 62,7 m
Fertigteile Stadionschüssel:
8.000
Fertigbeton in der Stadionschüssel: 
9.250 m³
Dachfläche:
24.500 m²
Kabellänge im Dach: 
6.000 m
Gewicht Stahlkonstruktion: 10.000 t
Stadieneingänge: 56
Räume im Stadion: 700

Foto: Steve Bates

Von Peter Popp und Emilia Margaretha Startschuss: In London wurde zum dritten Mal die Jagd auf olympische Höchstleistungen eröffnet. Bereits einige Zeit vorab unter Rekordverdacht stand die Meldung, wonach das vermutlich umweltfreundlichste und mit 10.000 Tonnen verbautem Stahl auch leichteste Olympiastadion der Neuzeit ein Jahr "zu früh" in insgesamt nur 1.000 Tagen fertiggestellt wurde. Da kann es kaum überraschen, dass auch die errechneten Kosten unterschritten wurden und das Stadion trotz der Kritik, ausschließlich funktional optimiert zu sein, bereits vor den Spielen Preise gewann.
Architekt: Populous
Standort: Olympic Park, Stratford, GB–E15 2HJ London

Das Olympiastadion bei Nacht...... Foto: Populous

Wie die künftige Nutzung des Stadions aussehen wird, bleibt wohl auch nach den Olympischen Spielen noch Gegenstand vieler Debatten. Entschieden wird frühestens im Oktober 2012. Ob in fünf Jahren, wie angedacht, hier tatsächlich eine Leichtathletik-Weltmeisterschaft stattfinden wird, hängt auch von der Flexibilität des künftigen Hausherren ab.
Kritische Zwischenrufe gab es zuletzt für die nachträglich angebrachten 25 Meter hohen und 2,5 Meter breiten Metallpaneele, die das Stadion umhüllen und als Schilder und Wegweiser für die Besucher dienen sollen. Diese sogenannten "Wraps" wurden vom Chemiekonzern Dow Chemical produziert. Das Unternehmen gehört zu den größten Umweltsündern weltweit. Darüber kann auch die bunte Farbpalette, die die Künstlerin Sophie Smallhorn speziell für die "Wraps" erstellt hat, nicht hinwegtrösten, zumal die insgesamt 336 Paneele nach den Spielen bereits wieder entfernt werden. So wird der radikal funktionale Ansatz geopfert, und die gute Öko-Bilanz gleich dazu. 

Foto: Anthony Charlton

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Foto: seele.com

Die TV-Übertragung der Leichtathletikwettkämpfe stellt sehr hohe Anforderungen an die Lichttechnik. Um die Zuschauer und Wettkämpfer vor Blendeffekten zu schützen, wurden im Stadion 532 Lampen auf 14 Türme verteilt. Diese thronen in jeweils 63 m Höhe über dem Spielfeld auf den Knotenpunkten des inneren Zugrings. Kabel, die vom dahinter liegenden Binder ausgehen, halten die 35 Tonnen schweren Lichttürme in Position.

Foto: Morley von Sternberg

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Wettkampf – Architektur
London 2012 - Wie nachhaltig wird Olympia? 
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Das Olympiastadion liegt auf einer rautenförmigen, 40 Hektar großen Insel im südlichen Teil des Olympiaparks. Eine weitsichtige Formulierung aus den frühen 1960er-Jahren bestimmte von Anfang an die Entwicklung des Parks, wonach dieser »als Erholungsraum für die Londoner vor der Silhouette Londons dienen soll. Diese Silhouette aus Kraftwerken, Gaswerken, Fabriken, Bahnlinien, kleinen und großen Wohnhäusern muss in die Umgebung integriert werden.« Folgerichtig wurden die Sportstätten wie Pavillons in der Landschaft konzipiert – so auch das Olympiastadion, das an drei Seiten von Wasser umgeben und über fünf Brücken zugänglich ist. Der Entwurf stammt vom Stadienbauspezialisten Populous, als Gestaltungsberater war Sir Peter Cook, ehemaliges Mitglied von Archigram, beteiligt.

.....und tagsüber. Foto: Anthony Charlton © ODA

Traditionell finden im Olympiastadion die Leichtathletik-Wettbewerbe, sowie die Eröffnungs- und Schlussfeiern statt. Generell spielen in Leichtathletikstadien die Windverhältnisse eine maßgebliche Rolle. Übersteigt die gemessene Windgeschwindigkeit im Wettkampfareal an bestimmten Punkten den Wert von zwei Metern pro Sekunde, werden Rekorde nicht anerkannt. Um dieses Risiko zu minimieren, untersuchten Populous bereits in einer frühen Planungsphase verschiedene Dachgeometrien. Computergestützte Strömungssimulationsmodelle ergaben, dass rund zwei Drittel der Zuschauerplätze überdacht werden müssen, um eine optimale Windströmung zu gewährleisten. Die Dachfläche des Stadions setzt sich zusammen aus 112 Membranfeldern, die eine Gesamtfläche von 24.500 m² abdecken. Die Einzelelemente aus PVC-beschichtetem, rund einem Millimeter starkem Polyestergewebe, sind bis zu 210 m² groß. Die detaillierte Zuschnittplanung ermöglichte einen faltenfreien Einbau der Elemente und beinhaltete auch die exakte Platzierung der Durchbrüche für Wasserleitungen und Wartungsausstiege, sowie die Leitungsführung für die Stromversorgung der Lichttürme.

Panoramabild, Foto: Justin Setterfield © LOCOG

Aufgrund der Umbauoption besteht das Gebäude aus zwei Teilen: Die teils in die Erde eingelassenen unteren Sitzreihen in Form einer elliptischen Beton-»Schüssel« und die konstruktiv eigenständige - als temporär geplante - Struktur der oberen Tribünen und des Dachs. V-förmige Schrägstützen aus Stahl, die zugleich die Aussteifung übernehmen, tragen den als Druckring ausgebildeten Stahlfachwerkträger. Von diesem ist das leichte Membrandach mittels einer filigranen Seilkonstruktion abgespannt. Die einfache Demontierbarkeit der oberen Bereiche zeigt sich in der Ausbildung der Details. Stahlverbindungen sind geschraubt, nicht geschweißt.

Schnitt, Grafik: Populous

Start der Montagephase - das erste Netz wird gespannt, Foto: seele.com

Die Farbgebung der Sitzplätze ergibt ein schwarz-weißes Muster, scharfkantig wie das offizielle Olympia-Logo. Foto: Steve Bates

Das Motto der Nachhaltigkeit wurde auch beim Olympiastadion groß geschrieben. Der Verbrauch an Stahl und Beton wurde reduziert, das Gewicht entsprechend minimiert, die erforderliche graue Energie dadurch verringert. So befinden sich im Stadiondach große Mengen Metallabfall - einschließlich 2500 Tonnen Stahlrohre aus alten Gaspipelines und Gewehre der Metropolitan Police. Dieser von Kritikern gern geschmähte Pragmatismus, führte auf der anderen Seite dazu, dass im Vergleich zum "Bird's Nest" in Peking lediglich ein Viertel an Stahl verbaut wurde. Auch für die Zeit nach Olympia gab es ein intelligentes Konzept: Für die ursprünglich geplante Nachnutzung als Leichtathletik-Arena wurden alle konstruktiven Elemente der temporär geplanten oberen Stahlstruktur auf Teilrückbau hin konzipiert. Aus einem Stadion mit 80.000 Plätzen solte so eine offene Arena mit 25.000 Plätzen werden. Wirtschaftliche Überlegungen stellten dieses Konzept mittlerweile in Frage. Zwei Londoner Fußballvereine haben Interessen angemeldet. Eine neue Bewerbungsrunde wird nun erst nach den Spielen über die weitere Zukunft des Olympiastadions entscheiden. Die explizit im Gebäude umgesetzte Variabilität und Anpassungsfähigkeit wird deshalb möglicherweise nie in Anspruch genommen.

Grafik: Populous

336 farbige Banner bilden nur für kurze Zeit 335 schlitzförmige Durchlässe.

Fotos: Sophie Smallhorn

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