LocHal in Tilburg/NL: Ehemaliger Lokschuppen wird zu zentralem Stadtforum
Foto: Stijn Bollaert/Jansen AG
Rund 150 Jahre lang und noch bis in die 1980er Jahre hinein wurde Tilburgs ehemalige Gleiszone als Wartungsbahnhof der Niederländischen Eisenbahn genutzt. Dann kaufte die Stadt das rund 75 ha große Areal. Ziel war es, dort ein Zentrum entstehen zu lassen, von dem Bewohner und Besucher der Stadt gleichermaßen profitieren. Wie gut das funktioniert, lässt sich am LocHal, dem neuen, öffentlichen Stadtforum mit einem integrativen Raumkonzept, einer »hybriden« Bibliothek und viel Platz für Kultur und Begegnung ablesen.
Raum für Kultur und Begegnung
Das ehemalige Eisenbahndepot aus den 1930er Jahren ist eine zweischiffige, 15 m hohe Industriehalle mit einer Grundfläche von 90 x 60 m. Civic Architects haben das Gebäude in Zusammenarbeit mit Braaksma & Roos Architects und Inside Outside umgebaut. Der Großteil der Stahlkonstruktion der Halle mit ihren hohen Glasfenstern und den aufragenden Säulen wurde erhalten. Ergänzt wurden zwei Ebenen, eine Galerie und ein »City Balcony« mit Panoramablick auf die Altstadt. Die neuen Strukturen bestehen überwiegend aus schwarzem Stahl, Beton, Glas und Eiche sowie sechs mobilen, raumhohen Textilwänden, die den Innenraum bei Bedarf in temporäre Zonen unterteilen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von neuen Räumen, sogenannte Labore, darunter ein Food Lab, ein Word Lab, ein DigiLab und ein Heritage Lab.
Lichtblick in der Innenstadt
Die Eingangshalle erinnert an einen überdachten Stadtplatz mit großen öffentlichen Lesetischen, Ausstellungsflächen und Bistro. Breite Stufen, die als Veranstaltungsbestuhlung für mehr als tausend Zuschauer dienen können, verbinden den Platz im Erdgeschoss mit den oberen Stockwerken des Gebäudes. Auf der zweiten Ebene gibt die Galerie den Blick auf die restaurierte, historische Industrieverglasung frei. Nach Einbruch der Dunkelheit wird die Glaskonstruktion des Gebäudes zum »Lichtblick« in der Innenstadt. Die Architekten sagen, dass der Innenraum dann den Charakter eines Theaters annehme.
Hochwärmegedämmte Vertikalfassaden
Dort, wo die Fassade erneuert werden musste – weil nachträgliche Anbauten wieder entfernt worden sind oder die Umnutzung mehr Tageslicht erforderte – sind großflächige Glasfassaden entstanden. Aufgrund seiner besonderen Eignung für große Formate und hochwärmegedämmte Vertikalfassaden, wählten die Architekten dafür das Stahlprofilsystem Jansen Viss. Seine Ansichtsbreite von nur 60 mm (150 mm tief) lässt viel Tageslicht hinein. Die neue Fassade sitzt vor der primären Struktur des Lokschuppens und ist mit Stahllaschen an dieser befestigt. Schwarze Stahlprofile unterstreichen den industriellen Charakter des einstigen Lokschuppens. Für den Einsatz des hochtragfähigen Stahlprofilsystems sprachen auch die großen Glasformate und die Anordnung der Scheiben innerhalb des Gebäuderasters von 5,40 m. Die Glasscheiben der oberen Reihe sind 1,35 m breit; vier Scheiben füllen das Raster. Darunter verläuft ein Band von 2,70 m, sodass das Raster mit nur zwei Scheiben gefüllt ist. Die Scheiben der unteren Reihe fallen mit 1,80 m Breite aus dem Raster, weil die Pfosten der mittleren Reihe nun mittig auf den Riegeln der unteren Reihe auftreffen. Um die Last der Pfosten über den Winkel von 90 Grad abzuleiten, wurden die Riegel mit einem innenliegenden Stahlflach verstärkt – ein konstruktiver Kunstgriff, der mit Stahlprofilen möglich ist: Von außen wirkt die Fassade wie aus einem Guss.
Wind- und Wetterschutz
Das Viss System ist eine hochwärmegedämmte Fassadenkonstruktion mit Passivhauszertifikat. Da aus denkmalpflegerischen Gründen ohnehin weite Teile der historischen Industrieverglasung restauriert wurden, war dies bei der LocHal aber kein Kriterium: Die Gebäudehülle dient in erster Linie als Wind- und Wetterschutz, die neu erstellten Fassadenbereiche sind zweifach isolierverglast.
Weltgebäude des Jahres
Anfang Dezember 2019 hat eine internationale Jury die Bibliothek in Tilburg zum Weltgebäude des Jahres erklärt. Anlass war das Weltarchitekturfestival, das zum zweiten Mal in Folge in Amsterdam stattfand, in der Auswahl waren 18 weitere Projekte. Zu früheren Gewinnern dieses Preises gehören die Auckland Art Gallery in Neuseeland oder das Nationalmuseum der Künste des 21. Jahrhunderts in Rom.
https://www.schueco.de
https://www.civicarchitects.eu
http://www.braaksma-roos.nl
https://www.insideoutside.nl
https://www.mecanoo.nl
https://www.arup.com
Hier ein weiterer Beitrag zur Bibliothek auf detail.de