Lehmbau im Großformat: Alnatura-Bürogebäude in Darmstadt
nps tchoban voss architekten
Auf dem ehemaligen Kasernengelände der Kelley Barracks im Südwesten von Darmstadt ist in den letzten Jahren der 5,5 Hektar große Alnatura Campus entstanden. Das Herzstück des Areals bildet die Verwaltungszentrale des Unternehmens, die auf 10 000 m2 Nutzfläche Platz bietet für bis zu 500 Mitarbeiter sowie ein öffentlich zugängliches vegetarisches Restaurant im Erdgeschoss. Der Bauherr ist auf den Verkauf von Bio-Lebensmitteln spezialisiert und verfolgt schon länger eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie. Die Forderung nach einem ökologisch nachhaltigen Neubau war daher nur logisch; gleichzeitig sollte dieser nicht mehr kosten als andere Bürogebäude auch.
Das dreigeschossige, rund 90 x 40 m große Gebäude erinnert auf den ersten Blick an einen riesigen Hallenbau. Das liegt nicht zuletzt an den komplett verglasten West- und Ostfassaden. An den Längsseiten im Norden und Süden des Hauses wechseln sich hingegen geschosshohe Fensterflächen mit massiven Stampflehmwänden ab. Dahinter verbirgt sich ein Stahlbetonskelett als Grundlage eines Bürokonzepts, wie es so vermutlich noch nie realisiert wurde: Alle Arbeitsplätze sind in einem einzigen Großraum untergebracht, der inklusive des von oben belichteten Atriums über alle drei Geschosse reicht. Lediglich die Möblierung selbst sowie Vorhänge grenzen daraus einzelne Bereiche für Besprechungen und konzentrierteres Arbeiten ab. Weitere, geschlossene Konferenzräume sind im Erdgeschoss untergebracht. Da der Bauherr konsequentes Desk-sharing praktiziert, können an den rund 400 Arbeitsplätzen im Haus bis zu 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten. Den oberen Abschluss des Großraumbüros bildet ein asymmetrisches Satteldach auf mächtigen, bis zu 2,3 m hohen Brettschichtholzbindern, das von einem in Dachmitte längs verlaufenden, breiten Oberlichtband unterbrochen wird.
Sandwich aus Stampflehm und Schaumglas
Die Stampflehmelemente in den Außenwänden sind je 3,5 x 1 m groß und wiegen pro Stück etwa 4,5 t. Sie wurden in einer temporären Feldfabrik hergestellt, die in einer später abgerissenen Panzerabstellhalle auf dem Grundstück untergebracht war. Die Fassaden haben eine Gesamtstärke von 69 cm, die sich aus einer äußeren Stampflehmschale von 38 cm, einer Innenschale von 14 cm und einer dazwischen liegenden 17 cm starken Dämmschicht zusammensetzt. Letztere besteht aus Schaumglasschotter, der aus recyceltem Altglas gewonnen wird. Erstmals wurde die Dämmung hier schon beim Stampfen des Lehms in die Wandelemente eingebracht. Die Lehmoberflächen sind auf beiden Wandseiten sichtbar und erhielten zum Innenraum hin lediglich eine Kaseinlasur, die den Abrieb der Wände verringert. Außen angebrachte, horizontale Erosionsbremsen im Abstand von 30 bis 60 cm sollen die Auswaschung des Lehms durch Regenwasser reduzieren.
Weitere Informationen:
Ausschreibung und Objektüberwachung: BGG Grünzig, Bad Homburg
Landschaftsarchitekten: Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen
Energieberater: Transsolar Energietechnik, Stuttgart
Stampflehmkonstruktion: Lehm Ton Erde, Schlins