Kehrtwende für einen alten Riesen: de Flat Kleiburg
Foto: Marcel van der Burg
Das Bijlmermeer wurde von Siegfried Nassuth geplant und ab 1968 realisiert. Die 48 elfgeschossigen, bis zu einen Kilometer langen Hochhäuser mit wabenförmigem Grundriss wurden südostlich von Amsterdam in eine Landschaft aus Abstandsgrün und Verkehrsviadukten eingebettet. Statt der Mittelklasse waren hauptsächlich sozial schwache Immigranten aus der Ex-Kolonie Surinam in die Hochhäuser gezogen. Die Siedlung war zum Synonym für Arbeitslosigkeit, Drogenprobleme und Kriminalität geworden.
Ab Mitte der 1990er-Jahre fand deshalb ein großes Stadterneuerungsprojekt statt, in dessen Zuge die Hälfte der Hochhäuser abgerissen und durch kleinmaßstäblichere Reihenhäuser und Wohnblöcke ersetzt wurde. Im ursprünglichen Layout erhalten blieb nur ein Teil des K-Viertels, das eine Bewohnerinitiative zum Bijlmermuseum deklarierte. Aber auch dort wurden die meisten Hochhäuser renoviert mit dem Ziel, ihre enormen Ausmaße zu vertuschen. In Pastelltönen aufgehübscht sehen sie heute aus wie Nilpferde im Ballettröckchen.
Das letzte ursprüngliche Hochhaus war das 400 Meter lange, 1971 von Fop Ottenhof entworfene Kleiburg. NL Architects und XVW Architecten erhielten den Auftrag für die Renovierung und Ausarbeitung. Die Struktur wurde freigelegt und optimiert, die Wohnungen entkernt – und in diesem Zustand auf den Markt gebracht, damit neue Eigentümer nur wenig Startkapital benötigten. Wohneinheiten konnten vertikal oder horizontal zusammengefügt werden.
Problematisch war vor allem das Verhältnis des Hochhauses zum Außenraum, weshalb die Architekten die Abstellräume im Erdgeschoss teils zu Wohnräumen umfunktionierten, eine Innenstraße im ersten Stock ebenfalls den Wohnflächen zuschlugen und die Durchgänge unter dem Gebäude vergrößerten. Auch an den Laubengängen wurden geschlossene Flächen soweit möglich durch Doppelglasfenster ersetzt, und anstelle der typischen Dauerbestrahlung mit kaltem Neonlicht sorgt nun ein interaktives Lichtkonzept für Sicherheitsgefühl. Frühere Anstriche wurden entfernt und die Waschbetonfassaden und Betonbrüstungen nur sandgestrahlt, was den Beton freilegte, der sich laut Klaase als »fast so schön wie Travertin« erwies. In der Tat sorgt das Freilegen des Betons in Kombination mit neuen Fensterrahmen und Türen dafür, dass das Hochhaus nun viel hochwertiger aussieht als all seine pastellfarbenen, billig verschalten Nachbarn. »Gleichermaßen heroisch und alltäglich«, urteilte die Jury des Mies van der Rohe Award.