// Check if the article Layout ?>
Architektur und Photosynthese: Die Bioreaktive Fassade
Warum sich ein Architekt mit Photosynthese auseinandersetzten muss? Martin Pauli von Arup Deutschland GmbH, Berlin, beschäftigt sich mit hinterlüfteten Fassadenkonstruktionen aus Photobioreaktoren als Energieerzeugungssystem. Das Projekt "BIQ - das Algenhaus - The Clever Treefrog", das 2013 von dem Planungsteam um Architekturatelier Splitterwerk und Ingenieurbüro Arup im Rahmen der IBA Hamburg präsentiert wurde, zeigt weltweit das erste Wohngebäude mit einer Bioreaktorfassade als Teil des regenerativen Energiekonzepts. In plattenförmigen, an den Fassaden angeordneten Glaselementen werden Mikroalgen gezüchtet, die durch Photosynthese und Solarthermie Biomasse und Wärme produzieren. Martin Pauli, Projektmanager des Monitorings der Bioreaktorfassade, präsentiert eine Zusammenfassung des Forschungsstands des geförderten Projekts.
„Als ich vor einigen Jahren bei Arup anfing, befand ich mich plötzlich in ungewohnten Gefilden. Ich musste mich als Architekt mit Algen auseinandersetzen – besonders mit dem Aspekt der Photosynthese,“ leitet Martin Pauli ins Thema ein. „Algen zählen zu den erneuerbaren Energien. Die Biomasse der Mikroalgen ist ein äußerst effektiver Energieträger – Algen wachsen zehn mal schneller als jede andere Pflanze. Zum Betreiben der Photosynthese benötigt die Alge Licht, CO2 und einige Nährstoffe. Dadurch vermehren sich die Algen und die abgeerntete Biomasse kann zur Energieerzeugung genutzt werden.“
Die bisherigen Ansätze Algen zu ernten, beziehen sich auf die horizontale Fläche sowie auf Röhrenkollektoren. Hier ist man bereits in der Lage, Algen zu kultivieren und abzuernten. Die Innovation des neuen Ansatzes lag darin, die Anlage nicht in der Horizontalen anzuordnen, sondern in der Vertikalen, integriert in die Gebäudefassade. Martin Pauli reflektiert diesen Ansatz jedoch durchaus auch kritisch: „Selbstverständlich muss man sich an dieser Stelle die Frage nach den baukulturellen Auswirkungen stellen. Was bedeutet es für unsere Städte, wenn Fassaden nun mit „grünem Blubber“ überzogen sind? Als Architekt bin ich bestrebt, den Fokus auch auf die Ästhetik zu legen. In der nahen Zukunft werden wir das System so weiterentwickeln müssen, dass Architekten und Designer das System adaptieren und gestalterisch anpassen können."
Das Konsortium
Aus der Idee heraus, Algen an der Fassade zu kultivieren, bildete sich ein Konsortium bestehend aus Arup als Entwickler, Colt International GmbH als Fassadenbauer und SSC Strategic Science Consult als Experte für die Algentechnologie. Gefördert wurde das Projekt von der Forschungsinitiative Zukunft BAU. „Durch einen glücklichen Umstand wurde ein Investor gefunden, der den Schritt von der Idee zum realen Produkt mitging. Dieser war risikofreudig genug, die prototypische Fassade im Rahmen eines IBA Projektes in Hamburg an einem Wohnhaus zu testen. Zu Projektbeginn konnte niemand vorhersagen, ob die Mieter das Algenhaus akzeptieren oder ob die Hemmschwelle zu hoch sein wird“, erläutert Pauli.
Aus der Idee heraus, Algen an der Fassade zu kultivieren, bildete sich ein Konsortium bestehend aus Arup als Entwickler, Colt International GmbH als Fassadenbauer und SSC Strategic Science Consult als Experte für die Algentechnologie. Gefördert wurde das Projekt von der Forschungsinitiative Zukunft BAU. „Durch einen glücklichen Umstand wurde ein Investor gefunden, der den Schritt von der Idee zum realen Produkt mitging. Dieser war risikofreudig genug, die prototypische Fassade im Rahmen eines IBA Projektes in Hamburg an einem Wohnhaus zu testen. Zu Projektbeginn konnte niemand vorhersagen, ob die Mieter das Algenhaus akzeptieren oder ob die Hemmschwelle zu hoch sein wird“, erläutert Pauli.
Das System
Die bioreaktive Fassade besteht aus 129 Glaspaneelen, welche von einem Aluminiumrahmen umfasst sind. Im Inneren befindet sich ein flüssiges Trägermedium mit den Algen. Die Paneele sind zentrisch gelagert, sie sind nachführbar und können als adaptives Verschattungssystem fungieren. Sie wurden als Sekundärfassade an den sonnenexponierten Seiten angebracht, dahinter befindet sich ein klassischer Bau. Bei hoher Sonneneinstrahlung steigt die Konzentration der Algendichte in dem Medium, dadurch wird es undurchsichtig und fast giftgrün. Bei wenig Sonne, sinkt die Algendichte und das System variiert in seiner Transluzenz. Das Algenmedium muss kontinuierlich mit Luft durchströmt werden, da es ansonsten zu Biofouling kommen kann und die Algen absterben.
Die bioreaktive Fassade besteht aus 129 Glaspaneelen, welche von einem Aluminiumrahmen umfasst sind. Im Inneren befindet sich ein flüssiges Trägermedium mit den Algen. Die Paneele sind zentrisch gelagert, sie sind nachführbar und können als adaptives Verschattungssystem fungieren. Sie wurden als Sekundärfassade an den sonnenexponierten Seiten angebracht, dahinter befindet sich ein klassischer Bau. Bei hoher Sonneneinstrahlung steigt die Konzentration der Algendichte in dem Medium, dadurch wird es undurchsichtig und fast giftgrün. Bei wenig Sonne, sinkt die Algendichte und das System variiert in seiner Transluzenz. Das Algenmedium muss kontinuierlich mit Luft durchströmt werden, da es ansonsten zu Biofouling kommen kann und die Algen absterben.
Erst durch die notwendige Haustechnik, um die Algen wachsen zu lassen und sie abzuernten, wird der Aufbau letztendlich komplex. Eine Energiezentrale sorgt dafür, dass die Algen geschossweise ver- und entsorgt werden. Sie müssen mit Nährstoffen versorgt und wieder abgeschöpft werden. Über eine sogenannte Flotationseinheit werden täglich Mikroalgen geerntet. Das Algenmedium strömt aus der Anlage, wird zentrifugiert und im Anschluss getrocknet. Als Nährstoff benötigt die Alge CO2, das aus der Gastherme entnommen wird. Im Anschluss kann eine thermische Verwertung in einer Biogasanlage erfolgen. Neben der Algenproduktion funktioniert die Anlage auch als klassischer Wärmespeicher nach dem solarthermischen Prinzip. Die Wärme wird durch einen Wärmetauscher abgeschöpft und in den Sommermonaten in Erdsonden gespeichert, so dass im Winter die notwendige Wärme vorhanden ist, um das Medium aufzuheizen. Für ein optimales Wachstum der Algen wird die Anlage zu jeder Zeit temperiert. Im Sommer muss das Medium deshalb gekühlt werden, die Temperatur dafür wird ebenfalls den Erdsonden entnommen. Zur Hilfsstromversorgung befindet sich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Die Nutzung
„Zur Nutzung der Algen war ursprünglich geplant, diese zu Biogas zu verwerten. Der Betreiber der Anlage zieht jedoch auch andere Verwertungsmöglichkeiten in Betracht. Es macht zugegebenermaßen wenig Sinn, die Algen kostenintensiv zu produzieren, um sie dann zu verbrennen. Das hochwertige Produkt kann hingegen für die Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln oder für die Pharmaindustrie eingesetzt werden“, erklärt Pauli. „Es stellen sich sicher einige die Frage: Was soll das Ganze eigentlich? Was kostet dieses System und was ist der Ertrag? Der Ertrag misst sich in der sogenannten Biokonversionseffizienz. Diese liegt bei 38 % für die Wärme und bei 10 % für die Biomasse. Im Vergleich: die Photovoltaik liegt bei 12-15 % und die Solarthermie bei 60-65 %.“ Weiterhin ergänzt er: „ Als Forschungsthema ist für uns wichtig, zu verstehen wo die Korrelationen zwischen der Akzeptanz der Nutzer, die in dem Gebäude wohnen, der technischen und der energetischen Performance liegen. Die erste Erkenntnis eines Monitorings in Kooperation mit der HafenCity Universität Hamburg ist, dass die Akzeptanz der Nutzer erstaunlich gut ist. Die Bewohner haben sich dem Image verschworen in dem Algenhaus zu wohnen. Das energetische Monitoring hat gezeigt, dass wir mehr Wärme produzieren als anfangs simuliert. Auch das ist positiv.“
„Zur Nutzung der Algen war ursprünglich geplant, diese zu Biogas zu verwerten. Der Betreiber der Anlage zieht jedoch auch andere Verwertungsmöglichkeiten in Betracht. Es macht zugegebenermaßen wenig Sinn, die Algen kostenintensiv zu produzieren, um sie dann zu verbrennen. Das hochwertige Produkt kann hingegen für die Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln oder für die Pharmaindustrie eingesetzt werden“, erklärt Pauli. „Es stellen sich sicher einige die Frage: Was soll das Ganze eigentlich? Was kostet dieses System und was ist der Ertrag? Der Ertrag misst sich in der sogenannten Biokonversionseffizienz. Diese liegt bei 38 % für die Wärme und bei 10 % für die Biomasse. Im Vergleich: die Photovoltaik liegt bei 12-15 % und die Solarthermie bei 60-65 %.“ Weiterhin ergänzt er: „ Als Forschungsthema ist für uns wichtig, zu verstehen wo die Korrelationen zwischen der Akzeptanz der Nutzer, die in dem Gebäude wohnen, der technischen und der energetischen Performance liegen. Die erste Erkenntnis eines Monitorings in Kooperation mit der HafenCity Universität Hamburg ist, dass die Akzeptanz der Nutzer erstaunlich gut ist. Die Bewohner haben sich dem Image verschworen in dem Algenhaus zu wohnen. Das energetische Monitoring hat gezeigt, dass wir mehr Wärme produzieren als anfangs simuliert. Auch das ist positiv.“
Der Ausblick
In der Zukunft ist angedacht, die bioreaktive Fassade in in einen größeren Kontext zu implementieren. So könnte beispielsweise in Gebäuden anfallendes Grauwasser und die darin enthaltenen Nährstoffe und das Kohlendioxyd als Nahrung für die Algen verwendet werden. Innerhalb eines geschlossenen Kreislaufes wird das CO2 absorbiert und das Grauwasser gereinigt. Das Wasser wird zurückgeführt und die Wärme verwendet. Das Team beschäftigt sich langfristig mit der Herausforderung, die Anlage in smarte Stadtcluster zu implementieren, um somit den Mehrwert zu steigern. So würde der Begriff der „grünen“ Stadt im doppelten Sinne zu verstehen sein.
In der Zukunft ist angedacht, die bioreaktive Fassade in in einen größeren Kontext zu implementieren. So könnte beispielsweise in Gebäuden anfallendes Grauwasser und die darin enthaltenen Nährstoffe und das Kohlendioxyd als Nahrung für die Algen verwendet werden. Innerhalb eines geschlossenen Kreislaufes wird das CO2 absorbiert und das Grauwasser gereinigt. Das Wasser wird zurückgeführt und die Wärme verwendet. Das Team beschäftigt sich langfristig mit der Herausforderung, die Anlage in smarte Stadtcluster zu implementieren, um somit den Mehrwert zu steigern. So würde der Begriff der „grünen“ Stadt im doppelten Sinne zu verstehen sein.
Vortrag von Martin Pauli, Arup Deutschland GmbH, im Rahmen der fünfteiligen Veranstaltungsreihe „Die Zukunft des Bauens“, veranstaltet von DETAIL research und der Forschungsinitiative Zukunft Bau des BMUB und BBSR am 22. Mai in Frankfurt zum Thema "Ganzheitliche Konzepte zur Erstellung von Plusenergiehäusern“
Zur Person
Martin Pauli ist Architekt im Materials Consulting Team bei Arup Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin. Dort ist er u.a. für das Projektmanagement des Monitorings der Fassadenkonstruktion aus Photobioreaktoren in Hamburg verantwortlich. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Materialkonzepte für nationale und internationale Projekte des Büros. Martin Pauli studierte Architektur im In- und Ausland. Schon während des Studiums war er als Werkstudent bei Arup im Materials Consulting Team tätig. In seiner Abschlussarbeit „Strategien für Material- und Ressourcengerechtes Bauen“ am Lehrstuhl für konstruktives Entwerfen und klimagerechtes Bauen, Prof. Hascher, TU Berlin, befasste er sich bereits mit der Erforschung von innovativen Materialien und Gebäudekonzepten.
Martin Pauli ist Architekt im Materials Consulting Team bei Arup Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin. Dort ist er u.a. für das Projektmanagement des Monitorings der Fassadenkonstruktion aus Photobioreaktoren in Hamburg verantwortlich. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Materialkonzepte für nationale und internationale Projekte des Büros. Martin Pauli studierte Architektur im In- und Ausland. Schon während des Studiums war er als Werkstudent bei Arup im Materials Consulting Team tätig. In seiner Abschlussarbeit „Strategien für Material- und Ressourcengerechtes Bauen“ am Lehrstuhl für konstruktives Entwerfen und klimagerechtes Bauen, Prof. Hascher, TU Berlin, befasste er sich bereits mit der Erforschung von innovativen Materialien und Gebäudekonzepten.
Die Idee
Der Anteil der erneuerbaren Energien liegt momentan noch bei 12 %, innerhalb dieses Anteils macht die Biomasse mit 8,2 % einen großen Part aus. Dies war für die Beteiligten die Prämisse, sich in einem Forschungsprojekt auf Algen zu konzentrieren und diese als Energieerzeuger in das Gebäude integriert wachsen zu lassen.
Der Anteil der erneuerbaren Energien liegt momentan noch bei 12 %, innerhalb dieses Anteils macht die Biomasse mit 8,2 % einen großen Part aus. Dies war für die Beteiligten die Prämisse, sich in einem Forschungsprojekt auf Algen zu konzentrieren und diese als Energieerzeuger in das Gebäude integriert wachsen zu lassen.
Projektbeteiligte
Idee, Konzeption und Urheberschaft BIQ Haus:
SPLITTERWERK, Label for Fine Arts and Engineering, Graz
Arup Deutschland GmbH, Berlin
B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt
IMMOSOLAR GmbH, Hamburg Architektur:
SPLITTERWERK, Label for Fine Arts and Engineering, Graz Produktentwicklung Solar Leaf:
Arup Deutschland GmbH, Berlin
Strategic Science Consult GmbH (SSC), Hamburg
Colt International GmbH, Kleve Planungspartner:
Arup Deutschland GmbH, Berlin
sprenger von der lippe
Timm & Goullon
Technisches Buero der Otto Wulff Bauunternehmung GmbH;
Colt International GmbH Förderung:
Forschungsinitiative Zukunft Bau
SPLITTERWERK, Label for Fine Arts and Engineering, Graz
Arup Deutschland GmbH, Berlin
B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt
IMMOSOLAR GmbH, Hamburg Architektur:
SPLITTERWERK, Label for Fine Arts and Engineering, Graz Produktentwicklung Solar Leaf:
Arup Deutschland GmbH, Berlin
Strategic Science Consult GmbH (SSC), Hamburg
Colt International GmbH, Kleve Planungspartner:
Arup Deutschland GmbH, Berlin
sprenger von der lippe
Timm & Goullon
Technisches Buero der Otto Wulff Bauunternehmung GmbH;
Colt International GmbH Förderung:
Forschungsinitiative Zukunft Bau