DETAIL 12.2025
Aus dem Editorial DETAIL 12.2025
Fassaden, die durchlässig bleiben
Wir Menschen sehnen uns nach Tageslicht, nach dem Blick ins Grüne und nach dem Gefühl, verbunden zu sein. Gerade heute scheinen transparente Gebäudehüllen aber weniger gefragt. Statt Aus- und Einblicke zu gewähren, werden Rückzugsorte geschaffen: Welche Möglichkeiten von Transparenz sind im Kontext von gesellschaftlicher Unsicherheit und urbaner Verdichtung noch gewollt? Und sind lichte Hüllen überhaupt sinnvoll, wenn zeitgemäße Energiekonzepte umgesetzt werden sollen? Licht, Luft und Sonne sind nicht mehr uneingeschränkt willkommen. Die Räume hinter der Klimahülle müssen vor solaren Einträgen und Wärmeverlusten geschützt werden. Geringe Öffnungsraten, smarte Gebäudetechnik und Fassaden, über deren Erscheinungsbild Algorithmen bestimmen, sind Mittel der Wahl. Der Mensch wird in diesen Szenarien zum Störfaktor, bleibt besser passiv.
Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal zeigen, wie es anders geht. Bei Brüssel haben Lacaton & Vassal zusammen mit 51N4E gerade einen Wohnriegel im Quartier Peterbos nach bewährtem Rezept um neue Wintergärten erweitert. Transparente und transluzente Schiebeelemente wechseln sich ab, Vorhänge sorgen bei Bedarf für Sonnenschutz oder Privatsphäre. Entstanden sind Räume, die sich den Umständen anpassen lassen, in denen der Mensch aber das letzte Wort behält. Ein geschlossener Vorhang kann abweisend wirken – er lässt sich jedoch jederzeit beiseiteschieben.
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