DETAIL 6.2017
Aus dem Editorial der Ausgabe 6.2017
Warum aus Glas?
»Transparenz wird überschätzt«, meinte Jacques Herzog vor etwa einem Jahr bei der Eröffnung des Vitra Schaudepots in Weil am Rhein. Wird sie das wirklich? Wir sind dieser Frage in unserer Juni-Ausgabe nachgegangen und haben eine vorläufige Bilanz gezogen. Zwar hat die zeichenhafte Bedeutung von transparenter Architektur im Vergleich zur Nachkriegsära an Relevanz verloren – ihre symbolische Strahlkraft als Sinnbild für die Demokratie ist nicht mehr vorrangig. Doch im Gegensatz zu früher gibt es heute sehr vielfältige Qualitäten, die Gebäude aus Glas auszeichnen und ihre Architektur einzigartig machen. Für die Dokumentationen dieser Ausgabe hat unsere Redakteurin Heide Wessely richtungsweisende Projekte und die entsprechenden konstruktiven Details zusammengestellt. Der Baukörper der Ryerson-Universität in Toronto von Snøhetta stellt den Studierenden dank seiner bedruckten Glasfassade abwechslungsreich belichtete Innenräume zur Verfügung, die sie für unterschiedliche Lernszenarien nutzen können (Seite 34ff.). Mit drehbaren bedruckten Glaslamellen reagiert die Fassade des Bankengebäudes in Nantes von AIA Associés (Seite 47ff.) auf die Sonneneinstrahlung und schafft eine klimatische Pufferzone. Die wärmegedämmten Gussglas-elemente der Außenhülle des Sainsbury Wellcome Centre in London von Ian Ritchie Architects schirmen das Innere der Forschungseinrichtung vom Straßenraum ab und streuen blendfreies Licht in die Arbeitsräume (Seite 64ff.). Mit dem gläsernen Pavillon in Manchester (Seite 58ff.) und dem
Glasatrium in der Baker Street in London (Seite 42ff.) zeigen wir Ihnen zwei funktionale und dezente Ergänzungen von historischen Bestandsbauten. Der Diskussionsbeitrag in dieser Ausgabe erörtert das Potenzial von Glas für die vielen Wohntürme, die derzeit in großen Städten Konjunktur haben. Und im Technik-Artikel wirft unser Autor Kars Haarhuis einen Blick auf innovative Hybridstrukturen, die Beton oder Stahl mit tragendem Glas kombinieren.