DETAIL 5.2016
Aus dem Editorial DETAIL 5.2016
Licht und Innenraum
Toyo Ito, inzwischen fast 75 Jahre alt, erfindet sich und seine Architektur immer wieder neu. Kaum zwei seiner zahlreichen Bauten gleichen einander. Eine spielerische Leichtigkeit aber zieht sich wie ein roter Faden durch beinahe alle Entwürfe, verbunden mit dem Versuch, die Grenze zwischen innen und außen aufzulösen oder wenigstens zu verwischen. Bei der neuen Universitätsbibliothek in Taipeh wird diese von einer äußerst reduzierten Glaswand gebildet – die markante Konstruktion aus unregelmäßig platzierten Pilzstützen setzt sich im Freien fort (s. S. 392ff.). Durch verglaste Öffnungen zwischen den Schirmen dringt gefiltertes Tageslicht nach innen und lässt die Umrisse der an einen Wald erinnernden Dachkonstruktion verschwimmen. Es ist nicht zuletzt diese Qualität des Lichts, mit der der japanische Architekt dem eindrucksvollen Innenraum seine besondere Atmosphäre verleiht. Tageslicht spielt auch bei der expressiven Transferhalle des neuen Bahnhofs im niederländischen Arnheim eine entscheidende Rolle (s. S. 398ff.). Geschickt gesetzte Oberlichter lassen dieses bis tief in das Gebäude dringen, gleichzeitig ermöglichen sie zahlreiche Durchblicke und Bezüge und tragen damit zu einer besseren Orientierung bei.
Präzise Ausbaudetails und sorgfältig gewählte Oberflächen hingegen prägen den Kindergarten von Bernado Bader in Bludenz in Vorarlberg (s. S. 388ff.) sowie das Wohnhaus einer Familie in Ljubljana von OFIS arhitekti (s. S. 374ff.). Beide thematisieren gekonnt den Kontrast zwischen warmem Holz und Sichtbeton. Ganz in Weiß gehalten schließlich ist das edle neue Aesop-Ladengeschäft in Kuala Lumpur von Russell & George (s. S. 385ff.). Durch die helle Ausleuchtung sowie die leichte Profilierung der raumabschließenden Wände verwischen die Konturen, die Grenzen des Raums lösen sich auf. Toyo Ito würde das bestimmt gefallen.