DETAIL 11.2021
Aus dem Editorial DETAIL 11.2021
Auf der digitalen Baustelle
„Wir kannten die Qualität bereits, da wir das Haus ja gewissermaßen schon vorher digital errichtet hatten. Nach Baubeginn gab es dann praktisch keine Notwendigkeit mehr zu improvisieren.“ So beschreibt der finnische BIM-Experte Marko Rajala die Planung des neuen Bau- und Umweltamts der Stadt Helsinki. Seine Schilderung entspricht der Idealvorstellung einer schönen neuen, digitalen Welt des Bauens. Hersteller versprechen – und Bauherren erhoffen – vom Building Information Modeling (BIM) mehr Termin- undKostentreue, eine höhere Ausführungsqualität und wenigerböse Überraschungen auf der Baustelle.
An fünf Projekten zeigen wir, wie die digitale Zusammenarbeit ablief, wie Prozesse strukturiert wurden und welchen Nutzen die Planungsteams und ihre Bauherren daraus zogen. Denn deren Vorteile nehmen tendenziell mit der Größe und Komplexität eines Bauprojekts zu.
Die Digitalisierung ist nicht nur eine technische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung, der Architekten nicht immer mit Euphorie begegnen. Schon Oswald Mathias Ungers meinte 1986, das Entwerfen könne man „nicht einem Gerät überlassen, das Wenn-/Dann- oder Ja-/Nein-Entscheidungen treffen kann und sonst nichts“. Louis Kahn bemerkte bereits 1969: „Die Maschine kann Maße übermitteln, doch die Maschine kann nichts schaffen, nicht beurteilen, nicht gestalten.“ Über 50 Jahre sind seither ins Land gegangen. Die endgültigen Entwurfsentscheidungen treffen auch heute noch Menschen, und das sollte auch so bleiben. Dennoch hat in den Architekturbüros ein enormer Kulturwandel stattgefunden.