17.01.2011

Das Schönste im Norden

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat die Preisträger des Wettbewerbs „Deutschlands schönste Effizienzhäuser“ bekannt gegeben. Sieger in der Region Nord wurde die 2008 nach Plänen von NeuStadtArchitekten realisierte, autofreie „Klimaschutzsiedlung am Kornweg“.

Vielleicht ist klimafreundliches Wohnen ja doch etwas für Überzeugungstäter. Nicht, dass den Bewohnern der Klimaschutzsiedlung am Kornweg in Klein-Borstel im Norden Hamburgs der Verzicht auf ihr Auto besonders schwer gemacht würde: Die S-Bahn-Haltestelle liegt direkt um die Ecke; ein großer Fahrrad-Fuhrpark mit eigener Service-Werkstatt steht allen 160 Bewohnern zur Verfügung, und wer es gar nicht lassen kann (oder schwerere Lasten zu transportieren hat), kann auf ein Car-Sharing-Angebot auf dem Gelände zurückgreifen.

Foto: Fotodesign Gebler/Sto AG

Bis die Siedlung auf dem ehemaligen Anzuchtgarten des Ohlsdorfer Friedhofs in dieser Form realisiert werden konnte, gingen jedoch zehn Jahre ins Land. Eine Sondergenehmigung war erforderlich, um auf die – sonst stets nachzuweisenden – Stellplätze verzichten zu können. Damit sie erteilt wurde, mussten die Bewohner sich der Stadt gegenüber sogar offiziell zum Autoverzicht verpflichten. Ein „Weg zurück in die fossile Bequemlichkeit“ bleibt ihnen also versperrt.

Die Bauherrin der Siedlung, die Lawaetz-Stiftung, beschreibt die Intention des Projekts folgendermaßen: „Eine bunte Siedlung sollte es werden mit alten und mit jungen Menschen, mit Alleinstehenden und Familien; eine Siedlung, in der die Menschen nicht nebeneinander, sondern miteinander wohnen. Mitten in der Stadt sollte sie sein und doch ruhig und grün gelegen. Und sie sollte zeigen, dass zeitgemäßes, klimaschonendes Wohnen möglich ist - auch für "Normalverdiener". 85 Wohnungen wurden insgesamt realisiert, davon 30 in fünf Passivhäusern und 55 weitere in Gebäuden, die mindestens den KfW-60-Standard erfüllen. Selbst für die Passivhäuser lagen die reinen Brutto-Baukosten nach Angaben der Architektinnen Petra Diesing und Iris Bulla lediglich bei 1680 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.

Foto: Fotodesign Gebler/Sto AG

Die beiden Architektinnen, die unter dem Namen NeuStadtArchitekten firmieren, gruppierten die fünf Passivhäuser zu einem „U“, das die Siedlung im Osten begrenzt und gegen die S-Bahn hin abschirmt. Das Gesamtensemble besteht aus Reihen- und Stadthäusern mit zurückgesetztem Staffelgeschoss und gruppiert sich um einen begrünten Innenhof. Bei den Erdgeschoss- und Maisonettewohnungen schaffen Südterrassen den direkten Bezug zum Außenraum, während die Staffelgeschosse mit Dachgärten kombiniert sind. Der gesamte Innenhof wird als Gemeinschaftsgarten genutzt.
Zum Konzept aller Häuser gehören hochwirksame Fassadendämmung, dreifach verglaste Fenster, eine Lüftungsanlage mit Wärmetauscher, eine Solarthermie-Anlage und eine Pelletheizung. Die Passivhäuser erreichen laut dena-Energieausweis einen Primärenergiebedarf von 16 kWh/m2a und einen Endenergiebedarf von 38 kWh/m2a. Ihre Außenwände bestehen aus 17,5 cm Kalksandsteinmauern mit 30 cm verputztem Wärmedämmverbundsystem (U-Wert 0,112 W/m2K), die Dächer sind mit 34 cm Zellulose gedämmt (U 0,1 W/m2K) und selbst die Erdgeschossböden zum unbeheizten Kellergeschoss erhielten eine 24 cm starke Dämmschicht unter dem Estrich (U=0,144 W/m2K).

Foto: Fotodesign Gebler/Sto AG

Für die Wärmeversorgung aller Häuser sorgt eine gemeinsame Heizzentrale mit Pelletkessel, die von einer 40 m2 großen solarthermischen Anlage unterstützt wird. An den Sonnenseiten der Gebäude wurden Schiebeläden und kleine Vordächer als Sonnenschutz montiert. Für den sicheren, wärmebrückenfreien Halt sorgen hier spezielle, in die Dämmschicht integrierte Montage-Elemente aus Polyurethan-Hartschaum. Jedes Element besteht aus zwei eingeschäumten Stahlkonsolen, die kraftschlüssig am Untergrund befestigt sind, und einer ebenfalls eingeschäumten Aluminiumplatte. Für die optimale Druckverteilung an der Oberfläche sorgt eine Phenolharzplatte.

Foto: Fotodesign Gebler/Sto AG

An dem dena-Wettbewerb „Deutschlands schönstes Effizienzhaus“ hatten sich 240 Eigentümer und Architekten mit ihren neu gebauten oder sanierten Wohngebäuden beteiligt. Über Sieger und Platzierte entschieden mehrere Taused User per Internet-Abstimmung.
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